Vergebung
sich entschieden, eine eigene Software zu entwickeln?«
»Tja, Erika … das möge beantworten, wer kann. Aber der ehemalige Technikchef hat uns davon überzeugt. Er meinte, langfristig würde das billiger kommen, und außerdem könnte die SMP Lizenzen für ihr Programm an andere Zeitungen verkaufen.«
»Und, hat jemand die Software gekauft?«
»Ja, eine Lokalzeitung in Norwegen.«
»Na, großartig«, sagte Erika Berger trocken. »Nächste Frage: Wir sitzen hier an Computern, die fünf, sechs Jahre alt sind …«
»Eine Investition in neue Computer ist dieses Jahr völlig ausgeschlossen«, unterbrach Flodin sofort.
Und so ging die Diskussion immer weiter. Erika fiel auf, wie Flodin und Sellberg ihre Einwände charmant ignorierten. Für sie hieß das Motto Einsparungen, was aus ihrem Blickwinkel durchaus verständlich, jedoch unannehmbar für eine neue Chefredakteurin war. Was sie jedoch wirklich auf die Palme brachte, war die Art, wie die beiden ihre Argumente ständig mit einem freundlichen Lächeln abfertigten, als wäre sie ein zehnjähriges Schulmädchen. Zerbrich dir mal nicht dein süßes Köpfchen über so komplizierte Dinge .
Borgsjö war ihr auch keine große Hilfe, wenngleich er sich weniger herablassend benahm als die anderen.
Sie seufzte, fuhr ihren Laptop hoch und öffnete ihre E-Mails. Neunzehn neue Mails. Vier davon waren Spams. Des Weiteren sieben Mails wie der sogenannte Nigeria-Brief von der Witwe des ehemaligen Chefs der Staatsbank in Abu Dhabi, die ihr irrwitzige Summen bot, wenn sie ihr nur ein geringes Startkapital anvertraute, und ähnlicher Unfug.
Die restlichen Mails bestanden aus Hausmitteilungen sowie einem Schreiben ihres Dentalhygienikers, der sie daran erinnerte, dass es Zeit für den nächsten vierteljährlichen Termin wurde. Sie notierte sich die Zeit in ihrem elektronischen Terminkalender und sah sofort, dass sie doch wieder absagen musste, weil an diesem Tag schon eine große Redaktionskonferenz eingetragen war.
Schließlich öffnete sie die letzte Mail mit dem Absender und der Betreffzeile [Der Chefredakteurin zur Kenntnisnahme]. Langsam stellte sie ihre Kaffeetasse ab.
DU NUTTE! DU BRAUCHST NICHT ZU GLAUBEN, DASS DU HIER ANKOMMEN UND DICH SO AUFFÜHREN KANNST, VERDAMMTE FOTZE. MAN SOLLTE DICH MIT DEM SCHRAUBENZIEHER IN DEN ARSCH FICKEN! JE SCHNELLER DU HIER VERSCHWINDEST, DESTO BESSER.
Automatisch blickte Erika Berger auf und suchte Anders Holm. Er saß nicht an seinem Platz, und sie konnte ihn nirgends in der Redaktion entdecken. Sie sah noch einmal auf den Absender, griff dann zum Hörer und rief Peter Fleming an, den Technikchef der SMP .
»Hallo. Wer benutzt die Adresse ?«
»Niemand. So eine Adresse gibt es bei der SMP gar nicht.«
»Ich habe von dieser Adresse aber grade eine Mail bekommen.«
»Das ist ein Fake. Enthält die Mail ein Virus?«
»Nein. Zumindest hat das Virusprogramm nicht reagiert.«
»Okay. Die Adresse gibt es nicht. Aber es ist sehr einfach, so etwas zu fingieren. Es gibt Seiten im Internet, über die man so eine Mail schicken kann.«
»Kann man die Mail zurückverfolgen?«
»Das ist so gut wie unmöglich, selbst wenn der Betreffende so dumm sein sollte, das Ganze von seinem privaten Computer aus zu schicken. Man kann eventuell die IP-Nummer zu einem Server zurückverfolgen, aber wenn er einen Account benutzt, den er sich zum Beispiel bei Hotmail eingerichtet hat, dann verliert sich die Spur sofort.«
Erika bedankte sich für die Information. Dann überlegte sie einen Moment. Es war wahrhaftig nicht das erste Mal, dass sie Drohmails oder einfach Post von einem Irren erhielt. Diese Mail zielte jedoch eindeutig auf ihre neue Arbeit als Chefredakteurin bei der SMP ab. Sie fragte sich, ob wohl irgendein Verrückter im Zusammenhang mit Moranders Tod von ihr gelesen hatte oder ob der Absender doch im Hause saß.
Monica Figuerola überlegte lange und gründlich, wie sie in Sachen Evert Gullberg verfahren sollte. Ein Vorteil an der Arbeit für den Verfassungsschutz war der, dass sie weitreichende Befugnisse besaß, sich so gut wie jeden polizeilichen Ermittlungsbericht in Schweden zu beschaffen, der irgendetwas mit rassistisch oder politisch motivierten Verbrechen zu tun haben könnte. Sie sagte sich, dass Alexander Zalatschenko schließlich ein Einwanderer war und dass es zu ihren Aufgaben gehörte, Gewalt gegen Personen ausländischer Herkunft zu untersuchen und herauszufinden, ob diese
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