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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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der Treppe und hob Nelson hoch. Als es ihr gelungen war, ihn hineinzuschieben, trug sie ihn nach oben und stellte ihn auf die Ladefläche ihres Kombis. Noch einmal musste sie in die Wohnung zurück, um sein Futter zu holen, dann waren sie so weit.
    Sie fand das Hühnerfleisch und den Reis, die Paula erwähnt hatte, und ging dann in die Abstellkammer, um das Trockenfutter zu holen. »Ich sollte besser nachsehen, ob es auch genug ist«, flüsterte sie vor sich hin, fasste den Deckel und hob ihn hoch.
    Ein metallisches Klicken, dann ein Luftstrom, und Flüssigkeit spritzte ihr ins Gesicht. Einen Moment war Chris nur bewusst, dass ihr Gesicht nass war. Es dauerte lange genug, dass sie sich fragte, wieso Wasser in der Tonne für Katzenfutter war, bis die sengende Qual sie erfasste. Ihr ganzes Gesicht fühlte sich an, als stehe es in Flammen. Ihre Augen waren stechende Kugeln in einem größeren, schmerzenden Umfeld. Sie versuchte zu schreien, aber ihre Lippen und ihr Mund brannten von demselben beißenden Schmerz, und es kam kein Ton heraus. Doch selbst unter dem Einfluss der wahnsinnigen Qual wusste sie irgendwie, dass sie nicht mit den Händen drankommen durfte.
    Chris fiel auf die Knie und kämpfte dagegen an, dass die Höllenqual ganz von ihr Besitz nahm. Sie wich zurück, und glücklicherweise gelang es ihr, sich durch die Tür von der sich ausbreitenden Säurepfütze zu entfernen. Jetzt begannen ihre Knie und Unterschenkel weh zu tun von der ätzenden, brennenden Wirkung der Flüssigkeit.
    Stöhnend schaffte sie es, ihr Handy herauszuholen. Gott sei Dank war es ein BlackBerry mit Tasten, die man fühlen konnte. Sie drückte die Tasten für den Notruf und trotz der unerträglichen Schmerzen schaffte sie es, der Telefonistin, die abnahm, murmelnd die Adresse zu nennen.
    Mehr war ihr nicht möglich. Bewusstlosigkeit überkam sie wie ein Segen, und sie sank zu Boden.

    Als Tony endlich seinen Wagen geholt hatte, fühlte er sich, als sei er in ein Remake von Ein Ticket für zwei geraten. Franklin hatte sich geweigert, ihn in einem Polizeiwagen zum nächsten Bahnhof zu bringen. »Meine Leute ermitteln in einem Doppelmord, sie führen kein Taxiunternehmen«, hatte er gebrummt, sich auf dem Absatz umgedreht und war weggegangen.
    Tony kannte die Adresse der Scheune nicht, ganz zu schweigen, dass er den Weg hätte beschreiben können, deshalb konnte er kein Taxi rufen, selbst wenn er eine Nummer gehabt hätte; es blieb ihm also nichts anderes übrig, als zu Fuß loszugehen. Heutzutage war es für ihn ermüdend, lange Strecken zu gehen. Vor einiger Zeit war ein Patient im Bradfield Moor Hospital, der seine Medikamente nicht genommen hatte, mit einer Feueraxt Amok gelaufen. Tony hatte sich ihm entgegengestellt, um anderes Klinikpersonal zu schützen, und bekam schließlich als Austausch für gerettete Leben ein zertrümmertes Knie. Seine Chirurgin hatte ihr Bestes getan, aber es blieb ein Hinken zurück; er bestand jedoch darauf, keine weiteren chirurgischen Eingriffe über sich ergehen zu lassen, solange er ohne auskommen konnte. Jetzt war sein Knie jeden Morgen steif und schmerzte bei Regenwetter. Daran würde sich Carol allerdings heute bestimmt nicht erinnern.
    Nachdem er ungefähr eine Meile durch Regen gehumpelt war, kam er zu einer geringfügig schmaleren Straße und bog links ab, da er vermutete, dass dies die Richtung nach Leeds und letzten Endes Bradfield war. Er streckte den Daumen hoch und ging weiter. Zehn Minuten später hielt ein Landrover an. Tony stieg ein, wobei er einen widerwilligen Border Collie verdrängen musste. Der Mann am Steuer trug eine flache Mütze und eine braune Latzhose, ein echter Schafbauer aus den Dales. Er warf Tony einen kurzen Blick zu, bevor er weiterfuhr und vorschlug: »Ich kann Sie zum nächsten Dorf bringen. Dort können Sie einen Bus nehmen.«
    »Danke«, antwortete Tony. »Mieses Wetter, was?«
    »Nur wenn man draußen ist.«
    Und das war das Ende des Gesprächs. Der Mann ließ Tony bei einem kleinen steinernen Wartehäuschen aussteigen, wo ihn der Fahrplan informierte, dass in zwanzig Minuten ein Bus nach Leeds fahren würde. Von Leeds war es eine vierzigminütige Zugfahrt nach Bradfield. Vom Bahnhof zehn Minuten im Taxi zu seinem Wagen.
    Nach all der Zeit, in der es nichts anderes zu tun gab, als die Ereignisse des Tages Revue passieren zu lassen, war Tony in Versuchung, ins Bett zu kriechen, die Decke über den Kopf zu ziehen und dort zu bleiben. Aber das war ja keine Antwort auf

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