Vergeben, nicht vergessen
gehört und wusste einfach, dass er mich braucht. Er hat von einem Blut...bad geträumt.«
Molly zuckte zusammen.
»Hallo, Molly«, sagte Ramsey. »Jetzt ist alles wieder gut. Emma hat mir geholfen, die Dinge wieder ein klein wenig anders zu sehen.«
»Können wir dir beim Einschlafen behilflich sein, Ramsey?«
»Ich rieche nach Schweiß, Emma. Sicher willst du dich nicht in der Nähe eines verschwitzten Mannes aufhalten.«
»Du trocknest schon wieder, Ramsey. So schlimm ist es gar nicht.« Emma gähnte, und ihr Kopf fiel gegen Ramseys Brust. Er blickte Molly an, die in der Tür stand. Sie trug ein weißes Nachthemd, auf dem in blauen Buchstaben stand: F-Stops Are My Specialty.
Molly zuckte mit den Schultern. »Warum nicht? Emma und ich können uns auf die Decke legen. Hier ist noch eine Decke, mit der wir uns zudecken können. Es überrascht mich, dass ich dich nicht gehört habe. Ich habe eben erst gemerkt, dass Emma nicht mehr da war.«
Nachdem sich Molly zu Ramsey gelegt hatte, zog sie Emma zu sich heran und sagte: »Das nächste Mal bin ich aber an der Reihe, einen Alptraum zu haben.«
»Ist alles in Ordnung, Ramsey?«
»Jetzt, wo du da bist, Em, geht es mir schon viel besser.«
»Erzähl mir von deinem Alptraum, Ramsey«, meinte
Emma, setzte sich auf und lehnte sich gegen ihre Mutter. »Mama meint, es hilft, wenn man es laut ausspricht.« Genau das tat er dann auch. Diesmal fiel es ihm etwas leichter.
»Wie sind sie denn mit den Waffen in das Gerichtsgebäude gekommen?«, fragte Molly.
»Sie hatten einen der Wachleute bestochen. Er sitzt jetzt hinter Gittern.« Er spürte, wie die Anspannung allmählich von ihm abfiel. Ihm gingen die Worte aus. Blut und Tod traten wieder in den Hintergrund.
»Ja, jetzt erinnere ich mich. Das stand in den Artikeln, die ich darüber gelesen habe. Tut dir der Rücken weh?«
»Nein. Die Verbrennung war nicht sonderlich schlimm, Molly.«
»Gut«, erwiderte Molly. Emma schlief und atmete tief und langsam. Molly berührte leicht seine Schulter. »Ich bin froh, dass du nicht weiter verletzt worden bist.«
Sofort spannte er sich an, räusperte sich und sagte: »Tut mir Leid, aber ich bin ganz verschwitzt.«
Er hörte Emmas rhythmisches Atmen. Sie war eingeschlafen. Er hasste sich selbst dafür, konnte seine Frage jedoch nicht zurückhalten. »Erzähl mir etwas über deinen kleinen Bruder, Molly.«
Er spürte, wie sie sich verspannte, dann hörte er einen leisen Seufzer in der Stille. »Er war ein so süßer kleiner Junge. In jenem Sommer war er gerade erst zehn Jahre alt geworden. Er war ein guter Schwimmer, und das war auch der Grund, weswegen ich auf der Schwimminsel war und nicht besonders aufmerksam auf ihn aufgepasst habe. Vermutlich hatte ich den Kopf mit Gedanken an einen dreizehnjährigen Jungen voll. In dem Alter jedenfalls war ich damals. Dann schrie er und ging unter. Ich bin, so schnell ich konnte, zu ihm hingeschwommen, aber er ist nie wieder aufgewacht.
»Es war ein Reporter, der als Erster darüber schrieb, dass es vielleicht gar kein Unfall gewesen sein mochte. Mein Vater war ein rücksichtsloser Krimineller, warum also sollte seine
Tochter anders sein? Ich war am Boden zerstört. Teddy war tot, und ich sollte in vielfacher Hinsicht einen boshaften Charakter besitzen.«
»Wenn ich mir in einer Sache wirklich sicher bin, Molly, so ist es die Qualität deines Charakters.«
Sie lachte. In ihrer Stimme schwangen Trauer und Erleichterung mit, dann beugte sie sich vor und küsste ihn auf die Schulter.
Als er einschlief, verspürte er eine tiefe Zufriedenheit.
»Die Polizei hat Rule Shaker bereits vernommen, selbstverständlich im Beisein seines Anwalts«, wandte sich Savich am nächsten Morgen an alle, nachdem sie gerade mit dem Frühstück fertig und in das Wohnzimmer gegangen waren. »Detektiv O’Connor hat mich vorhin angerufen. Er meinte, Rule Shaker würde ihnen gegenüber ein ähnliches Entgegenkommen zeigen wie der Präsident gegenüber dem Kongress. Diese Herangehensweise wird alles unendlich lange verzögern und kann in alle möglichen Richtungen führen.
Rule Shaker saß einfach nur hinter seinem großen verchromten Glastisch, rauchte seine kubanischen Zigarren und schwor, er habe Louey Santera lediglich als Gast in seinem Kasino haben wollen. Er gab bereitwillig zu, dass Louey eine Stange Geld beim Würfeln verloren hatte, aber was sollte da dabei sein? Welcher vernünftige Mann, welcher vernünftige Geschäftsmann würde jemanden umlegen,
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