Vergebung
war Zalatschenko vor fünf Jahren von einem Geschäftsfreund empfohlen worden, als er gewisse Fonds umstrukturieren musste, die an eine kleine Anlagefirma in Liechtenstein gebunden waren, die ihm gehörte. Um dramatische Summen ging es dabei nicht, aber Thomasson hatte die Sache außerordentlich geschickt gehandhabt, und Zalatschenko war um eine Besteuerung herumgekommen. Daraufhin hatte er Thomassons Dienste noch mehrfach in Anspruch genommen. Thomasson war durchaus klar, dass das Geld aus kriminellen Tätigkeiten stammte, doch das schien ihn nicht weiter zu bekümmern. Schließlich hatte Zalatschenko beschlossen, seine sämtlichen Tätigkeiten unter einer einzigen großen Firma zusammenzufassen, die ihm und Niedermann gehören sollte. Er hatte dem Anwalt angeboten, der dritte stille Teilhaber der Firma zu werden und sich um ihre finanziellen Angelegenheiten zu kümmern. Ein Angebot, das Thomasson ohne Umschweife angenommen hatte.
»Na, Herr Bodin, das sieht ja nicht allzu gut aus.«
»Ich bin einem Mordversuch zum Opfer gefallen«, sagte Zalatschenko.
»Eine gewisse Lisbeth Salander, wenn ich das richtig verstanden habe.«
Zalatschenko senkte die Stimme.
»Unser Partner Niedermann hat alles verpfuscht, wie Sie sicher mitbekommen haben.«
»Ja, das hab ich gehört.«
»Die Polizei verdächtigt mich, in die Sache verwickelt zu sein …«
»Was Sie selbstverständlich nicht sind. Sie sind ein Opfer, und es ist wichtig, dass wir uns sofort darum kümmern, dieses Bild in den Medien zu verankern. Fräulein Salander hat ihren Teil an Negativschlagzeilen ja schon gehabt … Ich werde das in die Hand nehmen.«
»Danke.«
»Aber lassen Sie mich noch einmal betonen, dass ich kein Fachanwalt für Strafrecht bin. Hier werden Sie die Hilfe eines Spezialisten brauchen. Ich werde Ihnen einen Anwalt besorgen, dem Sie vertrauen können.«
Der vierte Besuch des Tages traf um elf Uhr abends ein und konnte sich an den Schwestern vorbeischummeln, indem er seinen Ausweis vorzeigte und behauptete, ein dringendes Anliegen zu haben. Man führte ihn zu Zalatschenkos Zimmer. Der Patient lag immer noch wach und grübelte.
»Mein Name ist Jonas Sandberg«, begrüßte ihn der Besucher und hielt ihm eine Hand hin, die Zalatschenko gänzlich ignorierte.
Der Mann war um die 35. Sein Haar war sandfarben, und er trug eine Jeans, ein kariertes Hemd sowie eine Lederjacke. Zalatschenko musterte ihn schweigend.
»Ich hatte mich schon gefragt, wann einer von Ihnen hier auftauchen würde.«
»Ich arbeite für die SiPo«, erklärte Jonas Sandberg und zeigte seinen Ausweis.
»Wohl kaum«, gab Zalatschenko zurück.
»Bitte?«
»Sie sind vielleicht dort angestellt, aber Sie arbeiten wohl kaum für sie.«
Sandberg schwieg ein Weilchen und sah sich im Zimmer um. Dann zog er sich einen Besucherstuhl ans Bett.
»Ich komme so spät, weil ich keine Aufmerksamkeit erregen will. Wir haben besprochen, wie wir Ihnen helfen können, und müssen entscheiden, wie es jetzt weitergeht. Ich bin gekommen, um mir Ihre Version anzuhören und Ihre Absichten zu verstehen, damit ich eine Strategie erarbeiten kann.«
»Und was haben Sie sich gedacht, wie diese Strategie aussehen soll?«
Nachdenklich betrachtete Jonas Sandberg den Mann im Krankenhausbett. Schließlich hob er ratlos die Hände.
»Herr Zalatschenko … ich befürchte, dass hier ein Prozess in Gang gesetzt worden ist, dessen Folgen noch gar nicht absehbar sind. Wir haben die Situation besprochen. Das Grab in Gosseberga und die Tatsache, dass dreimal auf Lisbeth Salander geschossen wurde - das lässt sich schwerlich uminterpretieren. Aber noch ist nicht alle Hoffnung verloren. Der Konflikt zwischen Ihrer Tochter und Ihnen kann erklären, warum Sie solche Angst vor ihr hatten und zu drastischen Maßnahmen gegriffen haben. Aber ich befürchte doch, ganz ohne eine Gefängnisstrafe wird es nicht abgehen.«
Plötzlich war Zalatschenko richtig vergnügt. Beinahe hätte er losgeprustet, aber das war in seinem derzeitigen Zustand ja schlecht möglich. Daher blieb es bei einem schwachen Kräuseln seiner Lippen. Alles andere hätte zu sehr wehgetan.
»Das ist also unsere gemeinsame Strategie?«
»Es geht hier um Schadensbegrenzung, Herr Zalatschenko. Wir müssen unbedingt eine gemeinsame Lösung finden. Wir werden alles tun, was in unserer Macht steht, um Ihnen zu helfen, aber wir brauchen Ihre Mitarbeit und gewisse Garantien.«
»Die Garantie können Sie haben. Sie werden dafür sorgen, dass sich
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