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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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verstand, wie schwerwiegend Tonys Meinung war. Aber eigentlich teilte sie sie nicht. »Es leuchtet ein. Er konnte es nicht verwinden, dass er aufs Kreuz gelegt wurde«, sagte sie langsam. »Deshalb hat er Shaz umgebracht. Obwohl sie keine Bedrohung für ihn darstellte. Nicht wirklich. Er saß doch am Schalthebel. Aber sie hatte den Mumm, gegen ihn vorzugehen, und das konnte er nicht zulassen.«
    »Genau.«
    »Trotzdem … Ich verstehe, warum Tony meint, dass Sie beide in der Schusslinie sind. Aber wir anderen? Ich glaube nicht, dass Vance uns auf dem Schirm hat. Wir waren doch nur die Nebenfiguren, und Typen wie Vance kümmern sich nicht um Nebenfiguren. Es würde ihm keinen Spaß machen, eine kleine Nummer auszuschalten.«
    Carol stieß ein kurzes trockenes Lachen aus. »Komisch. Aber ich habe dich nie als Nebenfigur gesehen, Chris. Ich kann nachvollziehen, was du meinst, aber ich will dennoch alles absichern. Ich muss also die anderen drei finden, die damals mit uns zusammengearbeitet haben, und sie vorwarnen, dass Vance in Freiheit ist und ihre Sicherheit gefährdet sein könnte.«
    Chris schaute nachdenklich zur Decke und versuchte, die Namen zusammenzubekommen. »Leon Jackson, Simon McNeill und Kay … wie hieß Kay mit Nachnamen?«
    Sam Evans, der gerade dabei war, den Raum zu verlassen, hatte Chris’ letzten Satz mitbekommen und konnte sich nicht zurückhalten. »Das ist aber untypisch für dich, Chris, eine von den Ladys zu vergessen«, scherzte er.
    »Manche Leute sind einfach …«, sie zuckte mit den Achseln, »leicht zu vergessen, Bill.«
    »Ha, ha«, sagte er sarkastisch, während er die Tür hinter sich zufallen ließ.
    »Sie ist aber tatsächlich ein Mensch, den man leicht übersieht«, sagte Carol. »Ich glaube, das ist Absicht. Sie hielt sich so im Hintergrund, damit die Leute vergaßen, dass sie da war, und sich verplapperten.«
    Chris nickte. »Sie war gut im Befragen. Anders als Paula, aber vielleicht genauso gut. Aber wie hieß sie nur?«
    »Hallam. Kay Hallam.«
    »Stimmt, jetzt fällt es mir auch wieder ein. Ist komisch, nicht? Nach so einer Erfahrung würde man doch denken, dass wir alle den Kontakt zueinander gehalten hätten. Dass wir verfolgt hätten, wie es mit unseren Karrieren weiterging. Aber sobald der erste Prozess vorbei war, haben alle den Kontakt untereinander verloren. Es schien fast, als wollten wir keinen Kontakt mehr, um die ganze Sache leichter aus unserem Gedächtnis löschen zu können. Als wir uns dann alle wieder bei der Berufungsverhandlung und dem zweiten Prozess gesehen haben, war uns das regelrecht peinlich, und wir waren uns ganz fremd.«
    Carol nickte. »Wie wenn man bei einer Hochzeit oder einer Beerdigung auf Leute stößt, denen man einmal nahe war, aber es ist so lange her, dass es einem unangenehm ist. Man kann nicht einfach so sein, wie man früher war, aber beide wissen, dass es früher ganz anders war, und das ist irgendwie schmerzlich und traurig.«
    Es war schwer zu sagen, wen von den beiden Carols Worte mehr überraschten. Sie arbeiteten schon so lange zusammen, dass Chris genau wusste, wie selten es war, Carol Jordan so offen sprechen zu hören. Beide Frauen schützten ihre Privatsphäre und vermieden absichtlich jede Intimität. Obwohl die Mitglieder des Teams intensiven Kontakt hatten, pflegten sie keinen privaten Umgang. Wo immer sie frei von der Leber weg reden mochten, es war jedenfalls nicht im Büro.
    Carol räusperte sich. »Kay schickte mir drei oder vier Jahre lang eine Karte zu Weihnachten, aber ich glaube, das hatte mehr damit zu tun, dass sie sicher sein wollte, eine gute Empfehlung von mir zu bekommen, als mit dem Wunsch, den Kontakt zu halten. Ich habe keine Ahnung, wo sie jetzt ist, und weiß nicht einmal, ob sie noch Polizistin ist.«
    Chris gab die Namen in ihr Smartphone ein. »Ich kümmere mich darum. Vielleicht kann der Berufsverband helfen. Zumindest sollte man mir dort sagen können, ob sie alle noch bei der Polizei sind.«
    »Ob die solche Informationen rausgeben?«, zweifelte Carol.
    Chris zuckte mit den Schultern. »Sie sind ja angeblich unsere Gewerkschaft. Man würde doch denken, dass sie uns schützen wollen.« Sie grinste böse. »Außerdem habe ich so meine kleinen Tricks. Sie sind vielleicht nicht so hübsch wie Paulas, aber ich komme damit zum Ziel.«
    Carol hob resignierend die Hände, als Chris sich abwandte und mit einer Energie auf die Tasten ihres Computers einhackte, die verriet, dass sie noch auf einer

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