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Vergessene Stimmen

Titel: Vergessene Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Danke.«
    Er klappte das Handy zu, bevor sie antworten konnte, und machte es dann aus. Er folgte Rider durch die Tür, die ihnen von einer Frau aufgehalten wurde, von der er annahm, dass es Kathy Chrzanowski war.
    Die Jalousien der hohen Fenster am anderen Ende des Zimmers waren heruntergelassen. Eine einzige Schreibtischlampe erhellte das Richterzimmer. Hinter dem Schreibtisch saß eine Frau, die Bosch auf Ende sechzig schätzte. Sie wirkte winzig hinter dem großen dunklen Holzschreibtisch. Ihr sympathisches Gesicht weckte in Bosch die Hoffnung, dass sie das Büro mit einer unterschriebenen Anordnung verlassen würden.
    »Detectives, kommen Sie rein und nehmen Sie Platz«, sagte sie. »Tut mir Leid, dass ich Sie da draußen habe warten lassen.«
    »Das macht nichts. Euer Ehren«, sagte Rider. »Wir finden es gut, dass Sie so gründlich sind.«
    Bosch und Rider setzten sich auf die Stühle vor dem Schreibtisch. Die Richterin trug ihre schwarze Robe nicht. Bosch sah sie an einem Kleiderständer in der Ecke hängen. Daneben war ein gerahmtes Foto von Demchak mit einem für seine liberale Haltung berüchtigten Richter des State Supreme Court. Boschs Magen krampfte sich zusammen. Dann sah er auf dem Schreibtisch zwei gerahmte Fotos. Auf einem waren ein älterer Mann und ein kleiner Junge mit Golfschlägern abgebildet. Möglicherweise ihr Mann mit einem Enkel. Auf dem anderen Foto war ein etwa 10-jähriges schaukelndes Mädchen zu sehen. Die Farben waren verblichen. Es war ein altes Foto. Vielleicht ihre Tochter. Bosch dachte, dass vielleicht die Beziehung zu Kindern den Ausschlag geben könnte.
    »Sie scheinen es mit dem Antrag ziemlich eilig zu haben«, sagte die Richterin. »Gibt es dafür einen Grund?«
    Bosch sah Rider an, worauf sie sich vorbeugte, um zu antworten. Das Reden würde sie übernehmen. Er war nur zur Verstärkung da und um der Richterin zu signalisieren, dass ihnen die Sache wichtig war. Gelegentlich mussten Polizisten Lobbyisten sein.
    »Ja, Euer Ehren, sogar zwei Gründe«, begann Rider. »Der Hauptgrund ist: Wir glauben, dass morgen in der Daily News ein Zeitungsartikel erscheinen wird. Er könnte unseren Hauptverdächtigen, Roland Mackey, dazu veranlassen, mit anderen Verdächtigen – von denen einer in unserem Antrag aufgeführt ist – Kontakt aufzunehmen, um über den Mord zu sprechen. Wie Sie dem Antrag entnehmen können, glauben wir, dass an dieser Straftat mehr als eine Person beteiligt war, aber direkt können wir nur Mackey damit in Verbindung bringen. Wenn wir seine Telefone abhören, sobald der Zeitungsartikel erscheint, können wir anhand seiner Telefonate vielleicht die anderen Beteiligten identifizieren.«
    Die Richterin nickte, aber sie sah Rider nicht an. Ihr Blick war auf die Antrags- und Genehmigungsformulare gerichtet. Sie machte ein finsteres Gesicht, und Bosch kamen ernste Bedenken. Nach kurzem Schweigen sagte sie: »Und der andere Grund für Ihre Eile?«
    »Ach so«, sagte Rider, als hätte sie ihn vergessen. »Der andere Grund ist, dass wir glauben, Roland Mackey könnte nach wie vor in kriminelle Machenschaften verwickelt sein. Wir wissen nicht genau, worin sie im Moment bestehen, aber wir glauben, je schneller wir seine Gespräche abhören können, desto schneller können wir das bestätigen und auf diese Weise verhindern, dass ihm erneut jemand zum Opfer fällt. Wie Sie dem Antrag entnehmen können, wissen wir, dass er bereits in mindestens einen Mord verwickelt war. Angesichts dessen glaubten wir, keine Zeit verlieren zu dürfen.«
    Anerkennend stellte Bosch fest, wie raffiniert Riders Antwort formuliert war. Sie übte damit auf die Richterin großen Druck aus, den Antrag zu genehmigen. Immerhin war Demchak eine gewählte Staatsdienerin und musste sich deshalb die möglichen Konsequenzen einer Ablehnung des Antrags vor Augen halten. Wenn Mackey eine Straftat beging, die sich hätte verhindern lassen, wenn die Polizei seine Telefone hätte abhören können, konnte die Richterin dafür von einer Wählerschaft zur Verantwortung gezogen werden, die kein Verständnis für ihre Bemühungen hatte, Mackeys Persönlichkeitsrechte zu wahren.
    »Ich verstehe«, entgegnete Demchak auf Riders Einwurf eisig. »Und worauf stützen Sie Ihre Annahme, dass er gegenwärtig in kriminelle Aktivitäten verwickelt ist, obwohl Sie keine konkrete Straftat anführen können?«
    »Da gibt es eine ganze Reihe von Punkten, Euer Ehren. Vor zwölf Monaten lief Mr. Mackeys Bewährungsfrist wegen eines

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