Vergessene Stimmen
an.
»Sag’s schon endlich.«
»Was soll ich sagen?«
»Na, was du mir sagen willst, damit du dich hinterher besser fühlst.«
»Du hättest mich anrufen sollen, Harry, mehr nicht.«
»Hör zu, Kiz, als ich dich gestern angerufen habe, hast du mich ziemlich fertig gemacht. Und das wollte ich mir diesmal ersparen.«
»Diesmal war es aber was anderes, das weißt du ganz genau. Gestern hast du mich angerufen, weil du einfach grundsätzlich aufgeregt warst. Heute bist du einer Spur gefolgt. Ich hätte bei dir sein sollen. Aber nicht nur das. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was du alles Neues herausgefunden hast, bis du eben hier reinmarschiert bist und es allen erzählt hast. Für mich war das ziemlich peinlich, Harry. Vielen Dank.«
Bosch nickte schuldbewusst.
»Was das angeht, hast du völlig Recht. Es tut mir Leid. Ich hätte dich auf dem Weg in die Stadt anrufen sollen. Ich habe es einfach vergessen. Ich war spät dran und hatte beide Hände am Steuer und wollte einfach nur möglichst schnell in die Stadt kommen.«
Da sie darauf nichts erwiderte, sagte er schließlich: »Können wir uns jetzt wieder darauf konzentrieren, diesen Fall zu lösen?«
Sie zuckte mit den Achseln, und er fuhr los. Auf dem Weg zum Parker Center versuchte er, sie über alle Details in Kenntnis zu setzen, die er bei der Frühstücksbesprechung nicht zur Sprache gebracht hatte. Er erzählte ihr von McClellans Besuch, und wie er durch ihn darauf gekommen war, unter dem Bett nach Fingerabdrücken zu suchen.
Zwanzig Minuten später waren sie in ihrer Nische in Zimmer 503. Endlich hatte Bosch eine Tasse Kaffee vor sich stehen. Sie saßen sich gegenüber und hatten die Pen-Register-Ausdrucke zwischen sich ausgebreitet.
Bosch konzentrierte sich auf die Anrufe in der Tankstelle. Die Liste enthielt mehrere hundert Einträge – alle Gespräche, die auf den zwei Apparaten der Tankstelle geführt worden waren – und zwar in dem Zeitraum von 6 Uhr morgens, als die Observierung begann, bis 16 Uhr, als Mackey zur Arbeit erschien und Renner und Robleto den Anschluss direkt abhörten.
Bosch ging die Liste durch. Auf den ersten Blick stach ihm nichts ins Auge. Viele Gespräche waren mit Firmen geführt worden, bei denen bereits aus dem Namen ersichtlich wurde, dass sie der Kfz-Branche zuzuordnen waren. Außerdem war ein hoher Anteil an Anrufen von der AAA-Zentrale eingegangen, und das waren wahrscheinlich Abschleppaufträge.
Einige Anrufe waren auch darunter, die von Privatanschlüssen kamen. Bosch sah sich die Namen genau an, ohne dass ihm an einem von ihnen etwas Besonderes auffiel. Keine der aufgeführten Personen war in irgendeiner Weise in den Fall verwickelt.
Vier Einträge in der Liste waren Visa zugeordnet, alle dieselbe Nummer. Bosch griff nach dem Telefon und wählte sie. Er hörte es nicht läuten. Stattdessen kam das schrille Kreischen einer Computerschaltung aus dem Hörer. Es war so laut, dass sogar Rider es hörte.
»Was ist das?«
Bosch legte auf.
»Ich gehe gerade der Nachricht auf diesem Zettel nach, den ich im Büro der Tankstelle auf dem Schreibtisch liegen gesehen habe. Du weißt schon, dieser Anruf von Visa, ob Mackey ein festes Arbeitsverhältnis hat. Als du sagtest, das würde nicht ins Bild passen.«
»Stimmt. Das habe ich ganz vergessen. War das die Nummer?«
»Ich weiß nicht. Hier sind vier Einträge für Visa, aber – Augenblick.«
Er merkte, dass die Anrufe von der Tankstelle aus erfolgt waren.
»Halt, Kommando zurück, das waren ausgehende Anrufe. Es muss die Nummer sein, die das Buchungsgerät anwählt, wenn man mit Kreditkarte zahlt. Das ist aber komisch. Unter den eingehenden Anrufen ist keiner von Visa.«
Bosch griff wieder nach dem Telefon und wählte die Nummer von Nords Handy.
»Sind Sie schon in der Tankstelle?«
Sie lachte.
»Wir sind kaum aus Hollywood raus. Wir brauchen mindestens noch eine halbe Stunde.«
»Wenn Sie da sind, fragen Sie nach einer telefonischen Nachricht, die gestern jemand für Mackey hinterlassen hat. Ein Anruf von Visa, um sich wegen eines Kreditkartenantrags bestätigen zu lassen, dass er auch tatsächlich dort arbeitet. Fragen Sie, woran sich die Person, die den Anruf entgegengenommen hat, noch erinnern kann, und vor allem, wann der Anruf einging. Versuchen Sie den genauen Zeitpunkt rauszubekommen, soweit das möglich ist. Fragen Sie das als Erstes, und rufen Sie mich dann zurück.«
»Jawohl, Sir. Sollen wir auch noch Ihre Wäsche aus der Reinigung
Weitere Kostenlose Bücher