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Vergeltung am Degerloch

Vergeltung am Degerloch

Titel: Vergeltung am Degerloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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gesprochen, die er für Abartigkeiten bezahlen konnte.
    »Leider«, sagte Krk mit ehrlichem Augenaufschlag, »hatte ich nie das Vergnügen. Sie soll ziemlich teuer sein.«
    Ich nahm mir vor, Krk über die Eskapaden meinerseits zu belügen, auch wenn lesbisches Petting für Männer selten eine Konkurrenz darstellte. Sie reagierten eher mit Voyeurismus.
    Plötzlich kam es mir: »Silber«, das Wort hatte ich in Uwes Notizbuch gelesen, dem Buch eines Voyeurs. Ich bat Krk nachzuforschen, ob meine Lederjacke, in deren Innentaschen ich Ausweis, Geld und für mein jeweils momentanes Leben wichtige Dokumente bei mir trug, irgendwo aufzutreiben war. Er fand meine Straßenkleider in einem Schrank. Die Jacke war auch dabei. Ich erklärte ihm die Sache mit dem schwarzen Buch.
    Da stand die gesuchte Zeile: »Silber So * 2 Std.«
    »Silberwald«, sagte ich.
    »Sonntag, Datum fehlt«, sagte Krk. »Silberwald zwei Stunden. Aber was bedeutet das Sternchen?« Er grübelte über der Kritzelei. »Laukin ist ein Laden für Unterwäsche in Degerloch.«
    »Ich weiß.«
    ›»Löw‹ könnte Löwenstraße heißen. Befindet sich auch in Degerloch. Dann hieße ›Joh‹ Johannesstraße, ›Eber‹ Eberhardstraße und ›Alb‹ vielleicht Albplatz. Auch wieder Degerloch. ›Palast‹ ist der Name eines Kinos. Und hier, ›Trau 123‹, vielleicht Traubenstraße? Aber was heißt ›Ak‹?«
    »Die dümmsten Bauern und die größten Kartoffeln und so weiter«, sagte ich bissig. Ich grübelte seit Tagen und Krk entschlüsselte das Zeug auf den ersten Blick.
    »Oder die Lebenserfahrung eines Vergesslichen, der sich alles aufschreiben muss«, sagte Krk. »Entscheidend ist nur, dass man sich noch erinnert, was die eigenen Abkürzungen bedeuten. Interessant, dass Uwe anscheinend keine Namen brauchte.«
    »Dann beobachtete er vielleicht nur eine Person«, sagte ich. »Und wir suchen nach einer Frau, die regelmäßig gegen halb sechs mit der Linie sechs am Albplatz ankommt, die vermutlich in der Löwenstraße wohnt, bei Laukin Dessous kauft, sonntags im Silberwald spazieren geht und irgendeine Beziehung zur Traubenstraße 123 hat. Verdammt!«
    »Was ist?«
    »Da wohnt Hede. Beziehungsweise, da wohnte Gabi. Traubenstraße 123.«
    Krk starrte auf die Zeichen. »Schau mal an, die letzte Zei le, da heißt es: ›8.12. Joh 23.00‹. Leider fehlt das Jahr. Aber es sieht so aus, als sei damit nicht das vergangene Jahr gemeint. Uwe hat das erste Datum 8.12. mit dem Zusatz 94 versehen. Also handelt es sich hier in der letzten Zeile wohl um dieses Jahr. Achter Dezember? War das nicht …« Krk stockte.
    »Genau«, sagte ich. »Es war die Nacht, in der er starb.«
    Krk lachte verblüfft. »Ja, wie geht das denn?! Wie konnte Uwe nach seinem Tod noch eine Eintragung machen und das Büchlein nach Hause in seinen Schreibtisch expedieren?«
    Was für eine Panne! Ich suchte fieberhaft nach dem Ausweg. »Hat man eigentlich einen Hausschlüssel bei der Leiche gefunden? Ich erinnere mich nicht, dass du das erwähnt hättest, als wir uns im Tauben Spitz trafen. Da war die Rede von einem Draht, Kaugummi, einer Kinokarte und einem Rasierapparat. Aber vielleicht haben wir uns auch nur vorschnell von diesem Rasierer ablenken lassen.«
    Krk schüttelte nachdenklich den Kopf.
    »Und wenn nun«, sagte ich verzagt, »irgendjemand das Notizbuch mit Hilfe des ebenfalls bei dem Toten gefundenen Hausschlüssels in seinem Schreibtisch deponiert hätte?«
    »Wozu?«
    »Oder der Tote ist gar nicht Uwe«, sagte ich.
    »Die Mutter hat ihren Sohn identifiziert! Sie wird ihn doch kennen. Außerdem, wo wäre dann der echte Uwe?«
    »Vielleicht gibt es zwei von der Sorte. Und der mit dem Notizbuch hat den andern erschlagen und ist jetzt auf der Flucht.«
    Krk legte seine Hand warm und schwer auf meine.»Ich glaube, du solltest eine Runde schlafen. Du phantasierst ja schon.«
     

27
     
    Ich träumte eine wilde Geschichte von einer Vampirin, die einem blonden Burschen die Pickel auszutzelte. Der Junge schlachtete daraufhin Frauen ab. Dann sprengte jemand das Krankenhaus mit Nitroglyzerin in die Luft. Und Lastwagen transportierten die Trümmer auf den Birkenkopf, den Kriegstrümmerberg von Stuttgart, bis das Gipfelkreuz auf die Stadt fiel.
    Sally brachte Schneegeruch und gebrannte Mandeln. Sie schälte sich aus einem Mantel, einer Jacke und einem Pullover und plapperte sofort los. Ungewöhnlich, dass es zu Weihnachten so kalt wurde. Senta machte die Arthrose im Hüftgelenk zu schaffen. Krk hatte

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