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Vergebung

Vergebung

Titel: Vergebung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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dass er auf der sicheren Seite war.
    Nach den vielen offenen Gesprächen mit Kommissar Nyström hatte er verstanden, wie wichtig es im Interesse der Reichssicherheit war, in dieser delikaten Angelegenheit eine gewisse Balance zu halten. Man hatte ihm versichert, dass der Salander-Bericht von 1991 eine Fälschung war. Er hatte Fragen gestellt - Hunderte von Fragen -, und auf alles eine Antwort bekommen. Ein Bluff. Und nun war Nyström der Anwältin Giannini zufolge verhaftet. Er hatte Teleborian vertraut, der so … so kompetent und so erfahren aufgetreten war. So überzeugend.
    Herrgott. In was für einen Schlamassel bin ich hier bloß reingeraten?
    Und dann:
    Wie zum Teufel soll ich aus diesem Schlamassel bloß wieder rauskommen?
    Er strich sich über seinen Kinnbart. Er räusperte sich. Er nahm langsam die Brille ab.
    »Es tut mir leid, aber wie mir scheint, bin ich in einer ganzen Reihe von wesentlichen Punkten falsch informiert worden.«
    Er fragte sich, ob er die Schuld auf die Ermittler der Polizei schieben konnte, und sah auf einmal Bublanski vor seinem inneren Auge. Der Kriminalinspektor würde sich niemals hinter ihn stellen. Wenn Ekström hier auch nur eine falsche Bewegung machte, würde Bublanski eine Pressekonferenz einberufen und ihn gnadenlos abschießen, und seine Karriere gleich mit.
    Ekström sah Lisbeth Salander in die Augen. Sie wartete geduldig ab, mit einem Blick, der gleichzeitig Neugier und Rachegelüste verriet.
    Keine Kompromisse.
    Er konnte sie immer noch wegen schwerer Körperverletzung in Stallarholmen drankriegen. Er konnte sie wahrscheinlich auch wegen des Mordversuchs an ihrem Vater in Gosseberga drankriegen. Das bedeutete aber, dass er seine Strategie jetzt ändern und alles beiseitelassen musste, was mit Teleborian zu tun hatte. Das bedeutete auch, dass alle Behauptungen, sie sei eine verrückte Psychopathin, entkräftet waren. Man konnte ihr nicht länger ihre Geschäftsfähigkeit absprechen, und dann hatte sie ja auch noch diesen verfluchten Film, auf dem …
    Da traf ihn die Erkenntnis auf einmal mit voller Wucht.
    O Gott. Sie ist tatsächlich unschuldig.
    »Herr Richter … ich weiß nicht, was hier passiert ist, aber mir ist klar geworden, dass ich mich nicht mehr auf die Papiere verlassen kann, die ich in der Hand habe.«
    »Das scheint mir auch so«, meinte Iversen trocken.
    »Ich glaube, ich muss eine Aussetzung des Prozesses beantragen, bis ich genau herausgefunden habe, was hier passiert ist.«
    »Frau Giannini?«, fragte Iversen.
    »Ich beantrage, dass meine Mandantin in allen Anklagepunkten freigesprochen und mit sofortiger Wirkung aus der Haft entlassen wird. Ich beantrage außerdem, dass das Gericht Stellung zu der Frage nimmt, ob Frau Salander voll geschäftsfähig ist. Ich bin der Meinung, dass sie eine Rehabilitierung erfahren sollte, nach all den Kränkungen, die ihr zugefügt worden sind.«
    Lisbeth Salander wandte ihren Blick zu Richter Iversen.
    Keine Kompromisse.
    Richter Iversen starrte auf Lisbeth Salanders Autobiografie. Dann blickte er zu Staatsanwalt Ekström.
    »Ich glaube auch, dass es eine gute Idee wäre, herauszufinden, was hier passiert ist. Aber ich befürchte, Sie sind nicht die richtige Person, um diese Untersuchung durchzuführen.«
    Er überlegte kurz.
    »Dass der wichtigste Zeuge der Staatsanwaltschaft vor Gericht verhaftet wird und sich eine scheinbar überzeugende Beweisführung durchgängig als fingiert herausstellt, so etwas habe ich in all meinen Jahren als Richter noch nie erlebt. Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, was hier von den Anklagepunkten des Staatsanwalts noch übrig bleibt.«
    Holger Palmgren räusperte sich.
    »Ja?«, sagte Iversen.
    »Ich möchte darauf hinweisen, dass wir alle hier erst den Anfang einer Affäre gesehen haben, die den gesamten schwedischen Staatsapparat erschüttern wird. Im Laufe des heutigen Tages sind ungefähr zehn Mitarbeiter der Sicherheitspolizei verhaftet worden. Die Ermittlungen gegen sie werden eine beträchtliche Zeit in Anspruch nehmen.«
    »Dann muss ich wohl eine Aussetzung des Verfahrens anordnen.«
    »Bitte entschuldigen Sie, wenn ich mich da einmische, aber ich glaube, das wäre eine unglückliche Entscheidung.«
    »Ich höre.«
    Palmgren sprach langsam, aber entschieden: »Lisbeth Salander ist unschuldig. Ihre ›fantasievolle Autobiografie‹, wie Herr Ekström ihren Bericht verächtlich nannte, ist tatsächlich wahr. Und das lässt sich belegen. Sie ist Opfer eines skandalösen Übergriffs

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