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Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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im Irak, in Somalia. Als Dschihadist nennt er sich ›Saif‹. Zuffeir hatte Angst und hat uns seinen Tarnnamen genannt, dann hat er es sich anders überlegt und ist auf einen anderen umgeschwenkt. Amriki und Saif sind rafiqui. «
    Dave kennt das Wort aus Somalia. »Das heißt ›Freunde‹.«
    »Ja«, erwidert Miriam, »aber mehr als das. In Dschihadistenkreisen bedeutet es auch ›Kamerad‹. Die beiden sind islamistische Krieger, die geschworen haben, gemeinsam zu kämpfen und zu sterben.«
    »Mal sehen, ob wir ihnen dabei behilflich sein können«, sagt Dave.
    Wenn Amriki einer der Schützen war, dann war Saif mit ziemlicher Sicherheit der andere.
    Aber wir wissen nicht, ob sie beide im Haus sind, denkt Dave, oder nur Amriki. Oder wie viele Menschen sich überhaupt in dem Gebäude aufhalten und ob sie bewaffnet sind. Wenn wir reingehen und es zu einer Schießerei kommt, ist fraglich, ob wir das Spiel gewinnen. Und selbst wenn, wissen wir nicht, ob wir wieder rauskommen.
    Aber wenn wir nicht reingehen, verlieren wir Amriki möglicherweise endgültig.
    Und damit auch die Chance, Saif zu finden.
    Ist das ein Fall von jetzt oder nie?
    »Lass uns reingehen«, sagt Lev leise in das Mikro unter seinem Hemdkragen. Er steht auf der Straße gegenüber der Hausnummer 144. Er hat eine IMI Desert Eagle Mark XIX Kaliber 50 unter dem Jackett – die standardmäßige Seitenwaffe der Israelis.
    »Seh ich genauso«, sagt Michel. »Wir gehen zu zweit rein, erschießen ihn, dreißig Sekunden später sind wir wieder draußen.«
    Die Fluchtwege sind vorbereitet.
    Cody und Simon stehen bereit, können vorfahren und Lev und Michel aus Marseille schleusen. Die anderen nehmen die Metro, fahren zu verschiedenen Bahnhöfen und sind wenige Stunden später in Italien oder Spanien.
    »Wir wissen nicht, ob sie beide drin sind«, gibt Dave zu bedenken.
    »Es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden«, sagt Lev.
    »Wenn wir Amriki töten, verlieren wir Saif.«
    »Aber vielleicht ist das hier die letzte Chance, ihn zu erwischen.«
    »Und wenn es Zivilopfer gibt?«, fragt Dave.
    Lev hält nicht dagegen, dass beim Absturz von Flug 211 auch Frauen und Kinder starben. Das weiß Collins nur zu gut.
    »Du musst dich entscheiden, Dave«, sagt Donovan. »Willst du einen Einzeltreffer jetzt oder willst du warten, bis wir doppelten Zugriff haben.«
    Dave denkt nach.
    Amriki wähnt sich in Sicherheit. Er glaubt, mit Zuffeir sei er auch dessen Anhang losgeworden.
    »Wir warten«, sagt Dave.
    »Gefechtsbereitschaft aufheben«, befiehlt Donovan. »Überwachungsmodus.«
    Dave wartet.
    Viel mehr gibt es nicht zu tun, als rumsitzen und immer wieder über die eigene Entscheidung nachdenken.
    Hab ich’s versaut?, fragt er sich. Hab ich die anderen im Stich gelassen? Was wäre gewesen, hätte der verantwortliche Kommandant damals den Rückzug befohlen, als die Chancen fünfzig-fünfzig standen, dass sich Osama in dem Haus aufhält? Als der Helikopter abgestürzt ist?
    Hör auf damit, sagt er sich. Seit wann bist du so ein Weichei? Du hast deine Entscheidung getroffen – es war die richtige Entscheidung – jetzt musst du damit leben.
    Dann hört er Lev sagen: »Tango eins kommt raus.«
    »Alleine?«, fragt Dave.
    »Solo.«
    »Bleib dran«, befiehlt Donovan.
    Amriki tritt auf die Straße und winkt ein Taxi heran.
    Lev folgt ihm zum Aéroport Marseille Provence und beobachtet, wie er sich am Check-in-Schalter der Air France anstellt.
    Schwarz uniformierte französische Polizisten patroullieren mit Maschinenpistolen vor der Brust.
    Die Air France fliegt von Marseille aus überallhin.
    Lev stellt sich hinter Amriki in die Schlange.
    Nah genug um mitzuhören, wohin die Reise geht.
    »Nairobi«, sagt Cody. »Wo ist das denn?«
    »Kenia«, erwidert Dave.
    Er sieht Donovan an, und beide grinsen.
    Zum ersten Mal haben Aziz’ Leute einen schwerwiegenden Fehler gemacht.
    Die Vögelchen sind aufgeflattert.


    Captain Palmer platzt in Wendelins Büro.
    Wendelin blickt vom Schreibtisch auf und stellt die Frage, die er allen nervlich überlasteten Untergebenen stellt: »Ist die Republik in Gefahr?«
    »Nein, Sir«, erwidert Palmer.
    »Dann haben wir ja zum Glück keine echten Probleme«, sagt Wendelin. »Was gibt’s?«
    Palmer erzählt ihm vom Mord an Zuffeir.
    »Was Neues über Collins?«
    Palmer verneint.
    Die Fahndung nach dem ehemaligen Delta Operator verlief ausgesprochen unproduktiv. Als er Fleming, dem Taucher, mit der Stornierung sämtlicher Regierungsaufträge

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