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Vergeltung am Degerloch

Vergeltung am Degerloch

Titel: Vergeltung am Degerloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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attraktive Frau.«
    Ich hüstelte.
    »Jedenfalls hat Gabi ihr Geständnis im Beisein eines Psychologen in eine Zeugenaussage umgewandelt. Demnach stieß sie an der Baustelle am U-Bahn-Schacht auf einen leblosen Körper und rastete aus. Sie glaubte, sie habe ihn umgebracht. Erst das Gespräch mit dem Psychologen hat die Erinnerung an die Wahrheit wieder zum Vorschein gebracht. Einen anderen will sie am Tatort nicht wahrgenommen haben. In Anbetracht der besonderen psychischen Situation Gabis wollte die Staatsanwältin sogar auf eine Klage wegen unterlassener Hilfeleistung verzichten.«
    »Was hat denn die Staatsanwältin veranlasst, Gabi das zu glauben?«
    »Letztlich wohl das psychologische Gutachten. Außerdem hat man an Gabis Kleidern keine Blutspuren gefunden, auch keinen Staub von der Baustelle und keine Partikel von dem für den Schlag verwendeten Stein. Gabis Handinnenfläche wies auch nicht die kleinen Hautabschürfungen auf, die der Umgang mit einem schweren Backstein meist hinterlässt.«
    »Warum denn nicht gleich?«
    Krk zog die Schultern hoch.
    »Gabi hat gesehen, wer Uwe erschlagen hat«, behauptete ich. »Sie hat ihn oder sie gedeckt. Noch so ein fataler Irrtum.«
    Krk schlug den Mantelkragen hoch. »Ehrlich gesagt, mir reicht’s. Ich habe keine Lust mehr, mich zu fragen, woher Gabis Mörderin oder Mörder bereits am Samstag gewusst haben konnte, dass Gabi ihr Geständnis widerrufen hat und damit als Zeugin gefährlich werden konnte.«
    »Von Karin Beltz«, sagte ich. »Von Gabis Anwältin. Die war sicherlich dabei. Übrigens auch eine attraktive Frau.«
    Krk lächelte etwas.
    Ich hakte mich bei ihm unter. »Komm. Wir machen einen Besuch.«
    Krk zögerte. Ein trüber Nachmittag wandte sich dem Abend zu. Es waren eigenartig feierliche Leute unterwegs. Leute mit Chiffonkleidern unter Pelzmänteln und schwarzen Anzughosen über Lackschuhen. In den Limousinen, die wie orientierungslos über die Abbiegespuren der Kriegsbergstraße schipperten, saßen ganze Familien, auf den Rücksitzen aufgeregte Kinder mit Rüschenkrägelchen und weißen Hemden, die mit rosigen Händchen winkten und gestikulierten.
    »Sag mal«, fragte ich, »was ist heute eigentlich los?«
    »Es ist Heiligabend.«
    »Ah, darum.«
    Wir bestiegen eines der Taxis vor dem Krankenhaus. Zur Russischen Kirche und beim Gebrauchtwagenhändler hinab in die Traubenstraße waren es nur ein paar Minuten. Die gelblichen Sandsteinhäuser standen still und bürgerlich an den Fußwegen. Kein türkischer Gemüsekram, kein Dritte-Welt-Laden und keine Silberschmiede störte mehr die steinerne Würde der Straße. Ein junges Paar mit Kindern ging um die Ecke zur Oma. Eine kleine Alte trug ihre Tüten und Taschen zu den Kindern.
    Auch Hede – so stand zu befürchten – hatte vermutlich ei ne Mutter, zu der sie gefahren war. Ich klingelte trotzdem. Der Summer summte. Als sie mich und dann Krk das Treppenhaus heraufkommen sah, hätte sie am liebsten die Tür gleich wieder zugemacht.
    »Ich habe keine Zeit. Ich muss zu meiner Mutter.«
    »Ich auch«, sagte ich. »Dürfen wir?« Ich zog den Serviettenbeutel mit Marthas Weihnachtskeksen hervor. »Ich habe dir auch etwas mitgebracht.«
    »Ach Gott.« Hede blickte Krk irritiert an. Sie kannte ihn offensichtlich nicht.
    Er gab sich Mühe, sie nicht so anzusehen, wie er sie hätte ansehen müssen, wenn er auf attraktive Staatsanwältinnen reagierte. Hede trug ein frappierend züchtiges Kostüm von rehbrauner Farbe mit einem gerade eben noch in den Grenzen des Geschmacks bleibenden zarten Pelzbesatz an Revers und Ärmeln.
    »Dein Alibi ist falsch«, eröffnete ich.
    Hede blickte Krk an. In brenzligen Situationen hielt frau sich am besten an Männer. Auch in Beamtenstuben waren Männer stets zugänglicher als die weiblichen Drachen.
    »Welches Alibi, wenn ich fragen darf?«, fragte sie. Ironie war ein gutes Mittel, an die männliche Abneigung gegen weibliches Gezerfe zu appellieren. Hede war sich sicher, dass sie Krks Sympathie gewinnen würde.
    »Du hast behauptet«, erklärte ich, »Sonntagnacht, als Uwe starb, sei Louise bei dir gewesen. Aber da wurde sie gerade umgebracht.«
    »Hör mal, meine Liebe, ich habe jetzt keine Zeit für Räuber und Gendarm.«
    Krk runzelte die Stirn.
    Hede besann sich. »Ich wüsste nicht, was dich das angeht, mit wem ich meine Abende verbringe. Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich diesen Uwe umgebracht habe. Wozu?«
    »Weil er Gabis Freund war.«
    »Dass ich nicht lache.«
    »Würdest

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