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Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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Hisbollah.
    Dann reiste Lev nach Syrien, um im »Dreck zu wühlen«.
    Als Soldat der syrischen Armee verkleidet, holte er mit elf weiteren Kameraden Bodenproben aus einer verdächtigen Atomanlage. Wochen später fuhr er mit einem Team erneut hin und markierte die Anlage für den Beschuss durch F-51 Kampfjets mit ihren lasergesteuerten Raketen, die die Anlage wenig später zerstörten.
    Anschließend widmete er sich »vertraulichen Aufgaben«, mehr oder weniger genau das, was jetzt der Amerikaner von ihm verlangt. Er machte Jagd auf Terroristen – die Hisbollah, die Hamas, die Qassam-Brigaden – und tötete sie.
    Normalerweise jagen wir sie, bevor sie zum Zug kommen und uns angreifen, denkt er jetzt.
    Präventivschläge.
    Seine Mission war einfach: Finde den Feind, töte ihn, rette Israelis das Leben.
    Arbeite mit dem Skalpell, nicht mit dem Hammer – verwende niemals eine Bombe, wenn dir eine Pistole zur Verfügung steht, niemals eine Pistole, wenn auch ein Messer seinen Zweck erfüllt, niemals ein Messer, wenn du mit den Händen töten kannst.
    Er konnte nicht behaupten, dass er den Job liebte – nur ein Soziopath liebt das Töten –, aber seine Aufgabe gefiel ihm.
    Sein Volk beschützen.
    Wer zur Einheit gehörte, blieb fünf Jahre im aktiven Dienst, ging anschließend in Reserve.
    Lev fühlte sich verloren.
    Als ihn Donovan aufspürte, sagte er begierig zu.
    Und jetzt will dieser Amerikaner, dass ich wieder Terroristen jage, denkt Lev. Amerikaner glauben, sie kennen sich aus in der Welt, aber das tun sie nicht. Seit 9/11 mussten sie schmerzhafte und kostspielige Lektionen in Kauf nehmen, aber die Lernkurve der Israelis verläuft ungleich steiler.
    Lev hofft, dass dieser Amerikaner schneller lernt.
    Dave geht zurück in seine Unterkunft und spült. Die Container verfügen über Toiletten, Waschbecken und solarbeheizte Duschen.
    Diese Welt ist ein einziger Wahnsinn, denkt er.
    Dann denkt er an Gott.
    Das Auge, das sich niemals schließt.
    Was ist passiert in der Sekunde bevor die Rakete das Flugzeug traf?
    Wo warst du, Gott?
    Du hast die Augen geschlossen.
    Mir wird das nicht passieren.


    Abdullah Aziz starrt Dave an.
    Sein Bild füllt die »Videowand«, den LCD-Bildschirm, der von der Decke bis zum Boden reicht und die Kommandozentrale beherrscht, einen unterirdischen Bunker, der mit Erde und Tarnnetzen bedeckt ist.
    Bücherregale mit technischer Fachliteratur und Aktenordnern befinden sich am einen Ende, eine kleine Küche am anderen. Die Mitglieder des Teams sitzen mit Laptops an Tischen, trinken Kaffee oder Tee, unterhalten sich beiläufig miteinander.
    Der Raum glüht in sanftgrünem Licht.
    Donovan zeigt auf das Bild an der Wand.
    »Darf ich vorstellen: Zielperson eins. Wir dürfen nie vergessen, dass es vornehmlich darum geht, diesen Mann zu töten. Wobei«, er wechselt zu einem anderen Bild von Aziz und fährt fort, »sich das Vögelchen ziemlich tief in der Hecke versteckt. Wie treibt man es heraus? Man erschießt die Vögel drum herum – und scheucht es auf. Also fangen wir mit den Männern an, die abgedrückt haben, mit den Schützen.«
    So haben wir das damals bei der Task Force 145 auch gemacht, denkt Dave. Zuerst die Vorposten, um die Männer im Zentrum nervös zu machen, so dass sie aus ihren Verstecken gerannt kommen.
    Raus ins Licht, wo wir sie sehen, wo sie angreifbar sind.
    »Wir wissen, dass es mindestens zwei gewesen sein müssen«, sagt Donovan. Zur Not kann eine Ein-Mann-Boden-Luft-Rakete zwar auch von einem einzigen Mann abgefeuert werden, aber bei einem so wichtigen Ziel wie einem Linienflugzeug waren es wahrscheinlich zwei – einer lädt und zielt, der andere hält das Rohr und drückt ab.
    Auch müssen sie einem bestimmten Profil entsprechen – erfahrene Kämpfer aus dem inneren Kreis um Aziz, vertraut im Umgang mit Waffen. Wahrscheinlich haben sie entweder in Afghanistan oder im Irak, möglicherweise auch in beiden Kriegen gekämpft.
    Das sind die groben Eckdaten, mit denen wir arbeiten können, denkt Dave – dazu kommen die alten Task-Force-145-Akten, außerdem Miriams Netzwerk.
    »Die NSA überwacht diese Tango-Adams – diese terroristischen Arschlöcher«, sagt Donovan. »Sie stehen unter ständiger Überwachung, und wir haben die Kommunikationswege der NSA, des Ministeriums für innere Sicherheit und des Special Operations Trainings Center angezapft. Sofern es elektronisch übermittelte Informationen über diese Männer gibt – über Telefon, Internetverbindungen oder

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