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Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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und es ist klar, dass dies heute weder seine erste noch seine letzte Runde ist. Als Dave ihn nach dem Leuchtsignal fragt, sagt er spöttisch grinsend: »Morgens um halb neun, an einem klaren Tag, in Gewässern, in denen ich fische, seit ich ein kleiner Junge war – glauben Sie, dass ich mich da verfahre?«
    »Warum haben Sie dann gegenüber den Ermittlern erklärt, Sie hätten ein Leuchtsignal abgefeuert?«, fragt Dave.
    »Hab ich ja gar nicht«, sagt MacEneany. »Das haben die behauptet.«
    Er wendet sich seinen Getränken zu und sagt: »Ich hatte Probleme mit meiner Lizenz, und sie meinten, das ließe sich klären. Ein paar Pfund Barsche zu viel im Netz und schon giltst du als Schwerverbrecher. Sind Sie jetzt zufrieden? Sind jetzt alle zufrieden?«
    »So viel zum Leuchtsignal«, sagt Mullen, als sie die Bar verlassen.
    »Dass es kein Leuchtsignal war«, beharrt Dave, »beweist aber noch nicht, dass es eine Rakete war.«
    »Nein«, stimmt ihm Mullen zu. »Aber es beweist, dass jemand lügt.«
    »Wenn das alles ist, was Sie haben«, erwidert Dave, »dann ist das nicht genug.«
    »Ich habe noch mehr.«
    Sie fahren nach New London, Connecticut, vorbei an der alten U-Boot-Basis bis zur Schiffswerft. Am Ende des Docks befindet sich ein altes baufälliges Gebäude, es ist an einer Seite offen und mit einem Schild versehen: »Fleming Marine Recovery«.
    Ein schlanker Mann Mitte dreißig kommt in einer khakifarbenen Cargo-Hose, einer roten Flanelljacke und einem Basecap der Boston Red Sox heraus. Er nickt Mullen zu und sagt: »Stan.«
    »Stu, das ist Dave Collins.«
    »Mein Beileid«, sagt Fleming und streckt ihm die Hand hin.
    »Danke.«
    Sie folgen Fleming in das Gebäude, in dem allerhand Taucherausrüstung herumsteht und ein Ding, das nach einem kleinen Ein-Mann-U-Boot aussieht.
    »Stu ist weltweit einer der bekanntesten Tiefwasser-Bergungstechniker«, sagt Mullen. »Er arbeitet für Ölfirmen, Reedereien und die Regierung.«
    Fleming zuckt verlegen mit den Schultern.
    »Würden Sie Collins zeigen, was Sie mir gezeigt haben?«, fragt Mullen.
    Sie gehen in sein kleines Büro am anderen Ende des Gebäudes. Fleming zieht eine Schreibtischschublade auf, nimmt ein paar Fotos heraus und legt sie auf den Tisch.
    Dave betrachtet die Bilder, die aus verschiedenen Perspektiven aufgenommen wurden und ein circa ein Mal anderthalb Meter großes Stück Blech zeigen, in dessen Mitte ein Loch von der Größe eines Baseballs klafft. Es ist das gleiche Stück aus der Verkleidung des Zentraltanks, das Phil und Jameson ihm vorgelegt hatten – nur dass die Metallzacken auf den Fotos nach innen zeigen, nicht nach außen.
    »Ich bin dreizehn Mal an der Absturzstelle getaucht«, erklärt Fleming. »Beim elften Tauchgang hab ich das hier gefunden. Ich weiß nicht warum, aber ich hab Fotos gemacht, bevor ich das Teil dem NTSB übergeben hab. Das ist ein Stück vom Zentraltank. Jedenfalls waren sie schwer begeistert, dass ich es gefunden habe.«
    Die Oberflächen auf der Innenseite und auf der Außenseite des Metalls unterscheiden sich ganz deutlich voneinander, und Dave kann die nach innen gebogenen Zacken klar erkennen. Der Zentraltank ist nicht von innen heraus explodiert.
    Es wurde von außen darauf geschossen.
    »Haben Sie den Bericht des NTSB da?«, fragt Mullen Fleming.
    »Klar.«
    Er zieht einen dicken Bericht heraus, und Mullen blättert darin, bis er die Fotos des Teils gefunden hat. Auf diesen Bildern sind die Zacken nach außen gebogen – so wie Dave sie gesehen hatte, als Jameson und Phil ihm das Teil zeigten.
    »Das wurde manipuliert«, sagt Dave und spürt glühend heiße Wut in sich aufsteigen. Dieses entscheidende Beweisstück wurde so verändert, dass es zu der Version vom kurzschlussbedingten Funken passt.
    »Weiß das NTSB, dass Sie diese Bilder haben?«, fragt Dave.
    Fleming schüttelt den Kopf. »Wenn die das wüssten, hätten sie sie einkassiert. Ich musste eine Vertraulichkeitserklärung unterschreiben, aber … ist mir scheißegal.«
    »Die können Sie beruflich fertigmachen«, warnt ihn Mullen.
    »Scheiß drauf«, erwidert Fleming. Er übergibt Dave die Fotos und sagt: »Die gehören Ihnen, wenn Sie wollen.«
    Dave will.
    Auf der Rückfahrt nach New York, fragt Mullen: »Halten Sie mich immer noch für einen Knallkopf?«
    »Warum machen Sie das?«, fragt Dave. »Was haben Sie davon? Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber Sie haben doch gar kein Pferd in diesem Rennen.«
    Mullen wechselt über vier Fahrstreifen auf

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