Vergebung
Themen von internationalem Recht bis zu antiker Geschichte.
Ihren Dienst bei der Streifenpolizei hatte sie rasch quittiert - ein schwerer Schlag für die Sicherheit auf Uppsalas Straßen -, um zur Kriminalinspektorin aufzusteigen, erst beim Dezernat für Gewaltverbrechen, dann in der Abteilung für Wirtschaftskriminalität. Im Jahr 2000 hatte sie sich bei der Sicherheitspolizei in Uppsala beworben und war 2001 nach Stockholm gezogen. Dort hatte sie zunächst für die Gegenspionage gearbeitet, war dann aber umgehend von Torsten Edklinth für den Verfassungsschutz rekrutiert worden. Er kannte ihren Vater persönlich und hatte ihre Karriere über die Jahre hinweg verfolgt.
Als Edklinth endlich zu dem Schluss gelangte, dass er auf Armanskijs Informationen reagieren musste, überlegte er eine Weile, griff zum Hörer und bestellte dann Monica Figuerola in sein Zimmer. Sie arbeitete noch nicht einmal drei Jahre beim Verfassungsschutz, was bedeutete, dass sie immer noch mehr Polizistin als Schreibtischtäterin war.
Sie trug heute eine enge Jeans, türkisfarbene Sandalen mit flachen Absätzen und einen marineblauen Blazer.
»Woran arbeiten Sie gerade?«, erkundigte sich Edklinth zur Begrüßung und bot ihr einen Stuhl an.
»Wir untersuchen gerade den Überfall auf den Lebensmittelladen in Sunne vor zwei Wochen.«
Die Sicherheitspolizei beschäftigte sich normalerweise selbstverständlich nicht mit der Aufklärung von Überfällen auf Lebensmittelgeschäfte. Solche Basisarbeit oblag ausschließlich der normalen Polizei. Monica Figuerola war Chefin einer Abteilung, die aus fünf Mitarbeitern bestand und sich mit der Analyse politischer Verbrechen beschäftigte. Ihr wichtigstes Hilfsmittel bestand in mehreren Computern, auf denen sie ständig die aktuellen Meldungen von Verbrechen verfolgen konnten, die bei der Polizei eingingen. Im Großen und Ganzen lief jede polizeiliche Meldung sämtlicher schwedischer Distrikte über die Computer, die Monica Figuerola unterstanden. Die Computer waren mit einer Software ausgestattet, die automatisch jeden Bericht durchscannte und auf dreihundertzehn spezifische Wörter reagierte, zum Beispiel Kanake, Skin, Hakenkreuz, Einwanderer, Anarchist, Hitlergruß, Neonazi, Nationaldemokrat, Landesverräter, Judenhure oder Niggerfreund. Wenn ein solches Schlüsselwort in einem Polizeibericht vorkam, schlug der Computer Alarm, und man nahm sich den fraglichen Bericht vor, um ihn gründlich durchzugehen.
Zu den Aufgaben des Verfassungsschutzes gehört es auch, alljährlich den Bericht Bedrohungen für die Reichssicherheit zu veröffentlichen, der die einzig verlässliche Statistik über politische Verbrechen liefert. Die Statistik beruht ausschließlich auf den Anzeigen, die bei örtlichen Polizeibehörden eingehen. Im Fall des Raubüberfalls auf den Lebensmittelladen in Sunne hatte der Computer auf drei Schlüsselwörter reagiert - Einwanderer, Abzeichen und Kanake. Zwei maskierte junge Männer hatten mit vorgehaltener Pistole ein Lebensmittelgeschäft ausgeraubt, das einem Einwanderer gehörte. Dabei hatten sie eine Summe von 2 780 Kronen sowie eine Stange Zigaretten erbeutet. Einer der Täter hatte eine kurze Jacke mit der schwedischen Flagge auf der Schulter getragen. Der andere hatte den Ladeninhaber mehrmals als »verdammten Kanaken« beschimpft und ihn gezwungen, sich flach auf den Boden zu legen.
Unterm Strich reichte das Figuerolas Mitarbeitern, um zu überprüfen, ob die Täter Verbindungen zu lokalen Neonazi-Gruppen in Värmland hatten und ob man den Überfall als rassistisch motiviertes Verbrechen klassifizieren konnte. War das der Fall, konnte dieser Überfall sehr wohl in die europäische Statistik eingehen, die das Büro der EU in Wien alljährlich zusammenstellte. Es konnte sich natürlich auch herausstellen, dass die Täter Pfadfinder waren, die sich eine Jacke mit aufgenähter schwedischer Flagge gekauft hatten, und dass der Ladenbesitzer rein zufällig ein Einwanderer gewesen war. Wenn es sich so verhielt, würde Figuerolas Abteilung den Überfall aus der Statistik streichen.
»Ich habe eine unangenehme Aufgabe für Sie«, begann Edklinth.
»Aha«, sagte Monica Figuerola.
»Das ist ein Auftrag, der Ihre Karriere ziemlich belasten könnte.«
»Verstehe.«
»Er könnte jedoch auch einen großen Karriereschritt für Sie bedeuten. Ich habe vor, Sie in die operative Einheit des Verfassungsschutzes zu versetzen.«
»Entschuldigen Sie den Hinweis, aber der Verfassungsschutz hat
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