Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Botox wird aus Botulinumtoxin gewonnen«, sagt Dave.
»Haben wir das nicht im Irak gesucht?«, fragt Donovan.
»Damals ist eine ganze Menge davon verschwunden. Das ist jetzt irgendwo da draußen«, sagt Dave.
Oh Gott. Aziz plant einen Anschlag – mit der giftigsten biochemischen Substanz überhaupt.
»Wissen wir, ob’s zum Geschäftsabschluss mit Steiner kam?«
»Anscheinend hat er einen Rückzieher gemacht.«
»Wie kommen wir an sie ran?«, fragt Dave.
»Es gibt einen libanesischen Waffenhändler, mit dem ich in Verhandlungen stehe«, erwidert Miriam. »George Malouf. Der macht mit jedem Geschäfte. Während des ersten Golfkriegs hat er den Iranern Panzer vermittelt und ein Vermögen damit verdient, anschließend hat er panzerbrechende Granaten an die Irakis vertickt.«
»Würde er auch Biotoxine vermitteln?«
»George würde die Pest vermitteln, wenn sich damit genug Geld verdienen ließe«, erwidert Miriam. »Soll ich ihn ansprechen?«
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»Was werfen Sie mir vor?«, fragt Williams.
Wendelin sieht ihn über den Tisch hinweg an. Sie sitzen im Büro des stellvertretenden Bezirksstaatsanwalts des New Yorker Eastern District.
»Nichts«, sagt Wendelin. »Ich setze Sie nur darüber in Kenntnis, dass wir dem Bezirksstaatsanwalt dringend raten werden, gegen Ihre Firma wegen Verdachts der Geldwäsche im Dienst terroristischer Organisationen zu ermitteln.«
Williams lacht. »Dave Collins ist Terrorist?«
»Wir haben Grund zu der Annahme, dass Collins als Anführer einer militanten anti-muslimischen Gruppe agiert«, sagt Wendelin, »und möglicherweise für den Mord an zwei amerikanischen Staatsbürgern verantwortlich ist. Damit gilt er als Terrorist. Wenn Sie in seinem Auftrag Geld waschen, gilt dasselbe für Sie. Unter Umständen waren auch Sie in die Morde verwickelt. Wenn die französischen oder kenianischen Behörden Ihre Auslieferung verlangen, zeigen wir uns kooperationsbereit.«
»Dann viel Spaß beim Versuch, mir diesen Blödsinn nachzuweisen«, sagt Williams.
»Wie viele Investoren«, fragt Wendelin, »werden ihr Geld einem Mann anvertrauen, dessen Bild auf der Titelseite des Wall Street Journal unter der Überschrift ›Terroristen-Banker‹ erschienen ist. Kann schon sein, dass Sie freigesprochen werden, aber bis es so weit kommt, ist Ihr Ruf ruiniert, Ihre Firma pleite und dank der Anwaltskosten sind Sie auch privat völlig bankrott …«
»Verdammt noch mal, ihr seid doch meine Regierung.«
»… es sei denn«, sagt Wendelin, »Sie geben uns Collins’ Kontodaten und treten als Zeuge auf, nicht als Angeklagter.«
»Ich habe für dieses Land gekämpft«, sagt Williams. »Genauso wie Collins.«
»Das ist mir bewusst.«
»Ich habe Familie«, sagt Williams, »schulpflichtige Kinder …«
»Auch das ist mir bewusst.«
Williams steht auf. »Dave Collins hat mir das Leben gerettet!«
»Dann können Sie sich jetzt ja vielleicht revanchieren«, sagt Wendelin. »Wenn Collins so weitermacht, geht er dabei drauf.«
»Und was ist die Alternative?«, fragt Williams. »Dass ihr ihn für den Rest seines Lebens in den Knast steckt?«
»Denken Sie über mein Angebot nach«, sagt Wendelin. »Aber lassen Sie sich nicht zu viel Zeit. Wenn ich Collins ohne Ihre Hilfe zu fassen kriege, ist der Zug abgefahren. Und Sie wollen doch nicht alleine auf dem Bahnsteig zurückbleiben, oder?«
Williams steht auf und geht.
Das Letzte, was ihm in die Augen fällt, ist die amerikanische Flagge.
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Sie treffen sich in einem Straßencafé in Madrid.
Georges Malouf reist nicht an kalte Orte.
Malouf gehört zu der Sorte Multimillionär, die aussieht, als könnte sie sich nicht das Schwarze unterm Fingernagel leisten. Er trägt eine ausgeleierte graue Sportjacke, die mindestens fünfzehn Jahre alt ist, dazu eine dunkelgrüne Cordhose und ausgetretene braune Schuhe. Auf dem kahlen Schädel sitzt ein verblichener grauer Fedora, und sein Gesicht ziert ein altmodischer, ebenfalls grauer, aber tabakgelb verfleckter Oberlippenbart.
Er bestellt eine Portion dünn geschnittenen Serranoschinken, Zamorano-Käse, gefüllte Oliven und dazu ein Glas Amontillado Sherry.
»Ich trinke jeden Tag einen Amontillado«, sagt er. »Gut fürs Herz.«
Er hebt sein Glas.
Dave erwidert mit seinem Brandy, Amir mit Wasser.
»Miriam sagt, Sie haben etwas Interessantes für mich«, sagt Malouf und kaut seinen Schinken.
»Vorausgesetzt, Sie interessieren sich fürs Geldverdienen«, sagt Amir.
»Wer interessiert sich nicht dafür?«, sagt
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