Vergeben, nicht vergessen
glücklich, dass sie sie mir ausgehändigt haben.«
»Hör jetzt endlich auf und sag die Wahrheit.«
»Also gut, Louey, lassen wir die Spielchen beiseite.« Sie beugte sich vor, um ihm ins Ohr zu flüstern. »Hör zu, du selbstsüchtiger Blödmann, ich habe meine Tochter gefunden, und zwar ganz und gar auf eigene Faust. Und willst du wissen, was passiert ist? Ihr Entführer hat sie sexuell missbraucht und sie geschlagen. Was sagst du nun, Louey?«
»Das kann nicht wahr sein. Davon habe ich überhaupt nichts gehört. Nein, du lügst, um mir ein schlechtes Gewissen zu machen.«
»Du siehst auch so schon ungemein mies aus. Du rufst aus Europa an und prahlst von deinen Erfolgen und von all den Frauen, die du dort vögelst. Du bist ein mieser kleiner Wicht, Louey. Emma ist dir vollkommen gleichgültig.«
»Und warum bin ich dann jetzt hier?«
»Weil du vor meinem Vater in Angst erstarrt bist. Wenn er dir befehlen würde, eine Woche lang wie ein Mönch zu leben, wette ich mit dir, dass du es tun würdest.«
»Er ist ein Mörder, Molly, auch wenn er der Welt weismachen will, er sei ein rechtschaffener Geschäftsmann. In Wirklichkeit aber ist er nichts als ein mieser Gauner, und das weißt du auch. Du bist auch nicht besser. Du hast mir bei der Scheidung alles genommen, du bist nichts weiter als eine ...«
Ramsey unterbrach sie. »Schluss jetzt mit den Sentimentalitäten eines Wiedersehens. Wir sollten gehen, ehe noch mehr Reporter aufkreuzen.« Er wandte sich dem jungen, pickeligen Mann zu, der als Loueys Leibwächter arbeitete. »Sie holen das Gepäck von Herrn Santera und bringen es bei Mason Lords Haus in Oak Park vorbei. Danach suchen Sie sich ein Motel, denn ganz sicher sind Sie nicht auf Herrn Lords Gästeliste vermerkt.«
Louey blickte zu dem aufdringlichen Reporter hinüber, den er jetzt erkannte. Er hieß Marzilac oder so ähnlich und arbeitete für die Chicago Sun-Times. Verflucht. Er stand da und beriet sich leise mit seinem Fotografen. Worüber sprachen sie? Vielleicht darüber, ob sie diese Story in die Zeitung nehmen sollten. Pech gehabt. Und jetzt musste er auch noch Mason Lord gegenübertreten. Allein die Vorstellung verursachte ihm bereits Übelkeit.
»Gehen wir«, sagte Ramsey.
»Tu, was er dir sagt, Alenon«, sagte Louey. »Ruf aber bei mir an und sag mir, wo du untergekommen bist.«
16
Anderthalb Stunden später sah Louey seinen ehemaligen Schwiegervater über die riesige Mahagoniplatte seines Schreibtisches in dessen Arbeitszimmer hinweg an.
»Dieser Mistkerl...« Er deutete auf Ramsey, der neben der Tür stand. »Er hat mich angegriffen und meinem Leibwächter fast den Daumen gebrochen. Ich glaube sogar, dass du diesen Reporter dorthin zitiert hast, um mir dumme Fragen zu stellen. Es hat mich einiges gekostet, aus Deutschland herauszukommen. Ich war schwer beschäftigt, das Publikum war fantastisch. Abgesehen davon kann ich nichts für dich tun. Ich habe darüber nachgedacht, aber ich kenne niemanden, der es getan haben könnte.«
Mason Lord biss nicht an. Er saß lediglich da, aufrecht und hoch gewachsen, und spielte mit seinen langen Fingern mit dem schwarzen, dick mit Gold beschlagenem Mont-Blanc-Füller. Er ließ Louey reden und reden. Als er es schließlich satt hatte, meinte er ruhig: »Du siehst dünn aus, Louey. Deine Augen leuchten ein wenig zu sehr, die Pupillen sind erweitert. Ich kann nur hoffen, dass es dir auch wirklich gut geht.«
»Eine Tournee ist kein Pappenstiel, wir arbeiten jeden Tag bis in die Puppen. Manchmal nehme ich Schlaftabletten, um wieder auf den Teppich zu kommen. Aber hör zu, ich wollte hier nicht herkommen. Was in aller Welt willst du denn von mir?«
»Hoffentlich nimmst du nicht wieder Kokain? Drogen sind mir wirklich verhasst, wie du weißt. Das habe ich dir schon gesagt, als du noch mit Molly verheiratet warst. Wenn es nicht das Kokain ist, das einen umbringt, dann ist es für gewöhnlich etwas anderes. Beispielsweise die Typen, die einem das Zeug verkaufen und dann eines Tages wütend werden. Bei einem gewöhnlichen Beruhigungsmittel habe ich noch nie eine Erweiterung der Pupillen feststellen können.«
»Ich nehme keine Drogen.«
»Darf ich dir Ramsey Hunt vorstellen?« Mason Lord machte eine Handbewegung in Richtung Ramsey, der immer noch mit vor der Brust verschränkten Armen neben der Tür stand.
»Wie ich dir schon gesagt habe, ist das der Mistkerl, der...«
»Das ist Richter Ramsey Hunt. Vielleicht hast du schon einmal von ihm
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