Vergeben, nicht vergessen
herumgeführt.
Sie hat mir gegenüber zugegeben, Louey umgebracht zu haben. Sie hasste ihn und wollte nicht, dass ihre Schwester mit ihm zusammen war. Sie hat die Bombe hereingeschmuggelt, die ihn in die Luft gejagt hat. Emma und ich waren nicht das Ziel gewesen. Und als du Melissa, ihre Schwester, hast umbringen lassen, hat sie versucht, dich umzulegen. Vielleicht hätte sie ohnehin versucht, dich umzubringen. Ihre genauen Pläne hat sie mir nicht mitteilen wollen. Ich weiß es nicht, und du wirst es ebenso wenig erfahren. Es ist auch nicht weiter wichtig. Unter diese ganze Angelegenheit wird jetzt ein Schlussstrich gezogen.«
Sie beobachtete, wie er sich aufrichtete. Sicherlich litt er dabei unter Schmerzen im Brustkorb. Er schwieg, die Hände nahe am Körper. Dann sagte er mit geschmeidig weicher Stimme: »Wenn es stimmt, was du sagst, und sie mich betrogen hat, wie sollte da ein Schlussstrich gezogen werden können?«
Seine Wut hätte sie besser ertragen als diese tödliche Kälte. Sie wusste nicht, wie sie es zu Stande brachte, aber es gelang ihr: Sie lächelte breit. »Weil ich, Papa, dein Leben gerettet habe und jetzt unter alles einen Schlussstrich ziehen werde. Niemand wird niemanden mehr umbringen. Wenn du Eve oder Rule Shaker ans Leder zu gehen versuchst, gehe ich zur Polizei. Es stimmt zwar, dass ich nur wenige harte Beweise in der Hand habe, aber ich weiß genug, um die Sache für dich ausgesprochen unangenehm zu machen. Wenn du dich weigerst, die Sache zu beenden, wirst du Emma und mich niemals wieder sehen. Ich werde es nicht riskieren, dass Emma in die Frontlinie zwischen dir und Rule Shaker gerät.
Es wird keine Versuche mehr geben, dich oder irgendjemanden in deiner Umgebung zu ermorden, und das schließt mich und Emma mit ein. Eve und ihr Vater haben dem zugestimmt. Du hast ihm eine seiner Töchter genommen, und du wirst die andere zurückgeben. Louey ist tot, und du selbst hättest zwei Mal um Haaresbreite daran glauben müssen. Sie beide wissen, dass ich sie ausliefern könnte, weil ich meine Unterhaltung mit Eve auf Band aufgenommen und sie ihnen vorgespielt habe. Eine Kopie des Bandes befindet sich bei Dillon Savich vom FBI, die andere beim Obersten Gericht in San Francisco. Ich weiß alles und werde dichthalten. Glaube mir, die Sache ist ausgestanden.«
Langsam hob er die Hand. Einen Augenblick lang glaubte Molly, er wolle sie schlagen. Sie blieb stehen und wartete.
Langsam senkte Mason Lord den Arm. Seine Stimme war nur noch ein Flüstern, als er sagte: »Du bist meine Tochter, und du drohst mir?«
»Ja, das tue ich. Es ist die einzige Möglichkeit, sowohl dich als auch Emma zu schützen. Ich möchte nicht Angst haben müssen, dass Emma das nächste Opfer von Rule Shaker sein könnte. Außerdem möchte ich nicht, dass entweder seine Tochter oder er dich umbringen werden. Und jetzt möchte ich dir das Versprechen abnehmen, dass du die Shakers in Ruhe lässt.«
Mason starrte seine Tochter an, die ihrer Großmutter so unglaublich ähnelte. Sie war dagegen gewesen, dass Alicia ihn heiratete und hatte ihn immer als Abschaum betrachtet. Sie hatte ihn angesehen und ihn bis in den letzten Winkel seiner Seele durchschaut. Er hatte das Wissen in ihren grüngrauen Augen gesehen - Mollys Augen -, und er hatte sie aus tiefstem Herzen gehasst. Und nun stand hier Molly, die viel mehr von ihr als von ihm hatte, und machte ihm Vorschriften. Was war nur los mit ihm? Sie war nur eine Frau, mehr nicht.
Er hätte ihr zu gerne die Leviten gelesen, doch stattdessen sagte er: »Ich habe den Abschaum beseitigt, der Emma malträtiert hat.«
Seine Stimme war verteidigend, fast schon eine Spur weinerlich. Es erstaunte und erfreute sie. »Ja, ich weiß. Deswegen habe ich auch noch nicht die Polizei eingeschaltet. Weißt du, was, Papa? Ich halte dich nicht für durch und durch schlecht. Du hast versucht, deine Familie zu beschützen. Das spricht für dich. Sehr sogar. Bist du einverstanden, Papa? Die Sache ist hier und jetzt abgeschlossen?«
Mason Lord blickte auf seine schlanken, weißen Finger. Die Haut auf seinem Handrücken wirkte schlaff. Langsam hob er den Kopf. Molly stand schweigend vor ihm, ihr wildes rotes Haar hatte sie zurückgebunden und mit einer goldenen Haarspange im Nacken befestigt.
Ihre Ohren, dachte er, ihre Ohren gleichen denen von Alicia. Alicias Ohren hatte er immer als besonders schön empfunden. Wieder hörte er sie mit ruhiger, tiefer Stimme fragen: »Bist du einverstanden,
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