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Vergebung

Vergebung

Titel: Vergebung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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hier mit einer außergewöhnlichen Situation zu tun haben. Ich möchte jetzt eine Pause von fünfzehn Minuten anberaumen, damit wir uns die Beine vertreten und uns ein wenig sammeln können. Ich habe überhaupt nicht den Wunsch, Ihre Mandantin über Nacht in Untersuchungshaft zu behalten, wenn sie unschuldig ist, aber das bedeutet dann eben, dass dieser Verhandlungstag so lange fortgesetzt wird, bis wir fertig sind.«
    »Das hört sich doch gut an«, sagte Annika Giannini.
     
    In der Pause küsste Mikael Blomkvist seine Schwester auf die Wange.
    »Wie ist es gelaufen?«
    »Es war einfach großartig. Teleborian hatte nicht den Hauch einer Chance.«
    »Ich hab doch gesagt, dass du bei diesem Prozess unschlagbar sein würdest. In erster Linie handelte diese Story nämlich nicht von Spionen und staatlichen Geheimorganisationen, sondern von ganz gewöhnlicher Gewalt gegen Frauen. Nach dem wenigen zu urteilen, was ich gesehen habe, warst du einfach fantastisch. Sie wird also freigelassen werden?«
    »Ja. Daran kann es keinen Zweifel mehr geben.«
     
    Nach der Pause klopfte Richter Iversen auf den Tisch.
    »Könnten Sie mir diese Geschichte einmal von Anfang bis zum Ende erzählen, damit mir klar wird, was hier eigentlich passiert ist?«
    »Sehr gern«, sagte Annika Giannini. »Wollen wir mit der verblüffenden Geschichte dieser Gruppe von Sicherheitsleuten beginnen, die sich Sektion nennt und sich Mitte der 70er-Jahre um einen sowjetischen Überläufer kümmern musste? Die Story ist im neuen Millennium -Heft nachzulesen, das heute herausgekommen ist. Schätzungsweise wird das heute Abend die Hauptnachricht in allen Nachrichtensendungen sein.«
    Gegen sechs Uhr abends beschloss Richter Iversen, Lisbeth Salander aus der Haft zu entlassen und sie wieder für geschäftsfähig zu erklären.
    Diese Entscheidung wurde jedoch an eine Bedingung geknüpft. Richter Iversen verlangte, dass Lisbeth sich einem Verhör unterzog, in dem sie eine offizielle Zeugenaussage zur Zalatschenko-Affäre abgeben sollte. Zuerst lehnte Lisbeth kategorisch ab. Diese Weigerung führte zu einigem Hickhack, bis Richter Iversen die Stimme hob. Er beugte sich vor und sah ihr fest in die Augen.
    »Frau Salander, wenn ich Ihre rechtliche Betreuung aufhebe, bedeutet das, dass Sie dieselben Rechte genießen wie alle anderen Bürger. Aber es bedeutet auch, dass Sie dieselben Pflichten haben. Und es ist Ihre verdammte Pflicht, sich um Ihre Geldangelegenheiten zu kümmern, Steuern zu zahlen, dem Gesetz zu gehorchen und die Polizei bei der Ermittlung schwerer Verbrechen zu unterstützen. Sie werden also zur Vernehmung vorgeladen wie jeder andere Staatsbürger auch, der irgendwelche sachdienlichen Angaben zu den Ermittlungen machen kann.«
    Die Logik dieses Arguments schien bei Lisbeth Salander zu fruchten. Sie schob die Unterlippe vor und starrte missmutig vor sich hin.
    »Wenn die Polizei Ihre Zeugenaussage hat, wird der Leiter der Voruntersuchung - in diesem Fall der Generalstaatsanwalt - beurteilen, ob Sie als Zeugin für einen eventuellen Prozess infrage kommen. Wie alle anderen schwedischen Bürger können Sie sich weigern, einer Vorladung nachzukommen, aber dann wird das auch dieselben Konsequenzen haben. Da werden keine Ausnahmen gemacht.«
    Lisbeth Salander zog ein noch finstereres Gesicht.
    »Wie lautet Ihre Entscheidung?«, erkundigte sich Iversen.
    Nach einer Minute Bedenkzeit nickte sie ganz kurz.
    Okay. Ein kleiner Kompromiss.
    Als man am Abend die Zalatschenko-Affäre durchsprach, ging Annika Giannini hart mit Staatsanwalt Ekström ins Gericht. Dieser gab schließlich zu, dass es ungefähr so gelaufen war, wie Annika Giannini es beschrieben hatte. Bei der Voruntersuchung hatte er Hilfe von Georg Nyström erhalten und Informationen von Peter Teleborian entgegengenommen. In Ekströms Fall lag immerhin keine Verschwörung vor. In seiner Eigenschaft als Leiter der Voruntersuchung hatte er guten Glaubens den Laufburschen für die Sektion gespielt. Als ihm das Ausmaß der Geschehnisse klar wurde, beschloss er, die Anklage gegen Lisbeth Salander fallen zu lassen. Diese Entscheidung bedeutete gleichzeitig, dass eine ganze Reihe bürokratischer Formalitäten unter den Tisch fiel. Iversen wirkte erleichtert.
    Holger Palmgren war nach seinem ersten Tag im Gericht nach mehreren Jahren völlig erschöpft. Nun sehnte er sich nach seinem Bett in der Reha-Klinik. Ein uniformierter Wachmann von Milton Security fuhr ihn dorthin. Bevor er ging, legte er Lisbeth die

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