Vergessene Welt
Arme und Schultern auf. Sein Körper war
grün und blau geschlagen, sein Kopf schmerzte von den vielen Stößen gegen die
Stangen. Seine Welt war nichts anderes als ein wirbelndes, furchterregendes
Inferno. Und nur eins wußte er sicher.
Die Raptoren
rollten ihn von dem Hochstand weg.
Als das Auto herankam, ging Levine zum
Geländer und sah nach unten. Im roten Schein des Leuchtstabs sah er drei
Raptoren, die Eddies Überreste in den Dschungel zerrten. Immer wieder blieben
sie stehen, um schnappend und fauchend um die Beute zu kämpfen, dennoch schafften
sie es, sie wegzuschleifen.
Als nächstes sah
er, daß eine andere Gruppe Raptoren gegen den Käfig stieß und trat. Sie rollten
ihn den Wildwechsel hinunter und in Richtung Wald.
Und dann hörte
er das Motorengeräusch des näher kommenden Jeeps, erkannte hinter dem Steuer
Thornes Silhouette.
In diesem Moment
hoffte Levine nur eines: daß Thorne ein Gewehr bei sich hatte. Er wollte jedes
einzelne dieser verdammten Tiere töten. Er wollte sie alle töten.
Vom Dach aus beobachtete Kelly, wie die
Raptoren den Käfig wegrollten. Ein Raptor blieb zurück und drehte sich immer wieder
im Kreis, wie ein Hund, der nach seinem Schwanz jagt. Dann sah sie, daß es der
Raptor mit dem Elastikband war. Der Schlüssel baumelte noch von seiner Schnauze
und glänzte im roten Licht. Er bewegte ruckartig den Kopf auf und ab,
versuchte, das Band abzuschütteln.
Der Jeep brauste
heran, und das plötzliche helle Licht schien den Raptor zu verwirren. Thorne beschleunigte,
als wollte er das Tier überfahren. Der Raptor drehte sich um und rannte auf die
Ebene hinaus.
Kelly kletterte
vom Dach und machte sich an den Abstieg.
Thorne stieß die Tür auf, und Levine
sprang ins Auto. »Sie haben den Jungen«, sagte er und deutete den Wildwechsel
hinunter.
Kelly rief vom
Gerüst herunter: »Warten Sie!«
»Kletter wieder
hoch«, erwiderte Thorne. »Sarah kommt! Wir holen Arby!«
»Aber –«
»Wir dürfen sie
nicht verlieren!« Thorne gab Gas und jagte auf dem Wildwechsel hinter den
Raptoren her.
Malcolm lag im Caravan und hörte dem Stimmengewirr
zu, das aus dem Funkgerät drang. Er hörte die Panik, die Verwirrung.
Schwarzes
Rauschen, dachte er. Alles geht auf einmal zugrunde.
Die
Wechselwirkungen von unendlich vielen Dingen.
Er seufzte und schloß
die Augen.
Thorne fuhr schnell. Dichter Dschungel
umgab sie. Der Pfad wurde schmaler, die großen Palmen kamen immer näher, Äste
streiften das Auto. »Schaffen wir das überhaupt?« fragte Thorne.
»Der Wildwechsel
ist breit genug«, sagte Levine. »Ich bin ihn abgegangen. Er wird auch von Paras
benutzt.«
»Wie konnte das
überhaupt passieren?« fragte Thorne. »Der Käfig war doch am Gerüst befestigt.«
»Keine Ahnung«,
sagte Levine. »Er ist abgebrochen.«
»Wie? Wie? «
»Ich habe es
nicht gesehen. Es ist so viel passiert.«
»Und Eddie?«
fragte Thorne verbissen.
»Es ist schnell
gegangen«, erwiderte Levine.
Der Jeep pflügte
durch den Dschungel, holperte über Schlaglöcher, und sie stießen sich die Köpfe
am Stoffdach an. Thorne fuhr waghalsig. Die Raptoren waren sehr schnell, das
letzte Tier, das vor ihnen durch die Dunkelheit sprintete, konnten sie gerade
noch erkennen.
»Sie wollten ja nicht auf mich hören!«
rief Kelly, als Sarah mit dem Motorrad am Hochstand anhielt.
»Weswegen?«
»Der Raptor hat
den Schlüssel mitgenommen. Arby ist im Käfig eingesperrt, und der Raptor hat
den Schlüssel!«
»Wo ist er hin?«
»Dorthin«, sagte
Kelly und deutete über die Ebene. Im Mondlicht konnten sie die dunkle Gestalt
des fliehenden Raptors gerade noch erkennen. »Wir brauchen den Schlüssel!«
»Steig auf«,
sagte Sarah und nahm das Gewehr von der Schulter. Kelly kletterte hinter ihr
auf das Motorrad. Sarah streckte ihr die Waffe hin. »Kannst du schießen?«
»Nein. Ich
meine, ich habe noch nie –«
»Kannst du
Motorrad fahren?«
»Nein, ich –«
»Dann mußt du
schießen«, sagte Sarah. »Schau her: Das ist der Abzug. Okay? Und das ist der Sicherungshebel.
In diese Richtung drehen. Okay? Das wird ‘ne holprige Fahrt, also erst
entsichern, wenn wir nahe dran sind.«
»Nahe dran an
was?«
Aber Sarah hörte
sie nicht mehr. Sie gab Gas, das Motorrad beschleunigte und schoß hinter dem
fliehenden Raptor her auf die Ebene hinaus. Kelly legte den Arm um Sarah und
klammerte sich fest.
Der Jeep holperte über den Dschungelpfad
und platschte durch schlammige Pfützen. »Ich kann
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