Vergebung
Situation nicht angemessen. Ich schlage vor, dass die Gehälter aller leitenden Angestellten um die Hälfte gekürzt werden.«
»Sie begreifen einfach nicht, dass unsere Aktionäre deswegen Aktionäre sind, weil sie Geld verdienen wollen. Das nennt sich Kapitalismus. Wenn Sie vorschlagen, dass sie Geld verlieren sollen, dann werden diese Leute auch nicht mehr unsere Aktionäre sein wollen.«
»Jeder Besitz bringt auch Verantwortung mit sich. Sie haben selbst betont, dass es hier um Kapitalismus geht. Die Besitzer der SMP wollen Gewinn machen. Aber die Regeln sehen eben so aus, dass der Markt entscheidet, ob man Gewinn oder Verlust macht. Nach Ihrer Argumentation sollen die Regeln des Kapitalismus nur für die Angestellten der SMP gelten, während die Aktionäre und Sie davon ausgenommen bleiben.«
Sellberg verdrehte seufzend die Augen. Hilflos versuchte er, einen Blick von Borgsjö aufzufangen. Doch Borgsjö war gerade dabei, nachdenklich Erika Bergers 9-Punkte-Programm zu studieren.
Monica Figuerola wartete neunundvierzig Minuten, bis Göran Mårtensson und der Unbekannte wieder aus der Haustür der Bellmansgatan 1 traten. Als sie ihr entgegenkamen, hob sie ihre Nikon mit dem 300-Millimeter-Objektiv und machte zwei Bilder. Dann legte sie die Kamera wieder ins Handschuhfach zurück. Da sah sie plötzlich am Rand der oberen Bellmansgatan eine dunkelhaarige Frau mit einer Digitalkamera, die Mårtensson und seinen Kompagnon filmte. Was zur Hölle … Findet hier in der Bellmansgatan gerade ein allgemeiner Agentenkongress statt, oder was ist hier los?
Mårtensson und der Unbekannte gingen an der Straßenkuppe wortlos auseinander. Mårtensson lief zu seinem Auto in der Tavastgatan, ließ den Motor an, parkte aus und verschwand aus Monica Figuerolas Blickfeld.
Sie sah in den Rückspiegel, wo sie den Rücken des Mannes mit dem blauen Overall erblickte. Sie hob den Blick und sah, dass die Frau mit der Kamera aufgehört hatte zu filmen und jetzt auf sie zukam.
Kopf oder Zahl? Sie wusste bereits, wer Göran Mårtensson war und womit er sich beschäftigte. Sowohl der Typ im Blaumann als auch die Frau mit der Kamera waren Unbekannte. Aber wenn sie ihr Auto verließ, riskierte sie, von der Frau mit der Kamera beobachtet zu werden.
Sie blieb sitzen. Im Rückspiegel sah sie den Mann im Overall nach links in die Brännkyrkagatan einbiegen. Sie wartete ab, bis die Frau mit der Kamera an die Kreuzung direkt vor ihr gekommen war, aber statt dem Mann zu folgen, machte sie auf dem Absatz kehrt und ging den Hügel zur Bellmansgatan 1 hinunter. Monica Figuerola sah eine Frau um die 35. Sie hatte kurzes dunkles Haar, trug eine dunkle Jeans und eine schwarze Jacke. Sobald sie den Hügel ein Stück hinuntergegangen war, riss Monica Figuerola die Autotür auf und lief in Richtung Brännkyrkagatan hinunter. Doch der Mann im Overall war verschwunden. Im nächsten Augenblick parkte ein Toyota-Van aus. Monica Figuerola sah den Mann im Halbprofil und prägte sich das Kennzeichen ein. Selbst wenn sie das Nummernschild vergessen sollte, würde sie ihn trotzdem wiederfinden, denn seitlich auf dem Wagen warb eine Aufschrift für »Lars Faulssons Schlüsseldienst« und gab auch dessen Telefonnummer an.
Sie versuchte erst gar nicht, zu ihrem Auto zurückzurennen, um den Toyota zu verfolgen. Stattdessen ging sie ganz gemächlich zurück. Sie erreichte die Straßenkuppe genau in dem Moment, als die Frau mit der Kamera durch Mikael Blomkvists Haustür verschwand.
Monica Figuerola setzte sich in ihr Auto und notierte sich erst einmal Kennzeichen und Telefonnummer von Lars Faulssons Schlüsseldienst. Dann kratzte sie sich am Kopf. Vor Mikael Blomkvists Haus herrschte ja ein reges Treiben. Sehr geheimnisvoll. Sie hob den Blick und sah das Dach der Bellmansgatan 1. Sie wusste, dass Blomkvist eine Dachgeschosswohnung hatte, aber auf den Zeichnungen des städtischen Bauamts hatte sie gesehen, dass sie auf der anderen Seite des Hauses lag und die Fenster auf Gamla Stan und Riddarfjärden hinausgingen. Eine exklusive Adresse in einem traditionsreichen Kulturviertel. Sie fragte sich, ob er ein Angeber und Emporkömmling war.
Nach neun Minuten trat die Frau mit der Kamera wieder aus der Tür. Statt den Hügel erneut in Richtung Tavastgatan hinaufzugehen, lief sie weiter bergab und bog rechts um die Ecke am Pryssgränd. Monica Figuerola heftete sich an ihre Fersen und folgte ihr vorbei am Hilton. Die Frau ging rasch und zielstrebig, ohne sich
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