Vergebung
Tempo zu halten, müsstest du den Notarzt rufen. Herzstillstand am Norr Mälarstrand.«
»Blödsinn. Jetzt komm. Zeit zum Aufstehen.«
Er schrubbte ihr den Rücken und seifte ihr die Schultern ein. Und die Hüften. Und den Bauch. Und nach einer Weile war Monica Figuerola überhaupt nicht mehr am Duschen interessiert, sondern zog ihn wieder ins Bett. Erst gegen elf saßen sie draußen in einem Café am Norr Mälarstrand und tranken Kaffee.
»Du könntest dich leicht zu einer schlechten Angewohnheit auswachsen«, meinte Monica Figuerola. »Wir kennen uns erst seit ein paar Tagen.«
»Ich fühle mich eben sehr von dir angezogen. Aber das hast du wahrscheinlich schon gemerkt.«
Sie nickte. »Aber warum?«
»Sorry. Die Frage kann ich nicht beantworten. Ich hab nie kapiert, warum mich eine Frau plötzlich anzieht und eine andere mich überhaupt nicht interessiert.«
Sie lächelte nachdenklich.
»Ich habe heute frei«, sagte sie.
»Ich nicht. Ich hab noch einen Riesenberg Arbeit vor mir, bis der Prozess beginnt, und die letzten drei Nächte hast du mich ja von der Arbeit abgehalten.«
»Zu schade.«
Er nickte, stand auf und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Sie fasste ihn am Hemdsärmel.
»Mikael, ich würde mich gern weiter mit dir treffen.«
»Ich auch«, sagte er. »Aber bis wir diese Story im Kasten haben, werden wir uns nur unregelmäßig sehen können.«
Er verschwand in Richtung Hantverkargatan.
Erika Berger hatte Kaffee geholt und betrachtete den Bildschirm. Dreiundfünfzig Minuten lang passierte absolut nichts, nur ihr Bildschirmschoner zeigte sich hin und wieder. Dann wurde sie wieder bei ICQ angepingt.
Fertig. Sie haben da eine Menge Mist auf Ihrer Festplatte, darunter auch zwei Viren.
Sorry. Wie geht es jetzt weiter?
Wer ist Administrator für das Datennetz bei SMP ?
Keine Ahnung. Wahrscheinlich Peter Fleming, der Technikchef.
Okay.
Was soll ich tun?
Nichts. Gehen Sie nach Hause.
Einfach so?
Ich meld mich dann.
Soll ich den Computer anlassen?
Aber Lisbeth Salander war schon aus ICQ verschwunden. Erika Berger starrte frustriert auf den Monitor. Schließlich schaltete sie den Computer aus und verließ die Redaktion, um sich ein Café zu suchen, in dem sie in Ruhe nachdenken konnte.
20. Kapitel Samstag, 4. Juni
Mikael Blomkvist stieg am Slussen aus dem Bus und ging zur Fiskargatan 9. Er hatte Brot, Milch und Käse in einem Lebensmittelladen vor dem Landtagsgebäude gekauft und räumte seine Einkäufe jetzt in den Kühlschrank. Dann schaltete er Lisbeths Computer ein.
Nachdem er kurz nachgedacht hatte, machte er auch sein blaues Ericsson T10 an. Auf sein normales Handy pfiff er, weil er sowieso mit niemandem sprechen wollte, der nichts mit der Zalatschenko-Geschichte zu tun hatte. Er stellte fest, dass er in den letzten vierundzwanzig Stunden sechs Anrufe bekommen hatte, drei von Henry, zwei von Malin und einen von Erika.
Als Erstes rief er Henry zurück, der gerade in einem Café saß und ein paar Kleinigkeiten mit ihm zu besprechen hatte, jedoch nichts Dringendes.
Malin hatte sich nur gemeldet, um sich zu melden.
Dann wählte er Erikas Nummer, kam jedoch nicht durch.
Als er zur Yahoo-Gruppe [Verrückte_Tafelrunde] ging, fand er die endgültige Version von Lisbeths Biografie vor. Er nickte lächelnd, druckte das Dokument aus und begann sofort zu lesen.
Lisbeth Salander schaltete ihren Palm Tungsten T3 an. Mithilfe von Erika Bergers Benutzerkonto hatte sie eine Stunde lang das Datennetz der SMP durchsurft und erforscht. Peter Flemings Konto hatte sie erst gar nicht in Angriff genommen, weil es nicht nötig war, sich die vollständigen Administratorrechte zu verschaffen. Das Einzige, was sie interessierte, war der Zugang zur Verwaltung der SMP mit den Personalakten. Und darauf hatte Erika Berger schon den vollen Zugriff.
Sie wünschte sich sehnlichst, Mikael Blomkvist wäre so nett gewesen, ihr PowerBook mit der anständigen Tastatur und dem 17-Zoll-Bildschirm ins Krankenhaus zu schmuggeln statt des Palms. Sie lud sich ein Verzeichnis aller bei der SMP Beschäftigten herunter und begann die Liste abzuarbeiten. Es waren 223 Personen, 82 davon Frauen.
Sie begann damit, dass sie erst mal alle Frauen strich. Zwar klammerte sie Frauen in puncto Gestörtheit nicht aus, aber die Statistik besagte, dass die große Mehrzahl der Personen, die Frauen schikanierten, eben Männer waren.
Die Statistik besagte außerdem, dass der Großteil der Giftstifte entweder Teenager oder Personen
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