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Vergeltung am Degerloch

Vergeltung am Degerloch

Titel: Vergeltung am Degerloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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abgebaut. An der Stiftskirche hielten sich ein paar Besoffene und Ausgestoßene noch aufrecht. Nichts ist so alt wie Lichtergirlanden in Ladenpassagen und die Weihnachtsmänner in Schaufenstern, wenn alles ausverkauft ist und die Familien in den Wohngebieten die Geschenke auspacken.
    »Übrigens«, sagte Krk, »ich habe mich erkundigt. Dieses Notizbuch von Uwe wurde der Mutter zusammen mit den anderen privaten Gegenständen, den Kleidern und der Leiche überstellt. Uwe hatte es also in seiner Todesnacht bei sich.«
    »Fleißig. Du hättest mir wohl gern auch noch den Mörder präsentiert.«
    Krk schmunzelte.
    Durch die Eberhardstraße rollte ein Polizeiwagen. In den Fenstern der Redaktion der Amazone im ersten Stock über dem Juwelier spiegelten sich nur die Lichter der Festbeleuchtung vom Schwabenzentrum gegenüber. Krk war etwas aufgeregt, als wir die Redaktion betraten. Als die Lichter aufflammten, sah er aus wie ein Kind, das an der Hand der Mutter endlich das geschmückte Festzimmer betreten darf.
    »Immerhin«, stellte er fest, »arbeitet ihr auch schon mit Computer.«
    »Genannt: die Pute«, sagte ich und warf das Teil auf Marthas Schreibtisch an. Ein paar Telefonbücher lagen im zuständigen Regalfach, aber die CD-ROM fehlte. (Damals ging man nicht einfach ins Internet, wenn man Telefonnummern suchte.) Ich musste den Brieföffner einsetzen, um in Marthas Schreibtisch zu kommen und die Scheibe zu finden.
    »Karola ist unsere Computerspezialistin«, erläuterte ich dem interessiert schauenden Journalisten. »Sie hat uns, ich weiß nicht, woher, die CD-ROM mit den gesamtdeutschen Telefondaten besorgt. Jetzt geben wir da den Namen Frank Baumann ein – du erinnerst dich, Magdalenas damaliger Freund – und schon haben wir hier tausend Baumanns und hundert Franks. Nein, es sind nur fünf und nur einer in … sieh an: Tübingen. Und nun rufen wir da mal an.«
    Krk sah nicht aus, als werde er anrufen. Ich überließ ihm den Platz am Computer zum Spielen, schwenkte den Arm mit dem Telefon zum Platz gegenüber und ließ es in Tübingen klingeln.
    »Baumann«, meldete sich eine Frau. Im Hintergrund Weihnachtsmusik.
    »Ich bitte vielmals um Entschuldigung, dass ich Sie störe«, sagte ich. »Wäre wohl Ihr Mann einen Moment zu sprechen?«
    »Ich glaube kaum«, sagte sie überraschend schnippisch. »Wer sind Sie denn?«
    »Seine Geliebte«, sagte ich böse.
    Krk blickte auf.
    Es krachte im Hörer. Aber die Weihnachtslieder blieben. Dann hörte ich: »Baumann?«
    »Lisa Nerz«, sagte ich. »Ich recherchiere im Fall Magdale na Titten.«
    Ich hörte ein Ächzen. »Hätte das nicht bis morgen Zeit gehabt? Jahrelang tut sich nichts. Und nun ist es auf einmal so eilig? Habt ihr bei der Polizei endlich eine Spur?«
    »Wir haben vor allem den Täter«, sagte ich. »Falls Sie das tröstet.«
    »Dann ist sie also …«
    »Ich fürchte, ja. Da der mutmaßliche Täter nicht mehr am Leben ist …«
    »Wer ist es denn?«
    »Ihr damaliger Nachbar, Uwe Häberle, jedenfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit.«
    Der Mann schnaufte.
    »Und da er vor zwei Wochen ermordet wurde, wende ich mich an Sie, um das, was wir über den Tathergang wissen, mit Ihnen abzugleichen. Wir gehen davon aus, dass Uwe Ihre Freundin in Ihrer gemeinsamen Wohnung aufgesucht und dort zumindest wehrlos gemacht hat.«
    »Oh nein.« Baumann keuchte. Wahrscheinlich schluchzte er. »Das darf doch nicht wahr sein! Magdalena mochte diesen Uwe. Sie hat sich seiner richtig angenommen. Ich habe ihr immer gesagt, sie soll Geld verlangen für ihren juristischen Beistand, damit die Leute das auch zu schätzen wissen. Aber sie sagte, für sie sei es eine gute Übung. Wissen Sie, diese Alte, diese Frau Häberle – ein egoistisches und dummes Biest, wenn Sie mich fragen – hatte Probleme mit ihrem Arbeitsplatz. Sie kam immer zu spät und dann besoffen und so. Aber Magdalena hat ein paar geharnischte, mit juristischen Fachausdrücken gespickte Briefe an den Arbeitgeber geschrieben. Dann haben die der Alten eine Entziehungskur spendiert. Aber das wissen Sie vermutlich alles. Mein Gott! Wenn ich mir überlege, wie dieser Uwe … Nein, das kann ich nicht glauben. Ich habe immer gedacht, dem sei es noch mehr an die Nieren gegangen als mir, dass Magda plötzlich verschwunden ist. Mein Gott, ermordet! Im Grunde habe ich immer gedacht, sie sei einfach durchgebrannt. Verstehen Sie, wir hatten da ein paar Probleme miteinander. Sie war immer so … Aber was erzähle ich Ihnen

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