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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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seiner erfolgreichen Berufung nicht vom Markt genommen werden?«
    »Stimmt«, sagte Carol. »Man sagte, es sei verleumderisch, da Vance freigesprochen wurde. Es könnte sich vielleicht lohnen, den Autor aufzuspüren und ihn zu fragen, ob er etwas zu sagen hat. Vielleicht weiß er Näheres über Gesellschaften und Immobilien, die Vance eventuell besaß.«
    »Ich gehe der Sache nach«, versprach Chris.
    Bevor Carol antworten konnte, kam Paula mit der Abendzeitung ins Einsatzzentrum. »Die Sache ist aufgeflogen«, sagte sie und schwang die erste Seite, deren Schlagzeile lautete: SERIENMÖRDER HAT BRADFIELD IM VISIER.

28
    E s war ein wunderschöner Tag, fand Vance. Dass der Himmel grau war und Regen in der Luft lag, spielte keine Rolle. Er war nicht mehr im Knast, fuhr durch die Yorkshire Dales und war Herr seines Schicksals. Das war der Inbegriff eines wunderschönen Tages. Der Wagen fuhr sich leicht, hatte ein digitales Radio, was das Hin- und Herwechseln zwischen den Sendern erstaunlich einfach machte, und das Navi bedeutete, dass er sich zwischen den Trockenmauern und Schafhürden nicht verfahren konnte. Er hatte gut geschlafen, vor seinem Laptop sitzend ein gutes Frühstück eingenommen und hatte die Berichte über seine Flucht im Internet genossen. Der glücklose Gefängnisdirektor tat ihm fast leid, denn er wurde von den Medien aufgespießt wie ein Falter auf der Stecknadel. Die Schreiberlinge der Presse stellten ihn als unfähigen Deppen hin, der auf Vance’ vorgespielte Läuterung reingefallen war. Wie gewöhnlich war die Wahrheit komplizierter. Der Direktor war im Grunde ein guter Mann, der sich an einen letzten Funken Idealismus klammerte. Er wollte einfach krampfhaft daran glauben, dass es für einen Mann wie Vance möglich sei, sich zu verändern. Was ihn zu einem leichten Zielobjekt für einen so geschickten Schwindler wie Vance machte.
    Der Gefängnisdirektor war keine Niete. Er war nur mit einem ihm weit überlegenen Wesen konfrontiert worden.
    Nach dem Frühstück hatte Vance seine Kameras überprüft. Heute früh hatte er, oder vielmehr Terry, eine E-Mail von dem angeheuerten Privatdetektiv bekommen, in der er mitteilte, es sei ihm endlich gelungen, die letzten Kameras zu installieren. Vance gab den Code ein und hatte sie aktivieren und einen weiteren Zielort beobachten können, einen weiteren Punkt auf seiner Liste. Terry hatte ihn nach seiner neuesten Suche für Vance hinzugefügt. Es war die perfekte Zugabe, um Phase eins seines Plans abzuschließen.
    Aber das lag in der Zukunft. Jetzt musste er sich auf das Vorhaben konzentrieren, das unmittelbar vor ihm lag. Heute war er Patrick Gordon, einen dichten Schopf kastanienbrauner Haare und ein paar kunstvoll aufgetragene Sommersprossen auf den Wangen inbegriffen. Schnurrbart und Hornbrille ergänzten die Aufmachung. Er war gekleidet wie ein piekfeiner Herr vom Lande – braune feste Schuhe, Cordhose, kleinkariertes Hemd mit einem senffarbenen Pullover mit V-Ausschnitt. Ein Börsenmakler, aus dem ein Gentleman in Yorkshire geworden war. Er brauchte nur noch einen Labrador, um das Bild zu vervollständigen.
    Gleich nach Mittag fuhr er auf den Vorplatz eines schicken Landgasthofs, der Speisen und traditionelle Ales anbot. Terry, der immer gründlich war, hatte nette Restaurants ausgesucht, in denen man in der Nähe von Vance’ sämtlichen Zielorten gut essen gehen konnte. Es war, als hätte er geglaubt, Vance wolle eine Art Rundfahrt machen, um beim Lunch oder Tee mit alten Bekannten zusammenzusitzen. Zuerst hatte Vance es für eine verrückte, exzentrische Idee gehalten, aber je mehr er darüber nachdachte, desto verlockender schien es, sich offen direkt vor der Nase der Nachbarn zu zeigen.
    Nur zwei Tische waren besetzt, einer von einem Paar mittleren Alters, das für eine Wanderung in den Dales gekleidet war, der andere von zwei Männern in Anzügen. Vance studierte die Auswahl an Ales, deren Namen alle auf schlechtem Wortwitz oder künstlichen Dialektwörtern beruhten, und entschied sich für eines, das Bar T’at hieß. Der Barkellner beachtete ihn nicht weiter, als er sein Bier bestellte. Dann verlangte er eine Steak-and-Ale-Pie und setzte sich in einer ruhigen Ecke zurecht, wo er auf seinen Tablet-Computer schauen konnte, ohne dass jemand anderes mitsehen konnte. Der Tablet-Computer war verblüffend. Er hatte ihn heute Morgen in der Schublade des Schreibtischs entdeckt und war fasziniert, was er alles zu können schien. Er hatte eigentlich eine

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