Vergebung
Palmgren ergänzen konnte. Die Geschichte von Lisbeth Salander hingegen war fast fertig. Er erklärte Schritt für Schritt, wie sie mit einer Bande Kalter Krieger der RPF/Sich aneinandergeraten und in die Kinderpsychiatrie gesperrt worden war, damit sie Zalatschenkos Geheimnis nicht verraten konnte.
Mit diesem Text war er zufrieden. Er hatte eine Riesenstory, die wie eine Bombe einschlagen und Probleme in den obersten Rängen der staatlichen Bürokratie verursachen würde.
Er steckte sich eine Zigarette an, während er überlegte.
Zwei große Lücken galt es noch zu füllen. Die eine stellte kein allzu großes Problem dar. Er musste sich mit Peter Teleborian auseinandersetzen, und auf diese Aufgabe freute er sich schon jetzt. Wenn er mit ihm fertig war, würde dieser Kinderpsychiater einer der meistgehassten Männer Schwedens sein. Das war das eine.
Das andere Problem stellte sich wesentlich komplizierter dar.
Die Verschwörung gegen Lisbeth Salander - er bezeichnete die Verschwörer in Gedanken als Zalatschenko-Klub - kam aus den Reihen der Sicherheitspolizei. Er kannte einen Namen, Gunnar Björck, aber Gunnar Björck konnte unmöglich der einzige Verantwortliche sein. Es musste eine ganze Gruppe geben, eine Art Abteilung. Es musste Chefs, Verantwortliche und ein Budget geben. Doch hatte er keine Ahnung, wie er es anstellen sollte, diese Personen zu identifizieren. Wo sollte er beginnen? Er hatte nur eine sehr vage Vorstellung davon, wie die Organisation der SiPo eigentlich aussah.
Am Montag hatte er die Recherche begonnen, indem er Henry Cortez eine Reihe von Antiquariaten in Södermalm abklappern ließ, mit dem Auftrag, jedes Buch zu kaufen, das irgendwie von der Sicherheitspolizei handelte. Gegen vier Uhr nachmittags kam Cortez mit sechs Büchern zu ihm nach Hause. Mikael betrachtete den Stapel auf dem Tisch.
Spionage in Schweden von Mikael Rosquist (Tempus, 1988), SiPo-Chef 1962-70 von Per Gunnar Vinge (W&W, 1988), Heimliche Mächte von Jan Ottosson und Lars Magnusson (Tiden, 1991), Machtkampf um die SiPo von Erik Magnusson (Corona, 1989), Ein Auftrag von Carl Lidbom (W&W, 1990) und - ein wenig überraschend - An Agent in Place von Thomas Whiteside (Ballantine, 1966), das von der Wennerström-Affäre handelte. Der Wennerström-Affäre von 1966 natürlich, nicht von der, die Mikael aufgedeckt hatte.
Er hatte den Großteil der Nacht auf Dienstag damit verbracht, die Bücher, die Henry Cortez gefunden hatte, zu lesen oder zumindest zu überfliegen. Die meisten Bücher, die jemals über die Sicherheitspolizei geschrieben worden waren, schienen gegen Ende der 80er-Jahre herausgekommen zu sein. Die Internetsuche ergab, dass es derzeit keine nennenswerte Literatur zum Thema gab.
Zum anderen schien es keine verständliche Übersicht über die Tätigkeit der schwedischen Geheimpolizei zu geben. Vielleicht war das verständlich, wenn man bedachte, dass die meisten Angelegenheiten geheim waren und man daher schwerlich über sie schreiben konnte, aber es schien überhaupt keine Institution, keinen Wissenschaftler oder irgendwelche Medien zu geben, die die SiPo kritisch beobachteten.
Außerdem fiel ihm auf, dass die Bücher, die Henry Cortez gefunden hatte, seltsamerweise kein Literaturverzeichnis enthielten. Stattdessen wiesen die Fußnoten auf Artikel in den Abendzeitungen oder auf private Interviews mit irgendwelchen pensionierten SiPo-Mitarbeitern hin.
Das Buch Heimliche Mächte war faszinierend, handelte aber zum Großteil von der Zeit vor und während des Zweiten Weltkriegs. Per Gunnar Vinges Memoiren empfand Mikael als Propaganda, die Verteidigungsschrift eines hart kritisierten und gefeuerten SiPo-Chefs. An Agent in Place enthielt bereits im ersten Kapitel so viele seltsame Aussagen über Schweden, dass er das Buch geradewegs in den Papierkorb warf. Die einzigen Bücher, die wirklich den Ehrgeiz hatten, die Arbeit der Sicherheitspolizei zu beschreiben, waren Machtkampf um die SiPo und Spionage in Schweden . Hier fand man alles: Daten, Namen, Bürokratie. Besonders das Buch von Erik Magnusson fand Mikael sehr lesenswert. Auch wenn es keine Antwort auf mehrere seiner Fragen bereithielt, vermittelte es doch einen guten Einblick, wie die SiPo ausgesehen und womit sich die Organisation in den vergangenen Jahrzehnten beschäftigt hatte.
Die größte Überraschung war jedoch Ein Auftrag von Carl Lidbom. Das Buch beschrieb die Probleme, mit denen sich der ehemalige Pariser Botschafter herumschlagen musste, als er
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