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Vergessene Stimmen

Titel: Vergessene Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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abholen?«
    Bosch merkte, dass er an diesem Morgen anscheinend kein Fettnäpfchen ausließ.
    »Entschuldigung«, sagte er. »Aber wir stehen hier ziemlich unter Druck.«
    »Tun wir das nicht alle? Ich rufe Sie an, sobald wir den Kerl sehen.«
    Nord beendete das Gespräch. Bosch legte das Telefon weg und sah Rider an. Sie schaute auf Rebecca Losts Klassenfoto in dem Jahrbuch, das sie in der Schule ausgeliehen hatten.
    »Woran denkst du gerade?«, fragte sie, ohne aufzublicken.
    »Diese Visa-Geschichte geht mir immer noch im Kopf rum.«
    »Ich weiß, also woran denkst du?«
    »Na ja, mal angenommen, du bist der Mörder und hast die Waffe, mit der du es getan hast, von Mackey bekommen.«
    »Lässt du Burkhart jetzt ganz fallen? Obwohl du gestern Abend noch so angetan von ihm warst.«
    »Sagen wir einfach, die Fakten überzeugen mich. Vorerst, okay?«
    »Gut, mach weiter.«
    »Na schön. Also, du bist der Mörder und hast die Waffe von Mackey gekriegt. Er ist der einzige Mensch auf der ganzen Welt, der dir diese Sache anhängen kann. Aber siebzehn Jahre vergehen, ohne dass irgendetwas passiert, und du wiegst dich in Sicherheit und verlierst Mackey vielleicht sogar aus den Augen.«
    »Okay.«
    »Und dann nimmst du gestern die Zeitung in die Hand und siehst das Foto von Rebecca und liest den Artikel, in dem steht, sie haben DNS-Spuren. Du weißt, es war nicht dein Blut. Demnach kann es sich dabei nur um einen Riesenbluff seitens der Polizei handeln, oder es ist Mackeys Blut. Das ist der Moment, in dem dir alles klar wird.«
    »Mackey muss weg.«
    »Richtig. Die Polizei ist dir dicht auf den Fersen. Er muss weg. Und jetzt, wie findest du den Kerl? Mackey hat sein Leben lang – wenn er nicht gerade im Gefängnis saß – als Abschleppwagenfahrer gearbeitet. Angenommen, du hättest das gewusst – dann hättest du genau das getan, was er getan hat. Du holst dir das Branchenbuch und fängst an, alle Abschleppdienste anzurufen.«
    Rider stand auf und ging zu den Aktenschränken an der Rückwand der Nische. Die Telefonbücher waren in wildem Durcheinander darauf abgelegt. Sie musste sich auf die Zehenspitzen stellen, um an das Branchenbuch fürs Valley zu kommen. Sie kehrte an den Schreibtisch zurück und schlug das Telefonbuch auf den Seiten mit den Abschleppdiensten auf. Sie fuhr mit dem Finger die Einträge entlang, bis sie zu Tampa Towing kam, wo Mackey gearbeitet hatte. Sie ging zum Eintrag davor zurück, einer Firma, die sich Tall Order Towing Services nannte. Sie griff nach dem Telefon und wählte die Nummer. Bosch bekam nur ihren Teil des Gesprächs mit.
    »Ja, mit wem spreche ich?«
    Sie wartete einen Moment.
    »Ich bin Detective Kizmin Rider vom Los Angeles Police Department. Ich ermittle in einem Betrugsfall und hätte Ihnen gern ein paar Fragen gestellt.«
    Rider nickte, als sie offensichtlich eine positive Reaktion erhielt.
    »Der Verdächtige, um den es geht, ist bekannt dafür, dass er bei Firmen anruft und sich als Visa-Mitarbeiter ausgibt. Dann erkundigt er sich, ob ein Mitarbeiter, der angeblich einen Kreditkartenantrag gestellt hat, ein festes Arbeitsverhältnis hat. Kommt Ihnen das irgendwie bekannt vor? Uns liegen Informationen vor, die uns zu der Annahme führen, dass der Betreffende gestern im Valley aktiv war. Er sucht sich für seine Betrügereien mit Vorliebe Firmen aus, die in irgendeiner Weise mit Autos zu tun haben.«
    Rider sah die ganze Zeit Bosch an, als die Antwort auf ihre Frage kam, aber ihre Miene ließ keinerlei Rückschlüsse zu.
    »Ja, könnten Sie mich bitte zu ihr durchstellen?«
    Rider betete die ganze Leier wieder herunter und stellte die gleiche Frage. Dann beugte sie sich vor, und es schien, als versteifte sie sich abrupt. Sie hielt die Sprechmuschel zu und sah wieder Bosch an.
    »Volltreffer«, sagte sie.
    Dann konzentrierte sie sich wieder auf das Telefonat und hörte noch eine Weile zu.
    »War es ein Mann oder eine Frau?«
    Sie notierte etwas.
    »Und wann war das?«
    Sie machte sich eine weitere Notiz, und Bosch stand auf, um es lesen zu können. Sie hatte »männlich, ca. 13.30« auf einen Notizblock geschrieben. Während sie das Gespräch weiterführte, sah Bosch im Pen Register nach und stellte fest, dass bei Tampa Towing um 13.40 Uhr ein Anruf eingegangen war. Er kam von einem Privatanschluss. Der Name auf der Liste war Amanda Sobek. Der Vorwahl nach zu schließen, handelte es sich um ein Handy. Weder der Name noch die Nummer sagten Bosch etwas. Aber das machte nichts.

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