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Vergeben, nicht vergessen

Titel: Vergeben, nicht vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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wieder im Lande sind, Richter Hunt.«
    »Wie schätzen die Ärzte Masons Zustand ein?«
    Detektiv O’Connor blickte auf die Uhr. »Es ist fast Mitternacht. Ich habe dem Chirurgen mitgeteilt, dass Sie ungefähr zu dieser Stunde zurückkehren werden. Er sagte, Sie können ihn anrufen, er wird Ihnen dann den letzten Stand der Dinge mitteilen.«
    Detektiv O’Connor zog sein Handy hervor und wählte. Nachdem man ihn fünf Minuten lang von einer Stelle zur nächsten verbunden hatte, reichte er Molly den Apparat.
    Ramsey beobachtete ihr Gesicht, als sie ihrem Gesprächspartner lauschte. Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. Das war seltsam. Sie stellte das Handy aus und reichte es Detektiv O’Connor zurück.
    »Er lebt. Der Chirurg, Dr. Bigliotti, meint, er habe eine fünfzig-fünfzig Chance - sofern er die Nacht überlebt. Er ist bereits aufgewacht.« Sie musterte Detektiv O’Connor. »Er hat dem Polizisten neben seinem Bett zugeflüstert, Louey Santera habe auf ihn geschossen.«
    »Sie machen Witze«, entgegnete Detektiv O’Connor. »Er muss durch all die Medikamente ganz durcheinander im Kopf sein.«
    »Dieser Ansicht war Dr. Bigliotti auch. Abgesehen davon hat mein Vater nichts mehr gesagt. Dr. Bigliotti erzählte auch, die Presse sei in erster Linie ihm sowie dem Krankenhaus im Allgemeinen auf den Fersen. Eine der Krankenschwestern hat einen Reporter dabei ertappt, wie er mit einem Mopp - eine Art Verkleidung, nehme ich an - auf der Suche nach Mason Lords Zimmer umherlief. Haben Sie irgendeine Idee? Irgendwelche Vermutungen, die hilfreich sein könnten?«
    Molly und Ramsey schauten ihn lediglich schweigend an, und ihm wurde klar, dass sie ihm nicht helfen konnten.
    Das Zischen des Atemregulators erschien fast schon obszön laut in der zwischenzeitlich eingetretenen Ruhe der Intensivstation des Chicago-Memorial-Krankenhauses, des nächstliegenden Traumazentrums, nachdem ihr Vater auf der Straße angeschossen worden war. Molly blickte auf das blasse Gesicht ihres Vaters hinunter, auf die Schläuche in Nase und Mund, die Zuführungen zu beiden Armen, den am Bett aufgehängten Urinbeutel. Ein Polizist saß keine zehn Zentimeter von ihm entfernt mit dem Aufnahmegerät auf den Knien und einem Krimi in der rechten Hand. Er nickte ihnen zu. Erst als er Ramsey anblickte, schien bei ihm der Groschen zu fallen. Er senkte den Kopf, ein Zeichen leicht übertriebener Ehrerbietung, wie Molly fand.
    Die Intensivstation war riesig, unpersönlich und voller hoch technisierter Gerätschaften. Sechs andere Patienten befanden sich, lediglich durch Vorhänge voneinander abge-trennt, im Zimmer. Und sie waren nicht leise. Schmerzensstöhnen mischte sich mit den verdammten Zischlauten, den leisen Stimmen der Verwandten, die den Patienten Mut zusprachen. Vom Eckbett aus hörte man Flüche, dann die herbeieilenden Schritte einer Schwester.
    Ihr Vater war regungslos wie der Tod. Ohne die Maschine wäre er tot. Sie berührte seine Wange leicht mit der Hand. Seine Haut fühlte sich lasch und verschwitzt an.
    In diesem Augenblick wurde ihr klar, dass sie sich sein Überleben wünschte.‘Ganz gleich, was die Wahrheit auch sein mochte, er war ihr Vater. Sie wollte, dass er überlebte. Nach fünf Minuten bedeutete ihnen die Schwester zu gehen.
    Im Flur wandte sich Molly an Detektiv O’Connor. »Hat man meine Mutter bereits informiert? Sie lebt in Italien.«
    Er blickte sie verständnislos an, kratzte sich am Ohr und schüttelte den Kopf. »Davon ist mir nichts bekannt, Frau Santera.«
    »Ich kümmere mich darum, wenn wir wieder zu Hause sind.« Es war fast zwei Uhr morgens. Molly hatte kommen wollen, hatte sein Gesicht sehen und sich davon überzeugen wollen, dass er lebte. Zwar lebte er, doch war es ein verstecktes, sehr fragiles Leben.
    Auf dem Weg zurück nach Oak Park waren die Straßen ruhig. Ramsey sah starr und vor Müdigkeit fast schon schielend auf die Straße vor ihm.
    Selbst wenn sie es schaffen sollten zu heiraten, war er im Augenblick so müde, dass er noch nicht einmal lange genug wach bleiben könnte, um Mollys Ohr zu küssen, falls sie es ihm zum Kuss dargeboten hätte. Sie war ebenfalls in ziemlich schlechter Verfassung.
    Als sie schließlich vor den Toren der Lord’schen Villa vorfuhren, sahen sie einen Mann aus einem dunklen Auto vor ihnen springen. Ein Reporter.
    »Das hat uns gerade noch gefehlt«, meinte Ramsey und beeilte sich, dem Sicherheitsposten in dem kleinen Häuschen am Tor zuzurufen: »Hier ist Richter

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