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Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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Malouf. »Alle tun das. Aber vielleicht könnten Sie’s etwas genauer ausführen.«
    »BoNT«, sagt Dave.
    Malouf nimmt einen Schluck Sherry. »Entschuldigen Sie meine Ausdrucksweise, aber das ist Bullshit. Wissen Sie, wie oft ich das schon gehört habe? War nie was dran.«
    »Diesmal schon«, sagt Amir.
    »Nur mal so zum Spaß«, sagt Malouf schulterzuckend. »Wie viel haben Sie?«
    »Ein halbes Kilo«, sagt Dave.
    »Und woher?« Malouf steckt sich eine Olive in den Mund. Er gibt sich gelassen, aber Dave sieht die Anspannung in seinem Blick.
    »Geht Sie nichts an«, erwidert Amir.
    »Wenn ich nicht weiß, woher das Produkt kommt«, sagt Malouf, »nehme ich es nicht ins Sortiment. Nur so wird man in meiner Branche über siebzig Jahre alt.«
    »Ich war im Irak«, sagt Dave. »Special Forces. Wir haben Saddams Labore geräumt. Ich hab die Gelegenheit beim Schopf gepackt.«
    »Im Irak? Das ist Jahre her«, sagt Malouf. »Warum kommen Sie erst jetzt?«
    »Jetzt bin ich nicht mehr im aktiven Dienst«, sagt Dave.
    Malouf nimmt einen Bissen Käse und schiebt sein Kinn Richtung Amir. »Und wer ist der junge Mann?«
    »Wir haben uns in Bagdad kennengelernt«, sagt Dave. »Für Geschäfte in Nahost braucht man einen Araber.«
    »Oder einen Libanesen«, sagt Malouf. »Ich müsste die Ware natürlich erst mal sehen.«
    »Nein«, sagt Dave.
    »Nein?«
    »Der Käufer sieht die Ware, wenn er das Geld mitbringt«, sagt Dave.
    »Sie vertrauen mir nicht«, sagt Malouf traurig.
    »Nur so wird man in meiner Branche über vierzig«, erwidert Dave.
    »Dann kommen wir nicht ins Geschäft«, sagt Malouf.
    »Dann eben nicht«, sagt Dave. Er steht auf und gibt dem Kellner ein Zeichen, dass er bezahlen möchte.
    »Setzen Sie sich«, sagt Malouf. »Hat Ihr Araber Ihnen nicht beigebracht, dass man im Nahen Osten handelt? Aus›nein‹ wird ›vielleicht‹, aus ›vielleicht‹ wird ›ja‹. Deshalb steckt ihr Amerikaner ständig in Schwierigkeiten. Ihr seht immer alles nur schwarz-weiß.«
    Dave setzt sich wieder.
    »Wenn ich eine Ware vertreiben soll, ohne sie gesehen zu haben«, sagt Malouf, »muss ich eine höhere Provision verlangen.«
    »Die können Sie dem Käufer berechnen«, sagt Dave.
    »Mein lieber Junge«, sagt Malouf. »Ich berechne sie dem Käufer und dem Verkäufer.«
    »Wieviel?«
    »Zwölf Prozent.«
    »Anscheinend verwechseln Sie mich mit Ihrem schwachsinnigen Vetter«, sagt Dave. »Mit dem Idioten, der bei Familienfesten immer in der Ecke sitzt und die Katze streichelt.«
    »Allmählich laufen Sie warm«, sagt Malouf. »Na schön, zehneinhalb.«
    »Fünf.«
    »Für fünf können Sie’s auf dem Suk verscherbeln, an einem Stand mit Raubpressungen und gefälschten Nikes«, sagt Malouf. »So kommt man nicht zu George Malouf. Gehen Sie – wenn Sie so knapp bei Kasse sind, lade ich Sie zum Essen ein. Ich wünschte nur, Miriam hätte mir gleich gesagt, dass Sie’s nicht ernst meinen.«
    »Einen schönen Tag noch, Mr Malouf.«
    »Neun.«
    »Acht.«
    »Sagen wir achteinhalb«, sagt Malouf, »und bleiben noch ein bisschen hier sitzen und schauen uns die Ärsche der Frauen an. Was einem alten Mann so Spaß macht.«
    »Einverstanden.«
    »Einer der Gründe, weshalb mir Spanien gut gefällt: DieFrauen tragen hier immer noch Kleider«, sagt Malouf. »Sind Sie wählerisch, was den Käufer betrifft?«
    »Nein«, sagt Dave.
    Malouf sieht Amir an.
    »Keine Juden«, sagt Amir.
    »Mein lieber Junge«, erwidert Malouf. »Wenn Sie glauben, dass Saddams Vermächtnis nicht zumindest teilweise auch in Tel Aviv gelandet ist, dann kennen Sie den Schin Bet aber schlecht. Also schön, wie kontaktiere ich Sie?«
    »Über Miriam.«
    »Über Miriam«, wiederholt Malouf. Er nimmt sich einen Augenblick Zeit, um eine schwarzhaarige Frau zu bewundern, die an seinem Tisch vorbeigeht, dann seufzt er. »Gehen Sie nur. Lassen Sie einen alten Mann in Ruhe die Sonne genießen und in Erinnerungen schwelgen!«
    Dave und Amir stehen auf.
    Von der anderen Straßenseite aus sieht Dave ihn dort sitzen, das Gesicht der Sonne zugeneigt, als hätte er nicht gerade einen Deal abgeschlossen, der tausende von Menschen das Leben kosten könnte.


    Aziz beobachtet die Jungen im Jardin du Luxembourg, die ihre Spielzeugboote über den großen Teich vor dem Schloss schicken.
    Eine leichte Brise schiebt sie übers Wasser, die bunten Segel erinnern an die Wimpel angreifender Kavallerie. Andere – mit hochkonzentrierten Gesichtern, wie nur spielende Kinder sie haben –

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