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Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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durchgehen.
    »Das ist eine Brücke zu weit«, sagt Willem.
    Dave weiß, dass er die Operation Market Garden während des Zweiten Weltkriegs meint, den verhängnisvollen britischen Luftlandeangriff auf drei niederländische Brücken – Eindhoven, Nijmegen und Arnheim.
    Arnheim, die dritte Brücke, war eine Brücke zu weit.
    8000 Briten fielen.
    Willem Dykstra kennt sich in Geschichte aus – seine ehemalige Einheit, das Korps Mariniers, wurde 1665 gegründet.
    Es war die letzte Einheit, die sich den Nazis ergab, und der deutsche Kommandant sprach von ihnen als den »schwarzen Teufeln«. Willem war nicht nur holländischer Marineinfanterist und verdiente sich das begehrte dunkelblaue Barett, sondern auch Mitglied der dazugehörigen Elite-Anti-Terroreinheit, der UIM, der Unit Interventie Mariniers .
    Willem ist einssechsundachtzig, blond, blauäugig und Scharfschütze.
    Jetzt sagt er: »Tut mir leid, Collins, aber durch Flug 211 wurden bereits genug Kinder zu Waisen, ich will nicht, dass meine Töchter dazugehören.«
    »So weit kommt es nicht, wenn wir unseren Job richtig machen«, wendet Dave ein. »Ich würde kein Selbstmordkommando losschicken.«
    Er sieht einen schmächtigen jungen Mann am Ende der Reihe bei dem Begriff »Selbstmordkommando« zusammenzucken. Olivenhaut, schwarzes Haar, schwarzer Bart – das muss Amir sein, aber er trägt nichts, das auf seine ehemalige Einheit oder seine Staatszugehörigkeit schließen ließe.
    Rolf, der ehemalige Selous Scout, fragt: »Seit wann seid ihr solche Weicheier? Ich dachte, ihr Israelis kriegt alles hin. Ihr geht doch über Wasser, oder etwa nicht?«
    »Ich war im Libanon und in Gaza«, erwidert Lev. »Ich weiß es besser.«
    Amir schenkt ihm einen bösen Blick.
    Simon Norris trägt ein T-Shirt mit dem Slogan »Die beste medizinische Versorgung auf dem Schlachtfeld ist überlegene Feuerkraft«. Der ehemalige SAS-Sanitäter kennt sich aus in der Terrorbekämpfung. Er fing in Nordirland an und machte in Afghanistan weiter.
    »Eine Operation – vielleicht«, sagte er. »Zwei – da wird’s schon schwierig, aber nicht unmöglich. Drei direkt hintereinander – das bringt Unglück.«
    »Scheiß auf Glück oder Unglück«, sagt Cody. »Die haben hunderte von Amerikanern getötet – ich bin auf jeden Fall dabei.«
    Der Franzose Michel und der Palästinenser Amir sind bislang die einzigen, die sich noch nicht geäußert haben.
    Dave sieht Michel an.
    »Wie stehst du zu der Sache?«
    Michel Diallo wurde als Sohn senegalesischer Eltern in Paris geboren. Sein Großvater kämpfte bei den Tirailleurs Sénégalais gegen die Deutschen und wurde 1941 von den Nazis hingerichtet, weil er Afrikaner war. Michels Vater überlebte den Krieg und trat der französischen Marine bei. Michel folgte in seine Fußstapfen, ging aber noch einen gigantischen Schritt weiter Richtung Elitekommando und schaffte es bis zu den bérets verts .
    Er sagt schlicht: »Ich stehe an der Seite von Colonel Donovan.«
    Dave wendet sich an Amir: »Was ist mit dir?«
    Amir sieht Dave unverwandt an und sagt: »Hast du noch nicht genug Muslime abgeknallt?«
    »Ich will keine Muslime abknallen«, sagt Dave. »Ich will Terroristen töten. Ich will, dass sie spüren, wie es ist, auf der anderen Seite des Terrors zu stehen. Ich will sie in Chaos stürzen. Und ich bitte euch, mir dabei zu helfen.«
    »Wir stimmen ab«, sagt Donovan.
    Sie haben ein eigenes Verfahren dafür entwickelt.
    Schwarze und weiße Murmeln werden in einen Helm geworfen.
    Schwarz bedeutet nein, weiß ja.
    Dave sieht die Männer einen nach dem anderen vortreten und eine Murmel in den Helm legen.
    Alles Bisherige, alles noch Kommende, hängt von diesem Moment ab.
    Donovan nimmt die Murmeln einzeln aus dem Helm.
    Eine weiße.
    Eine schwarze.
    Noch eine weiße und noch eine weiße.
    Dave beginnt zu glauben, dass er es geschafft haben könnte. Aber anscheinend hat Ulrich es sich anders überlegt oder Simon …
    Eine schwarze.
    Noch eine schwarze.
    Eine weiße.
    Eine schwarze.
    Unentschieden.
    Donovan sieht ihn an und greift nach der letzten Murmel.
    Collins ließ sich am Flughafen in Newark nicht blicken.
    Aber hast du im Ernst geglaubt, dass er’s tut, fragt sich Wendelin.
    Dafür ist er zu gut.
    Erst wurde Collins’ Handy bei einem Highschool-Schüler in Rockville sichergestellt, nachdem dieser alle Freunde aus seinem Austauschjahr angerufen und damit eine Riesenhandyrechnung fabriziert hatte, und dann hatte Collins sie umsonst nach Newark

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