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Vergebung

Vergebung

Titel: Vergebung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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Hand auf die Schulter. Sie sahen sich stumm an. Nach einer Weile nickte sie und lächelte ganz leicht.
     
    Um sieben Uhr abends rief Annika Giannini kurz bei ihrem Bruder an und teilte ihm mit, dass Lisbeth in allen Punkten freigesprochen worden war, aber noch ein paar Stunden im Polizeigebäude verbringen würde, um sich dort vernehmen zu lassen.
    In der Redaktion waren alle Mitarbeiter von Millennium versammelt. Seit gegen Mittag die ersten Exemplare des Heftes ausgeliefert worden waren, hatten die Telefone nicht mehr stillgestanden. Am Nachmittag ging TV4 mit den ersten Specials über Zalatschenko und die Sektion auf Sendung. Für die Medien war es das reinste Weihnachtsfest.
    Mikael stellte sich mitten ins Zimmer, steckte die Finger in den Mund und stieß einen gellenden Pfiff aus.
    »Ich habe gerade die Nachricht erhalten, dass Lisbeth in allen Punkten freigesprochen worden ist.«
    Spontaner Applaus brach aus. Dann sprachen alle wieder in ihre Telefone, als wäre nichts geschehen.
    Mikael hob den Blick und betrachtete den laufenden Fernseher, der mitten in der Redaktion stand. Die Nachrichten auf TV4 fingen gerade an. Als Vorankündigung sah man einen kurzen Ausschnitt aus dem Film, der zeigte, wie jemand Kokain in Mikaels Wohnung versteckte.
    Dann kam die Nachrichtensprecherin ins Bild.
    »Circa zehn Angestellte der Sicherheitspolizei sind heute wegen schwerer Verbrechen festgenommen worden, zu denen unter anderem auch Mord gehört. Willkommen zu unseren Nachrichten, die heute den üblichen Zeitrahmen überschreiten werden.«
    Mikael drückte den Ton weg, als seine Kollegin von TV4 ins Bild kam. Er sah sich selbst im Studio sitzen. Er wusste schon, was er gesagt hatte. Sein Blick schweifte zu dem Schreibtisch, an dem Dag Svensson damals vorübergehend gearbeitet hatte. Die Spuren seiner Reportage über Mädchenhandel waren verschwunden, und mittlerweile war der Schreibtisch wieder eine Ablage für Zeitungen und unsortierte Papierstapel geworden, mit denen niemand so recht zu tun haben mochte.
    An diesem Schreibtisch hatte für Mikael die Zalatschenko-Affäre begonnen. Auf einmal wünschte er, Dag Svensson hätte dieses Ende miterleben können. Ein paar Exemplare seines frisch gedruckten Buches über Mädchenhandel waren dort zusammen mit dem Buch über die Sektion aufgebaut.
    Das hätte dir gefallen.
    Er hörte das Telefon in seinem Zimmer klingeln, schaffte es aber nicht, das Gespräch anzunehmen. Stattdessen schloss er seine Tür und ging zu Erika Berger. Er ließ sich in einen der bequemen Sessel neben dem kleinen Tisch am Fenster sinken. Erika telefonierte gerade. Er sah sich um. Sie war jetzt seit einem Monat zurück, hatte es aber noch nicht geschafft, das Zimmer wieder ganz mit ihren persönlichen Gegenständen zu füllen. Sie war auch noch nicht dazu gekommen, Bilder aufzuhängen.
    »Und, wie fühlt sich das an?«, fragte sie, nachdem sie aufgelegt hatte.
    »Ich glaube, ich bin glücklich«, sagte er.
    Sie lachte.
    » Die Sektion wird der absolute Renner. In jeder Redaktion laufen sie Amok. Hast du Lust, um neun Uhr in Aktuell aufzutreten?«
    »Nö.«
    »Dachte ich mir fast.«
    »Wir werden noch ein paar Monate über diese Geschichte reden. Das eilt nicht.«
    Sie nickte.
    »Was machst du heute Abend?«
    »Ich weiß nicht.«
    Er biss sich auf die Unterlippe.
    »Erika … ich …«
    »Figuerola«, sagte Erika Berger und lächelte.
    Er nickte.
    »Es ist also was Ernstes?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Sie ist schrecklich verliebt in dich.«
    »Ich glaube, ich bin auch verliebt in sie«, meinte er.
    »Ich werd auf Abstand bleiben, bis du es weißt.«
    Er nickte.
    »Vielleicht«, fügte sie hinzu.
     
    Um acht Uhr klopften Dragan Armanskij und Susanne Linder an die Tür der Redaktion. Sie fanden, der Anlass erfordere Champagner, und sie hatten eine große Tragetasche mit Flaschen dabei. Erika Berger umarmte Susanne Linder und machte einen Rundgang durch die Redaktion mit ihr, während Armanskij sich in Mikaels Zimmer setzte.
    Sie tranken. Eine ganze Weile sagten sie gar nichts. Schließlich brach Armanskij das Schweigen.
    »Wissen Sie was, Blomkvist? Als wir uns im Zusammenhang mit dieser Geschichte in Hedestad zum ersten Mal trafen, waren Sie mir herzlich unsympathisch.«
    »Ach ja?«
    »Sie sind zu uns gekommen, um den Vertrag aufzusetzen, als Sie Lisbeth für die Recherchen anheuerten.«
    »Ich kann mich erinnern.«
    »Ich glaube, ich war eifersüchtig auf Sie. Sie kannten sie erst seit ein paar Stunden.

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