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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Hastrup
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mit schön geschwungenen Nasenlöchern.
    » Aber hier
hört die Ähnlichkeit auch auf, mein Lieber. Du bist so verrückt nach mir, dass
du ich sein willst « , sagte Anna oft und
lachte. Dann lächelte sie ihn im Spiegel dreist an und stellte ihre schönen geschwungenen
Lippen und regelmäßigen Zähne zur Schau. Er versetzte ihr einen Klaps, und sie
lachte laut auf. Wenn sie allein im Haus waren, lief er ihr nach, fing sie ein
und spreizte ihre Beine, zog ihr den Slip herunter und nahm sie. Sie stöhnte
laut und wand sich und manchmal hatte er das Gefühl, dass irgendetwas nicht
stimmte, aber er konnte nicht sagen, was, und da es gleichzeitig so herrlich
war, schob er den Gedanken beiseite und gab sich dem Liebesspiel hin.
    »Kundschaft, Erik.« Die schleppende Stimme des Kochs schreckte ihn
auf, sodass ihm die Zigarette aus der Hand fiel. Er erhob sich, trat die Kippe
mit dem Absatz aus und schlurfte zurück ins Café. Den Rest des Tages verbrachte
er wie unter einer Glasglocke. Er tat, was man ihm sagte, war aber nur physisch
anwesend. In jedem weiblichen Gast sah er Annas Gesicht. Die grünen Augen, die
glänzenden roten Lippen, die ihm etwas zuriefen und ihn lockten, immer
schwächer zwar, doch ohne ganz zu verstummen.
    Mehreren Kollegen fiel seine geistige Abwesenheit auf. Sie klopften
ihm aufmunternd auf die Schulter und sahen ihn mitfühlend an. Er lächelte
höflich zurück, während die Leere in ihm wuchs.
    —
    Michael bestand darauf,
den Bericht über Gert Gudbergsens Herzanfall für Teit Jørgensen zu schreiben.
Rebekka ließ sich schwer auf ihren Bürostuhl fallen. Sie war tief erschüttert
und hatte Schuldgefühle wegen des Vorfalls.
    »So etwas kann passieren. Es war
unumgänglich und hat nichts mit Ihren Fragen zu tun.« Michael sah sie an. »Ganz
ehrlich, Rebekka. Lassen Sie mich den Bericht für Teit schreiben, ich weiß, wie
man ihn nehmen muss. Gehen Sie ins Hotel, dann treffen wir uns morgen früh und
machen da weiter, wo wir aufgehört haben.«
    Er sah sie bekümmert an, legte ihr eine große Hand auf die Schulter
und drückte sie. Sie schloss die Augen, genoss einen Augenblick die Berührung
und das Gefühl, dass jemand sich um sie sorgte. Sie konnte sich nicht erinnern,
wann das zuletzt der Fall gewesen war. Eine Reihe von Exfreunden tauchte vor
ihrem inneren Auge auf. Wie undeutliche Schatten. Sie hatte Schwierigkeiten,
ihnen einen Namen oder auch nur ein Gesicht zu geben, so wenig hatten sie ihr
bedeutet. Trotz der körperlichen Intimität, die zwischen ihnen bestanden hatte,
war der emotionale Abstand jedes Mal groß gewesen.
    »Okay, ich gehe ins Hotel. Ich habe die letzten Tage auch ein
bisschen das Gefühl, neben mir zu stehen. Wahrscheinlich weil ich nicht richtig
schlafe. Ich träume so merkwürdiges Zeug …« Sie schwieg abrupt, bevor sie
fortfuhr: »Im Grunde genommen geht es mir am besten, wenn ich viel zu tun
habe.«
    Sie war sich darüber im Klaren, dass sie vor Michael ihre Seele
bloßgelegt hatte, und wagte nicht, ihm in die Augen zu sehen, aus Angst,
abgewiesen zu werden. Was, wenn er sie nicht verstand? Es war am leichtesten
für sie, wenn die Ermittlung sie in Atem hielt und mit ihrer Intensität und dem
hohen Arbeitstempo die Skelette der Vergangenheit erfolgreich in den Keller
verbannte. Am meisten fürchtete sie, allein im Hotel zu sitzen und ihren
eigenen Erinnerungen ausgeliefert zu sein.
    »Das kenne ich gut. So ist es mir während der Scheidung von Anette,
meiner Exfrau, auch gegangen. Jedes Mal, wenn ich allein war, hatte ich das
Gefühl, wahnsinnig zu werden. Etwas fehlte. Deshalb habe ich rund um die Uhr
gearbeitet.« Er sah sie ernst an. »Während ich den Bericht schreibe, könnten
Sie ja bei dem neuen Gemeindehaus vorbeischauen.« Er drückte ihre Schulter
einen Moment lang fester, und ihr Körper wurde schwer vor Dankbarkeit. Sie nahm
ihren Mantel von dem stummen Diener und griff nach ihrer Tasche.
    »Eine gute Idee. Wir sehen uns morgen.«
    Er lächelte ihr zu, und sie erwiderte sein Lächeln und spürte, wie
es sie wärmte, als sie kurz darauf durch die Straßen der Stadt ging.
    —
    Die Hütte war noch
erbärmlicher, als er sie in Erinnerung hatte. Es roch so muffig, dass er sich
fast übergeben musste, als er die Tür aufschloss. Er öffnete alle Fenster,
lüftete die fleckigen Decken und Teppiche, machte die einzige Lampe an, die
funktionierte, und stellte seine wenigen Einkäufe ab. Er hatte im Lebensmittelladen
im Ort eingekauft und sich möglichst

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