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Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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merke, wenn du mich anlügst, und solltest du’s versuchen, stehe ich auf und gehe. Man sagt, den Schuss, der einen tötet, hört man nicht, aber so genau weiß das niemand, stimmt’s?«
    Es dauert lange. Zuffeirs Hand zittert, als er die Seiten umblättert. Dann hält er inne und zeigt auf ein Foto.
    »Dieser Mann.«
    Amir prägt ihn sich ein.
    »Bist du sicher?«, fragt Miriam.
    Zuffeir nickt.
    »Ich will seinen Namen«, sagt Miriam.
    »Den kenne ich nicht.«
    Sie erhebt sich vom Stuhl.
    »Ich kenne ihn nur als ›Saif‹!«
    »Ist das sein Kampfname?« Miriam setzt sich wieder.
    »Ja, ich glaube, ja.«
    »Saudi?«, fragt Miriam. »Aus dem Jemen? Pakistan? Oder wie du aus Ägypten?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Du weißt es, du hast mit ihm gesprochen«, beharrt Miriam. »Hat er dasselbe Arabisch gesprochen wie du?«
    Zuffeir lässt das Kinn auf die Brust sinken. »Dasselbe.«
    »Danke«, sagt Miriam. »Blätter weiter.«
    »Ich habe nur einen getroffen«, sagt Zuffeir. »Saif.«
    »Und Saif arbeitet für Aziz, richtig?«
    »Das hat er nicht gesagt.«
    »Aber du bist davon ausgegangen.«
    Zuffeir nickt.
    »Blätter weiter«, sagt Miriam, »und sag mir, wen du sonst erkennst, gesehen oder gesprochen hast.«
    Er blättert den Rest des Ordners durch, findet aber niemanden mehr. Amir nimmt ihm die Fotos aus den Händen und presst ihm den Pistolenlauf ins Genick.
    »Soll ich ihn töten?«, fragt er.
    Zuffeir sitzt stocksteif und kerzengerade. Seine Hand klammert sich seitlich an den Hocker, und er beginnt zu beten.
    »Nein«, sagt Miriam. »Wir sind nicht wie die.«
    Dann sagt sie zu Zuffeir: »Erzähle niemandem von heute Abend. Du bist auf dem Heimweg einem verirrten jungen Mann begegnet, hast mit ihm gesprochen, ihm gute Ratschläge gegeben. Du weißt, was passiert, wenn du über den heutigen Abend sprichst.«
    Sie ziehen ihm erneut den Sack über den Kopf, bringen ihn hinaus zum Transporter und fahren ihn in sein Viertel.
    »Imam«, sagt Amir, »wenn sich herausstellt, dass du uns angelogen hast, kommen wir wieder und töten dich. Ganz langsam.«
    Er macht die Tür auf, zieht Zuffeir den Sack vom Kopf und stößt ihn auf die Straße.
    Amir hatte Zuffeir während des Verhörs heimlich das Handy abgenommen, sämtliche Informationen von der SIM-Karte kopiert, einen GPS-Chip eingebaut und es ihm unbemerkt wieder in die Manteltasche gesteckt.
    Lev überwacht ihn bereits.
    Dave betrachtet das runde Gesicht, den schwarzen Bart und die braunen Augen des Mannes auf der Videowand.
    »Zuffeir hat ihn als Täter benannt.« Miriams Gesicht wird per Skype übertragen und taucht in einem Fenster in der rechten oberen Ecke auf. Sie führt aus: »Ibrahim Hannawi, alias Ibrahim abu Masif. Ägypter. Mitglied der Muslimbrüder. Hat in Afghanistan gekämpft, danach für al-Qaida in Mesopotamien. Vor achtzehn Monaten wurde er bei einem Drohnenangriff in Waziristan getötet.«
    »Zuffeir hat uns den Namen eines Toten verkauft«, sagt Dave.
    »Dieses gerissene Stück Scheiße«, sagt Donovan.
    Jetzt, denkt Dave, müssen wir hoffen, dass er bei den Lebenden Zuflucht sucht.
    Zuffeirs Handy wird rund um die Uhr überwacht. Die Daten auf der SIM-Karte wurden ausnahmslos ausgewertet undüberprüft, und nur zwei Nummern konnten nicht auf unverdächtige, in Brooklyn gemeldete Personen zurückgeführt werden.
    Eine aus Montreal.
    Eine andere aus Genf.
    »Wir sind auf Sendung«, sagt Cody.
    »Amir, schalte dich ein.«
    »Bin eingeschaltet.«
    »Ist eine 514-Vorwahl.«
    Montreal.
    Amir übersetzt.
    » Du hättest diese Nummer nicht wählen dürfen. «
    » Ich brauche Hilfe. Ich muss raus .«
    Langes Schweigen.
    Leg bloß nicht auf, denkt Dave. Bitte leg nicht auf.
    Dann …
    » Wir melden uns bei dir .«
    Dave lässt sich nicht ablösen, trinkt circa ein Dutzend Becher schlechten Kaffee, bleibt im Besprechungsraum sitzen und starrt das Telefon-Abhörgerät an.
    Warten.
    Endlose Stunden.
    Wenn der Kontaktmann in Montreal nicht weiter auf Zuffeirs Anruf reagiert, ist die Spur kalt.
    Fang schon an zu blinken, sagt Dave.
    Verdammt noch mal, blink doch endlich.
    Das GPS in Zuffeirs Handy zeigt an, dass er sich nicht bewegt. Er ist immer noch in Brooklyn. Zu Hause. Jedenfalls ist sein Handy dort.
    Dave hängt sich ans Telefon.
    Ulrich, der nur eine Straßenecke von Zuffeirs Haus entfernt in einem Wagen sitzt, meldet sich. »Er hat sich nicht gerührt. Ich ruf dich an, wenn er’s tut.«
    »Okay.«
    »Ende.«
    Du hast leicht reden, denkt Dave. Er geht

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