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Vergeben, nicht vergessen

Titel: Vergeben, nicht vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Miles erzählte mir, du seist heute drei Stunden aufgestanden. Er macht sich Sorgen, denn seiner Meinung nach übertreibst du. Er hat mir auch erzählt, dass du gestern Abend ein großes Stück Schokoladenkuchen vertilgt hast.«
    »Richtig, und zwar mit Miles’ selbst gemachter Schokoladensoße. Im Bett hätte ich Schimmel angesetzt. Es geht mir gut. Wo ist Ramsey?«
    »Ramsey und Emma sind bei Miles. Gunther schleicht sich ebenfalls dort herum, um ein paar von Miles’ Schokoladenkeksen zu ergattern.« Sie hielt kurz inne, lächelte ihn an und sagte: »Ich wollte dich unter vier Augen sprechen.«
    »Was soll das alles? Warum bist du hier?«
    Ihr fiel auf, dass der Bogen seiner Augenbrauen ganz und gar ihrem eigenen entsprach. Merkwürdig, dass ihr das bisher noch niemals aufgefallen war. Sie würde Ramsey fragen, ob ihm diese Ähnlichkeit schon aufgefallen war. »Um dir die Wahrheit zu sagen«, begann sie, »bin ich hierher gekommen, um dich um einen großen Gefallen zu bitten.« Wie erwartet, runzelte er die Stirn, denn er konnte sich nicht vorstellen, worum es sich handeln könnte. Er winkte sie zu einem riesigen
    Ledersessel hinüber. »Das ist mein Lieblingssessel«, meinte er. »Zurzeit kann ich leider nicht darin sitzen. Das Aufstehen fällt mir zu schwer.«
    »Ganz wie eine schwangere Frau.«
    »Das möchte ich bezweifeln. Lfm welchen Gefallen handelt es sich, Molly?« Als sie nicht sofort antwortete, richtete er seine Aufmerksamkeit erneut auf die Zeitung, die er gelesen hatte, und ignorierte sie. Das hatte sie schon öfter an ihm beobachtet. Es irritierte die Person, die ihm etwas mitteilen wollte. Es war merkwürdig, dass sie es einerseits bemerkte und andererseits nachvollziehen konnte. Fast wäre sie versucht gewesen, ihn für seine Schauspielkünste zu loben.
    Sie ließ ihn die Seite überfliegen, dann sagte sie: »Mutter hat mir von dir und Rule Shaker erzählt, dass ihr über viele Jahre hinweg die besten Freunde wart und dass eure beiden Familien sich sehr nahe waren. Sie hat mir erzählt, dass du sowohl ihr als auch Rule Shaker die Schuld gegeben hast, als du sie beide überrascht hast.«
    Sein Kopf schnellte in die Höhe. »Ich wette, sie hat dir gegenüber auch ihre Unschuld beteuert und dass es Rule Shaker war, der sie vergewaltigen wollte.«
    »Ja, das hat sie gesagt. Sie sagte, dass sie ihn nicht wirklich mochte, dass er taktlos und grob sei, dass sie dich geliebt habe, dass du aber ihnen beiden die Schuld gegeben hättest. Du hast sie hinausgeworfen. Du hast meinen Bruder behalten, und ich bin mit ihr nach Italien gegangen.«
    Er zuckte schmerzhaft berührt mit den Schultern. »Das ist alles sehr lange her. Ich kann mir keinen Grund vorstellen, weswegen sie es dir jetzt erzählt hat. Und was Rule Shaker betrifft, so bin ich über die Jahre hinweg ganz gut mit ihm klargekommen. In letzter Zeit vielleicht nicht mehr ganz so gut, wie ich es mir wünschen würde«, fügte er noch hinzu und sah besorgt auf den Brieföffner herunter, der scharf wie ein zweischneidiges Messer vor ihm lag. Er sah zu ihr auf. »Um ehrlich zu sein, hat er mir die letzten Jahre über mehr
    Geschäfte vermasselt, als mir lieb ist, aber das ist nur eine vorübergehende Erscheinung. Er ist ein Rohling geworden, mehr nicht. Er war schon immer eifersüchtig auf mich und meinen Besitz. Als er jung war, hatte er schlechte Zähne. Mittlerweile wird er sicher ein Gebiss tragen.« Er hielt einen Moment inne, runzelte die Stirn und blickte an ihr vorbei, möglicherweise in seine Vergangenheit.
    »Ich habe ihn akzeptiert und ihm meine Freundschaft angeboten«, fuhr er fort. »Ich konnte es kaum glauben, ihn nicht durchschaut zu haben, bis ich ihn und deine Mutter zufällig ertappt hatte.
    Zweimal hat er versucht, mich umzubringen. Jetzt werde ich mich seiner ein für alle Mal entledigen. Ich möchte mir nicht ständig über die Schulter schauen müssen. Gunther macht sich Sorgen. Er ist über diese Sache auch nicht sonderlich glücklich.«
    »Rule Shaker hat nicht versucht, dich umzubringen.«
    Ihr Vater betrachtete sie mit einer Mischung aus Überraschung und Verachtung. »Was hast du gesagt?«
    »Nein«, erwiderte sie langsam, als ob sie zu einem etwas dümmlichen Kind sprechen würde. »Er hat dich niemals umzubringen versucht. Es war deine Frau.«
    Ihr Vater sprang auf, erblasste, dann schwankte er. Sie bemerkte den Schmerz auf seinem Gesicht, wollte zu ihm gehen, erinnerte sich jedoch, dass er jeden hasste - und das traf auf

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