Vergeben, nicht vergessen
dem Rücken auf den Matten, die Arme weit ausgestreckt, schwitzend und zufrieden. Und nach zwanzig Bahnen im Schwimmbad fühlten sie sich noch wohler.
»Nicht schlecht«, meinte Ramsey, als er sich aus dem Pool auf den blassblauen Fliesenboden schwang. »Ich hatte ganz vergessen, wie Sichauspowern die Anspannung schwinden lässt. Mein Rücken fühlt sich auch nicht mehr so übel an.«
»Bei mir wirkt es immer.«
Ramsey streckte Savich die Hand entgegen und zog ihn aus dem Becken. Sie saßen schweigend und atmeten die süßliche Luft der großzügigen Schwimmhalle ein. »Das hat was«, meinte Savich. »So viel Grünpflanzen, man könnte es glatt für einen Regenwald halten.«
»Solange unter den Palmwedeln keine Boa Constrictor lebt.«
»Sieh mal«, sagte Savich leise und machte eine fast unmerkliche Bewegung in Richtung Zimmerdecke. »Eine Fernsehkamera. Was habe ich auch anderes erwartet - dass unser Gastgeber uns einen Willkommenskuss aufdrückt und uns dann nach Lust und Laune herumschnüffeln lässt? Jede Wette, dass es auch Mikrofone gibt.«
»Was macht das schon? Ich muss nur Miles bitten, mir die Anlage zu zeigen«, erwiderte Ramsey. »Von hier aus betrachtet scheint mir das Zeug sehr hochkarätig zu sein.«
»Ob er wohl auch weibliches Sicherheitspersonal hat?«
»Nein«, erwiderte Ramsey. »Nicht Mason Lord. Man würde ihn wohl kaum der Frauenförderung bezichtigen wollen. Ich habe ihn seine Frau mustern sehen. Pure Lust ist in seinem Blick zu erkennen und eine tiefe Befriedigung darüber, dass sie ihm und ihm allein gehört. Es überrascht mich allerdings etwas, dass er sich überhaupt die Mühe gemacht hat, sie zu heiraten. Es sei denn, er wünscht sich einen Sohn.«
Ramsey schüttelte den Kopf. »Mason Lord musste sie vermutlich heiraten, um ihr an die Wäsche gehen zu können. Eve ist sehr schlau.«
»Das kannst du laut sagen«, pflichtete ihm Savich bei.
»Und was Molly angeht, so hat sie ihn eigentlich ganz gut im Griff. Als wir hier angekommen sind, konnte ich ihre Angst vor ihm fast körperlich spüren. Sie musste sich als hilfloses Mädchen geben, dankbar für die Unterstützung ihres Vaters. Doch als er sie das erste Mal beleidigte, hat sie sich sehr heftig gewehrt.«
»Du hast sie dabei unterstützt, nehme ich an?«
»Ja, obwohl ich damals die Spielregeln noch nicht kannte. Mir war nicht klar, welch riesiges Zugeständnis es für ihn ist, wenn er nachgeben muss. Jetzt weiß ich das. Und er musste nachgeben, Savich.«
»Man müsste blind sein, um nicht zu sehen, was er von ihr hält. Das muss schwer für sie gewesen sein. Mein Gott, ich hoffe nur, dass er sich vor Sherlock nicht so machohaft benimmt. Diesen Zahn würde sie ihm nämlich ziehen.«
»Und ob sie das würde. Gute Wahl, Savich, sie gefällt mir. Sie lässt sich nicht unterkriegen, sie ist klug, und sie scheint dich für einen tollen Hengst zu halten.«
»Ramsey, was geht deiner Ansicht nach hier wirklich vor?«
Ramsey erhob sich langsam. Er war schon fast trocken. Sein Rücken begann zu schmerzen. Für den Sport würde er vermutlich bezahlen müssen, aber im Augenblick war er froh, dass er es getan hatte. Er nahm sich ein großes dunkelgoldenes Handtuch und legte es sich um die Schultern. Es war teuer und weich. Er schüttelte den Kopf, zupfte an einer Ecke des Handtuchs und wischte sich damit über das Gesicht. »Was hier wirklich vorgeht?«, wiederholte er und trocknete sich das Ohr. »Ich weiß es nicht, Savich, ebenso wenig wie du. Ich bin zu nah an der Sache dran, mir liegen die Beteiligten viel zu sehr am Herzen. Doch eines weiß ich: Die Bombe in dem Mercedes kann nur von jemandem hier auf dem Grundstück angebracht worden sein. Keinem wäre es gelungen, die Bombe zu legen, ohne dabei bemerkt worden zu sein. Doch niemand spricht das laut aus. Ich frage mich, was Mason Lord tun wird.«
»Wie viel weißt du über Molly Santera?«
Ramsey hob eine dunkle Augenbraue, nicht der eigentlichen Frage, sondern des ernsten Tonfalls wegen, in der sie gestellt worden war. Dann sagte er langsam: »Ich weiß, dass sie Emma gegenüber unglaubliche Beschützerinstinkte empfindet. Ich weiß, dass sie mutig und knallhart sein kann, genau wie Sherlock. Ich weiß, dass sie sich auf das Wesentliche konzentrieren und alles andere vergessen kann. Außerdem hat sie wunderschönes Haar. Rot wie das von Sherlock, aber doch nicht ganz der gleiche Farbton. Es ähnelt mehr einem Sonnenuntergang, den ich einmal an der Westküste von Irland
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