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Vergeben, nicht vergessen

Titel: Vergeben, nicht vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Liebling«, sagte Ramsey und drückte seine Wange an ihre. Er hielt sie fest umarmt, wiegte sie und drückte sie an sich. »Ist schon gut. Du bist jetzt in Sicherheit bei mir und bei deiner Mama. Wenn Dr. Loo dabei gewesen wäre, darauf gehe ich jede Wette ein, hätte sie diesem miesen Kerl in den Magen getreten.«
    »Das stimmt, Emma. Sie hätte ihn mit ihrem Gipsbein getreten. Das hätte ihm wirklich wehgetan, darauf kannst du dich verlassen.«
    Emma zuckte. Dann hob sie langsam den Kopf. Sie sah ihre Mutter an, dann Ramsey, dann Dr. Loo. »Mama wollte ihn umlegen«, sagte sie schließlich. »Vielleicht hätte sie auch Ramsey umgelegt, wenn ich nichts gesagt hätte.«
    »Das hast du sehr gut gemacht, Liebling«, sagte Molly. »Sehr, sehr gut.«
    »Kannst du mir noch eine Frage beantworten, Emma?«
    Das kleine Mädchen sah sie jetzt direkt an. »Ich will es nicht, aber ich weiß, dass Mama es will und Ramsey auch.«
    »Gut, aber nur, wenn du es wirklich kannst, versprochen?«
    »Versprochen.«
    »War dieser Mann, der dich fünf Tage lang in der Hütte festgehalten hat, derselbe, der dich auch entführt hat?«
    »Ja.«
    »Wie hat er dich fangen können?«
    »Mama hat in dem Park vor unserem Haus Fotos gemacht. Ich war mit Scooter zusammen, das ist der Hund von unserem Nachbarn. Mama hat mir versprochen, dass ich genau so einen auch bekommen würde. Ich habe ihm seinen Stock zugeworfen. Es hat ganz schön lange gedauert, bis ich ihm beigebracht hatte, dass er den Stock zurückbringen soll. Mama meint, Dalmatiner seien keine Genies, sondern ziemlich dumme Hunde, aber dafür richtig süß. Ich habe den Stock geworfen, und als Scooter nicht zurückgekommen ist, bin ich ihm nachgelaufen. Ein Mann war bei ihm und streichelte ihn. Ich habe Mama rufen hören, und ich habe zurückgerufen, dass ich Scooter holen gehe. Der Mann hat mich angelächelt und mir auf den Kopf geschlagen. Ich wollte Mama rufen, aber ich konnte nicht. Und dann war es zu spät.«
    Ramsey dachte: So einfach war es also. Es hatte nur eines einzigen Augenblicks bedurft, in dem Erwachsene sich sicher waren, dass alles in Ordnung war. Und dann war es zu spät gewesen.
    Er blickte zu Molly hinüber. Sie sah entsetzt und von Schuld gequält aus. Er musste sie wieder in die Wirklichkeit zurückholen. Es war nicht ihre Schuld gewesen, und doch wusste er, wie tief eine solche Selbstbezichtigung sich festsetzen und einen Menschen zerfressen konnte.
    Emma drehte sich um und verbarg ihr Gesicht an Ramseys Brust. Sie war vollkommen erstarrt und kalt. Er umarmte sie und küsste ihr Haar.
    Als Dr. Loo ihr zuwinkte, erhob sich Molly langsam. »Danke, Dr. Loo.«
    »Es war nett, Sie kennen zu lernen, Frau Santera, Herr Hunt. Und du gefällst mir, Emma. Du hast Mut. Und einen scharfen Verstand. Du wirst dich prima schlagen. Ich denke, wir reden dann weiter, wenn du nicht mehr ganz so häufig an diese schlechten Erinnerungen denken musst, okay?«
    Langsam drehte Emma ihr Gesicht der Psychologin zu und sagte: »Ich weiß nicht recht, Dr. Loo. Vielleicht könnten wir nächste Woche reden?«
    Ramsey beobachtete, wie Molly vor Erleichterung errötete.
    Emma glitt von seinem Schoß und ging zu ihrer Mutter. Sie nahm sie an der Hand und zerrte Molly aus dem Zimmer.
    »Herr Hunt, einen Augenblick noch, bitte.«
    Er wandte sich lächelnd um. »Das haben Sie sehr gut gemacht. Anfangs habe ich mir über Ihre Vorgehensweise etwas Sorgen gemacht, aber es hat funktioniert.«
    »Emma ist ein kluges Kind. Dieses Risiko muss man beim ersten Mal eingehen. Ich weiß nicht, welche Rolle Sie in der ganzen Sache spielen, aber Emma vertraut Ihnen ganz und gar. Was auch immer ihre Mutter und Sie getan haben, es muss ihr gut getan haben. Es ist nun an mir, all diese Dinge hervorzuholen und sie zu entblättern, um sie genau zu betrachten und dann mit ihnen fertig zu werden. Ist die Polizei mit der Sache betraut?«
    Er schüttelte den Kopf. »Momentan nicht. Weder Molly noch ich selbst möchten das Kind Fremden anvertrauen. Emma zuliebe. Sie leidet unter entsetzlichen Alpträumen.«
    »Kein Wunder. Ich habe gehört, dass Sie sie haben untersuchen lassen?«
    »Ja. Der Kinderarzt hat sie auf unsere Bitte hin vor seiner Untersuchung unter Narkose gesetzt. Sie ist sexuell missbraucht und geschlagen worden, ganz wie wir angenommen hatten. Aber sie heilt gut, körperlich zumindest. Ach ja, noch eine Sache. Mehrmals hat Emma, wenn sie aus einem ihrer Alpträume erwachte, von diesem Mann gesprochen. Sie hat

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