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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Er hatte sich ganz schön verstellen müssen, um seine Verachtung für dieses System zu verbergen. Aber er hatte es geschafft, denn er wusste, dies war der Schlüssel zu seiner Rückkehr ins Leben außerhalb der Gefängnismauern.
    Denn nicht jedes Mitglied der therapeutischen Gemeinschaft bekam die Erlaubnis, den Knast zu verlassen. Was Vance und eine Handvoll anderer betraf, würde das immer ein zu hohes Risiko bedeuten. Obwohl er die dumme Schlampe von einer Psychologin überzeugt hatte, dass er sich gewandelt hatte und nicht mehr der Mann war, der den äußerst verstörenden Mord begangen hatte, für den er verurteilt wurde. Ganz zu schweigen von all den Morden an weiteren Teenagern, an deren Tod er offiziell unschuldig war, da man ihm ihre Ermordung nie hatte nachweisen können. Aber trotzdem wollte kein Innenminister es riskieren, als Verantwortlicher für Jacko Vance’ Entlassung in Erinnerung zu bleiben. Es spielte keine Rolle, welches Strafmaß der Richter für ihn festgelegt hatte: Vance wusste, es würde für ihn niemals eine legale Rückkehr in die Gesellschaft geben. Er musste zugeben, dass er, wenn er selbst das Sagen hätte, auch nicht anders entscheiden würde. Aber schließlich wusste er auch genau, wozu er fähig war. Die Behörden dagegen konnten nur Vermutungen anstellen.
    Vance lächelte in der Dunkelheit. Sehr bald, so plante er, würde er die Ungewissheit aus dieser Gleichung entfernen.

7
    D er Streifenwagen bog, von Carol dirigiert, langsam in die Straße ein. »Das dritte Haus links«, seufzte sie müde. Sie hatte Paula am Tatort zurückgelassen, damit sie sich darum kümmerte, dass alles nach Carols Wünschen abgewickelt wurde. Carol hatte kein Problem damit zu delegieren, jedenfalls nicht bei einer handverlesenen Gruppe wie ihrer. Sie fragte sich, ob ihr in Worcester der gleiche Luxus zur Verfügung stehen würde.
    »Ma’am?« Der Fahrer, ein behäbiger Verkehrspolizist Mitte zwanzig, klang, als wolle er sie warnen.
    Carols Aufmerksamkeit war geweckt. »Ja? Was ist los?«
    »Vor dem dritten Haus auf der linken Seite sitzt ein Mann in einem geparkten Wagen. Sieht aus, als hätte er den Kopf aufs Steuerrad gelegt«, fügte er hinzu. »Soll ich die Nummer überprüfen?«
    Als sie auf gleicher Höhe waren, blickte Carol aus dem Fenster und war überrascht, aber nicht schockiert, Tony zu sehen, der, wie der Constable gesagt hatte, den Kopf auf die Arme gestützt, auf dem Steuerrad lag. »Sie brauchen den Computer nicht zu bemühen«, sagte sie. »Ich weiß, wer das ist.«
    »Soll ich mal mit ihm sprechen?«
    Carol lächelte. »Danke, aber das ist nicht nötig. Er ist vollkommen harmlos.« Genau genommen stimmte das nicht ganz, aber innerhalb der strikten Richtlinien eines Verkehrspolizisten war es ziemlich nah dran.
    »Dann überlasse ich das Ihnen«, sagte er und stoppte vor Tonys Wagen. »Gute Nacht, Ma’am.«
    »Gute Nacht. Sie brauchen nicht zu warten, das geht schon.« Carol stieg aus und ging zu Tonys Auto zurück. Sie wartete, bis der Polizeiwagen abgefahren war, dann öffnete sie die Beifahrertür und stieg ein. Beim Klicken der sich schließenden Tür riss Tony den Kopf hoch und rang nach Luft, als sei er geschlagen worden.
    »Was verdammt …«, stieß er erschrocken und verwirrt hervor. Er drehte den Kopf ruckweise hin und her, als versuche er, seine Umgebung irgendwie zuzuordnen. »Carol? Was …?«
    Sie klopfte ihm leicht auf den Arm. »Du bist vor dem Haus in Bradfield. Hast geschlafen. Ich bin von der Arbeit gekommen und habe dich gesehen. Ich dachte, dass du vielleicht nicht geplant hattest, die ganze Nacht draußen im Wagen zu verbringen.«
    Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, als hätte er es mit Wasser bespritzt, und wandte sich ihr dann mit immer noch erschrocken aufgerissenen Augen zu. »Ich habe mir einen Podcast angehört. Die fabelhafte Dr. Gwen Adshead von Broadmoor sprach darüber, wie man mit unseren unmöglichen Patienten umgehen sollte. Ich kam zu Haus an, sie redete immer noch, und ich wollte es zu Ende hören. Ich kann’s nicht fassen, dass ich eingeschlafen bin, denn ich habe schon lange nichts so Vernünftiges mehr gehört.« Er gähnte und schüttelte sich. »Wie spät ist es?«
    »Kurz nach drei.«
    »Mein Gott. Ich kam gleich nach Mitternacht hier an.« Er fröstelte. »Mir ist elend kalt.«
    »Das wundert mich nicht.« Carol öffnete die Tür. »Ich weiß nicht, was du vorhast, aber ich geh jetzt rein.«
    Tony stieg eilig auf seiner Seite aus und

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