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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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dieser kleinen, dicht bevölkerten Insel, wo die meisten Leute sich nur allzu gut an sein Aussehen erinnerten, ein neues Leben zu beginnen. Er würde also auch mindestens eine neue Identität vorbereitet haben. Tony nahm sich vor, Ambrose zu sagen, dass er alle Flughäfen anweisen sollte, besonders nach jemandem mit einer Armprothese Ausschau zu halten. Mit der ganzen Elektronik in seiner hochmodernen Prothese würden die Metalldetektoren verrückt spielen. Vance war vor dem 11. September 2001 ins Gefängnis gekommen; er hatte keine Erfahrung mit den heutigen Sicherheitsvorkehrungen, und das könnte seine Achillesferse sein.
    Aber wenn er das durchdacht hatte, würde er die Insel mit einer Fähre verlassen. Und der Norden war die nicht so naheliegende Fährenroute aus dem Land heraus. Er konnte von Hull nach Holland oder Belgien fahren, er konnte von Holyhead oder Fishguard nach Irland und von dort nach Frankreich oder Spanien gelangen. Wenn er erst einmal das europäische Festland erreicht hatte, war er über alle Berge.
    Oder er hatte vielleicht eine zweite Prothese ohne Metallteile. Etwas, das so gut aussah, dass er bei einer oberflächlichen Kontrolle damit durchkommen konnte. Tony stöhnte. Es gab so viele Möglichkeiten, wenn man es mit einem so gerissenen Gegner zu tun hatte.
    Vielleicht sollte er die praktischen Aspekte Ambrose und seinen Kollegen überlassen und sich auf das konzentrieren, was er angeblich am besten konnte. Sich im Labyrinth einer gestörten Psyche zurechtzufinden, das war seine Spezialität. Selbst wenn es ihm vorkam, als hätte er sein Geschick verloren, musste er es doch versuchen. »Was ist dein nächstes Ziel, Jacko?«, fragte er, als er auf die mittlere Spur der Autobahn hinüberwechselte, um die Lkws aus dem Weg zu haben, denen er die letzten zwanzig Meilen gedankenlos gefolgt war.
    »Du hast deine Nachforschungen angestellt. Du hast jemandem eine Liste von Namen gegeben. Du hast ihn losgeschickt, um ihr Leben auszuspionieren, um die zu finden, die wir lieben, damit du weißt, wen du kaputtmachen musst, um die größte Wirkung zu erzielen. Du hast ihn gut versteckte Überwachungskameras anbringen lassen, damit du deine Zielobjekte beobachten und den besten Moment wählen konntest. So hast du Michael und Lucy umgebracht. Du hast sie nicht einfach zufällig beim Sex erwischt. Du hast sie beobachtet und auf eine Gelegenheit gewartet. Und das war die perfekte Gelegenheit. Du konntest ins Haus kommen, ohne dass sie es merkten, du konntest dich an sie heranschleichen und ihnen die Kehle durchschneiden, bevor sie überhaupt wussten, was los war. Und mit Lucy Sex zu haben, während sie starb, das war nur das Sahnehäubchen. Es gehörte nicht zum Plan. Du konntest es einfach nicht lassen, was, Jacko?«
    Der Wagen hinter ihm ließ die Lichthupe aufleuchten, und es wurde ihm bewusst, dass seine Geschwindigkeit wieder auf fünfzig zurückgefallen war. Tony schnalzte tadelnd mit der Zunge und trat aufs Gaspedal, bis er wieder fünfundsiebzig fuhr. »Dein Spion hat dir also gesagt, dass Carol Michael und Lucy gern hat. Dass sie Zeit mit ihnen bei Wanderungen in den Dales verbringt. Dass dies die beste Methode sei, Carol zu treffen und leiden zu lassen. Jemand hat also in Michaels und Lucys Leben herumgeschnüffelt, und jemand war in der Scheune und hat Kameras installiert.« Das war ein weiterer Aspekt, den Ambrose untersuchen sollte. Vielleicht würde er mehr Glück haben und könnte Franklin überzeugen, eine Ermittlungsrichtung zu verfolgen, die Vance mit einschloss. »Scheißkerl«, murmelte Tony.
    »Und dann wäre da noch ich«, sagte er. »Wen liebe ich denn? Wen habe ich jemals geliebt?« Sein Gesicht verzog sich zu einer schmerzvollen Grimasse. »Nur dich, Carol, oder?« Er seufzte. »Ich bin nicht gerade ein Erfolgstyp in zwischenmenschlichen Dingen. Ich liebe dich und bin vollkommen unbrauchbar, wenn es darum geht, entsprechend zu handeln. Aber er wird dich nicht töten. Deine Arbeit will er dir kaputtmachen. Und vielleicht hat er sich Michael und Lucy als einen doppelten Schlag gedacht. Du wirst jeden Tag leiden, und ich werde leiden, weil es dich schmerzt. Und wenn Vance wirklich Glück hat, wird es zu viel für uns sein, und du wirst mich zum Teufel jagen. Das wäre mein Ende. Das würde mein Leben zu einer leeren Hülle werden lassen.« Unerwartete Tränen stiegen ihm in die Augen, und er musste sich mit dem Handrücken übers Gesicht wischen. »Wenn dein Helfer seinen Job gut

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