Vergebliche Suche nach Gaby
mich.“
„Nein, nein. Ich bin ruhig.“
Er öffnete die nächste Tür und
schob sie in das Verlies, in dem es nicht dunkel, sondern finster war —
schwärzer als im Heizungskeller der Hölle.
Bevor er die Tür schloss, sagte
Gaby: „Sie... Sie sind nicht Bruno Otterfreund?“
„Keine Fragen! Sonst gibt’s den
Knebel.“
Er schloss die Tür und
verriegelte gründlich.
Das Mädchen würde jetzt
natürlich die Augenbinde abnehmen. Aber das nützte überhaupt nichts. Und
später, wenn Claude Bristol sie abholte, würde man sie ohnehin betäuben müssen.
Gleich im Keller bei Finsternis.
Sigi stieg die Treppe hinauf.
In der Diele klingelte das Telefon. Er meldete sich.
„Hallo, Sigiiiiii“, tönte Bristols
aufgekratzte Stimme. „Ich bin’s, der Claude.“ Er sprach Deutsch von der Mutter
her, die Kölnerin war und keine Ahnung hatte, was ihr Sohn trieb. „Sigiiiiii,
du hast bei mir angerufen. Aber ich war nicht da. Suzette sagte, ich soll
zurückrufen. Worum geht’s?“
„Um Frischfleisch. 14 Jahre
alt, blond und bildhübsch.“
„Hört sich gut an.“
„Sie muss ganz weit weg.“
„Zur Zeit beliefere ich
gewisse... äh... jedenfalls in Südamerika. Von dort kommt keine zurück. Sie
werden schnell an Drogen gewöhnt und sind dann gebrochen für immer.“
„Wann kannst du sie abholen?“
„Noch im Laufe der Nacht.“
„So schnell?“
„Ich bin zufällig in
Deutschland. Ich rufe an von unterwegs. Ich bin mit ‘nem Leichenwagen auf Tour.
Die neueste Tarnung. Ein dicker Brummer mit zwei Särgen. Die haben
Frischluftzufuhr und die narkotisierten Mädchen sind da drin bestens
aufgehoben. Wenn ich als Bestatter reise, ist das ein Riesenvorteil. Kein Bulle
kontrolliert. Da ist die Pietät vor, die Ehrfurcht vor den Toten.“
„Zwei Särge?“
„Der eine ist schon belegt.
Eine hübsche Türkin, 17 Jahre. Ab morgen wird sie vermisst.“
„Mit der fährst du spazieren?“
„Warum nicht?“
„Und wenn sie aufwacht?“
„Aus dem Sarg kommt sie nicht
raus. Er ist fast schalldicht von innen nach außen. Außerdem wacht sie nicht
auf. Die schläft noch bis ich wieder zu Hause bin.“
„Gut. Wann kann ich mit dir
rechnen?“
„Nicht vor zwei Uhr früh. Ich
bin jetzt auf der Autobahn in der Nähe von...“
Er gab seine Position an. Sigi
erklärte, er wäre die ganze Nacht zu Hause. Damit endete das Gespräch. Und auch
im Keller blieb alles ruhig.
13. Karl und
Klößchen beobachten
Kommissar Glockner hatte die
Suchaktion nicht abgebrochen. Trotz aller Überlegungen, die er und die Jungs
angestellt hatten. Bis jetzt war es reine Theorie. Die Möglichkeit, dass Gaby
in den Wald geflohen war, bestand nach wie vor. Allerdings wurde die
Wahrscheinlichkeit immer geringer. Die Hundertschaft war inzwischen weit
vorgedrungen — natürlich ohne eine Spur oder einen Hinweis zu finden. Der
Hubschrauber suchte weiter — auch nach der Ursache der Schüsse. Aber alle
Meldungen, die von Zeit zu Zeit eingingen, waren negativ.
Karl und Klößchen waren schon
vor einer Weile weggedüst. Kommissar Glockner hatte das natürlich gemerkt und
dachte das Richtige, sagte aber nichts.
Außerdem hatte er im Moment
damit zu tun, den Zoo-Direktor Dr. Solthoff — der jetzt eingetroffen war,
nachdem man ihn zu Hause benachrichtigt hatte — und Vera Brings auseinander zu
halten. Die beiden diskutierten wegen der geplanten Tierbaby-Tötungen. Und
Solthoff, ein bärtiger Endvierziger, wirkte sehr gequält.
Tim mochte ihn nicht und hatte
sich demonstrativ neben Vera gestellt, die auch die empörten Mädchen als
Rückendeckung hatte.
Neues war nicht gesagt worden.
Solthoff, im
Verteidigungs-Notstand, sagte gerade: „Bisher haben wir keine Tierbabys
getötet. Aber wir stehen vor einem Problem. Denn der Platz reicht nicht für
alle. Und niemand — auch kein Zoo — nimmt uns die Überschüssigen ab. Außerdem
verwahre ich mich gegen die Beschuldigung, wir hätten das Braunbär-Gehege
ungenügend gesichert. Nein! Und nochmals nein! Wir haben uns nichts
vorzuwerfen. Und unser — hausinterner — Verdacht geht dahin, dass es militante
Tierschützer waren. Jawohl, sicherlich die haben die Bären befreit. Und das ist
ein ungeheuerer Mangel an Verantwortungsbewusstsein.“
„Blödsinn!“, konterte Tim
sofort. „Militante Tierschützer waren das garantiert nicht. Die befreien Versuchstiere
aus grausamen Versuchsanstalten. Aber keiner würde Raubtiere freilassen und die
Allgemeinheit gefährden. Ihren
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