Vergebung
worden. Das musste also die berühmte Brandbombe sein, die Lisbeth Salander auf einen russischen Spion namens Zalatschenko geworfen hatte. Der Vorfall schien immerhin wirklich so geschehen zu sein.
Gunnar Björck, der Verfasser des Berichts, war eine reale Person. Er war ein hoher Beamter der Auslandsabteilung, zunächst krankgeschrieben wegen eines Bandscheibenvorfalls, später durch Selbstmord aus dem Leben geschieden.
Die Personalabteilung konnte jedoch keine Auskunft darüber geben, womit sich Gunnar Björck 1991 beschäftigt hatte. Die Angaben waren für geheim erklärt worden, auch für Mitarbeiter der SiPo selbst. Was ebenfalls obligatorisch war.
Dass Lisbeth Salander 1991 in der Lundagatan gewohnt und die nächsten zwei Jahre fast vollständig in der psychiatrischen Kinderklinik St. Stefans verbracht hatte, war ebenfalls leicht zu überprüfen. Hier schienen sich die tatsächlichen Umstände mit den Angaben des Berichts zu decken.
Peter Teleborian war ein bekannter Psychiater, der oft im Fernsehen auftrat. Er hatte 1991 in St. Stefan gearbeitet und war heute dort Chefarzt.
Monica Figuerola dachte eine geraume Weile über die Bedeutung dieses Berichts nach. Dann rief sie den stellvertretenden Chef der Personalabteilung an.
»Ich habe eine heikle Frage«, erklärte sie.
»Und zwar?«
»Wir beschäftigen uns hier beim Verfassungsschutz mit einer Analyse, bei der es darum geht, die Glaubwürdigkeit und allgemeine psychische Gesundheit einer Person einzuschätzen. Ich bräuchte einen Psychiater oder einen anderen Experten, der offiziell berechtigt ist, auch Informationen zu bekommen, die als streng geheim eingestuft worden sind. Mir ist Dr. Peter Teleborian genannt worden, und ich möchte wissen, ob ich ihn anheuern darf.«
Es dauerte eine Weile, bevor sie eine Antwort bekam.
»Dr. Peter Teleborian war ein paarmal als externer Berater für die SiPo tätig. Solange Sie sich allgemein ausdrücken, dürfen Sie mit ihm auch über geheime Informationen reden. Aber bevor Sie sich an ihn wenden, müssen Sie das ganze bürokratische Prozedere durchlaufen. Ihr Chef muss den Vorgang absegnen und einen offiziellen Antrag einreichen, dass er Teleborian konsultieren will.«
Monica Figuerola sank der Mut. Sie hatte etwas bestätigt bekommen, was über einen kleinen Personenkreis hinaus nie bekannt gewesen war. Teleborian hatte mit der RPF/ Sich zu tun gehabt. Das stärkte die Glaubwürdigkeit des Berichts.
Sie legte ihn aus der Hand und befasste sich mit den anderen Informationen, die Edklinth ihr gegeben hatte. Sie studierte Christer Malms Bilder von den zwei Männern, die Mikael Blomkvist angeblich beschattet hatten, als er am 1. Mai das Café »Copacabana« verließ.
Als sie im Kfz-Melderegister nachsah, stellte sie fest, dass Göran Mårtensson tatsächlich existierte und der Besitzer des grauen Volvo mit dem betreffenden Kennzeichen war. Danach erhielt sie vom Personalbüro der Sicherheitspolizei die Bestätigung, dass er bei der RPF/Sich angestellt war. Das war die einfachste Kontrolle, die sie durchführen konnte, und auch diese Information schien korrekt. Ihr sank der Mut noch weiter.
Göran Mårtensson arbeitete beim Personenschutz. Er war Leibwächter und gehörte zu der Gruppe von Mitarbeitern, die schon mehrmals für die Sicherheit des Ministerpräsidenten verantwortlich gewesen war. Seit ein paar Wochen war er jedoch zufällig bei der Gegenspionage tätig. Von seinem regulären Dienst war er am 10. April freigestellt worden, nur wenige Tage nachdem Alexander Zalatschenko und Lisbeth Salander ins Sahlgrenska-Krankenhaus eingeliefert worden waren. Aber diese Art von vorübergehenden Versetzungen war nichts Ungewöhnliches, wenn irgendwo gerade akuter Personalmangel herrschte.
Anschließend rief Monica Figuerola noch beim stellvertretenden Chef der Gegenspionage an, einem Mann, den sie persönlich kannte und für den sie in ihrer kurzen Zeit in dieser Abteilung auch schon gearbeitet hatte. Sie fragte, ob Göran Mårtensson derzeit mit etwas Wichtigem beschäftigt sei oder ob man seine Dienste beim Verfassungsschutz in Anspruch nehmen dürfe.
Der stellvertretende Chef der Gegenspionage war verblüfft. Monica Figuerola müsse falsch informiert worden sein. Göran Mårtensson vom Personenschutz arbeite nicht für die Gegenspionage.
Monica Figuerola legte auf und starrte zwei Minuten lang den Hörer an. Beim Personenschutz glaubte man, Mårtensson arbeite vorübergehend bei der Gegenspionage. Bei der
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