Vergesst Auschwitz!: Der deutsche Erinnerungswahn und die Endlösung der Israel-Frage (German Edition)
mit der Autonomen Antifa schickt, die man schon rein äußerlich nicht von den Schlägertrupps der Neonazis unterscheiden kann.
Dennoch: Die Freude, einen Castor-Transport ein paar Stunden aufgehalten zu haben, bringt die Aktivisten gefühlt in die Nähe der Geschwister Scholl. Wer im Bioladen einkauft, fair gehandelten Kaffee trinkt, kalt duscht und seinen Müll trennt, der führt schon »ein widerständiges Leben«.
In diesem Kontext der paradoxen Befindlichkeiten bietet der »Widerstand« gegen die »israelischen Faschisten« und »zionistischen Mörderbanden« eine zusätzliche Gratifikation. Man entsorgt nicht nur die eigene Geschichte vor der Tür der Opfer, man tritt auch zum Schulterschluss mit der Mehrheit der Volksgemeinschaft an. Die Ansicht, dass die Israelis den Palästinensern das antun, was die Nazis den Juden angetan haben, ist in Deutschland inzwischen so weit verbreitet und so akzeptiert, dass »Gaza« und »Warschauer Ghetto« zu Synonymen geworden sind. Soll damit die Lage der Palästinenser dramatisiert oder das Warschauer Ghetto verharmlost werden? Beides geht, und das ist das Perfide daran.
Erst einmal ist es eine einfache rhetorische Figur, mit der die Israelis zu Nazis und die Palästinenser zu den Juden der Israelis ernannt werden. Diese rhetorische Figur ermöglicht es ihren Erfindern, »Widerstand« gegen Nazis zu leisten, weitgehend symbolisch und im Kreise Gleichgesinnter. Unnötig zu sagen, dass der antizionistische Flashmob über der Realität schwebt.
Für die freilich, die wohl wissen, dass Gaza zwar nicht der »Club Med« ist, dass es dort aber neben Elendsquartieren auch elegante Shopping-Malls, luxuriöse Restaurants und ein reges Strandleben gibt, wirkt die Analogie anders: Wenn es in Gaza so zugeht wie einst im Warschauer Ghetto, dann können die Lebensbedingungen dort so schlimm nicht gewesen sein. Bingo!
Das Gleiche gilt auch für den »Völkermord«, den Israel an den Palästinensern begeht. Es handelt sich um den ersten Völkermord in der Geschichte der Menschheit, bei dem sich die betroffene Population um ein Vielfaches vermehrt hat, allein in Gaza von etwa 300.000 Menschen im Jahre 1967, dem Beginn der Besatzung, auf über 1,5 Millionen im Jahre 2005, als Israel den Küstenstreifen räumte.
Während sich in Deutschland eine gigantische Gedenkindustrie »Gegen das Vergessen« entwickelt hat, die Stolpersteine verlegt, Ausstellungen und Studienfahrten in ehemalige Konzentrationslager organisiert, die ihrerseits als »Bildungsurlaub« geltend gemacht werden, haben die Antisemiten durchaus dazugelernt. Nur noch Exzentriker wie Horst Mahler und seine Anhänger leugnen den Holocaust oder behaupten, die Juden seien in Arbeitslagern an Erschöpfung und Unterernährung gestorben, wie Millionen von deutschen Soldaten in sowjetischer Gefangenschaft. Der moderne Antisemit benutzt die »Auschwitz-Keule«, um sie den Juden/Israelis um die Ohren zu hauen: »Ihr seid auch nicht besser, also hört endlich damit auf, uns Vorwürfe zu machen!« Eine verständliche und nachvollziehbare Strategie, um das eigene Gewissen zu beruhigen. Schon deswegen wäre es sinnvoll, Auschwitz zu vergessen. Noch besser wäre es, das Lager dem Erdboden gleichzumachen, statt Unsummen auszugeben, um diesen Rummelplatz des Schreckens zu sanieren und zu konservieren. Allein die Bundesrepublik hat 60 Millionen Euro zugesagt, derweil die letzten Überlebenden des Holocaust in Polen mit weniger auskommen müssen als ein von der UNRWA versorgter Palästinenser in Gaza. Eine Sprecherin des Außenamtes erklärte Anfang 2009 gegenüber der dpa: »Wir betrachten es weiterhin als eine Kernaufgabe Deutschlands, die Erinnerung an den Holocaust wachzuhalten. Wir werden weiterhin zu der historischen Verantwortung Deutschlands stehen.«
Genau darin liegt das Problem. Die historische Verantwortung Deutschlands erschöpft sich darin, »die Erinnerung an den Holocaust wachzuhalten«, nicht etwa die kommende Endlösung der Nahostfrage zu verhindern. Es ist eine Art Ablasshandel. Dabei sind 60 Millionen für die Sanierung von Auschwitz nur ein Bruchteil der Summe, die im deutsch-iranischen Handel umgesetzt wird; eine Broschüre der »Deutsch-Iranischen Handelskammer zu Teheran« führt 200 deutsche Firmen auf, die im und mit dem Iran Geschäfte machen, darunter auch zwei Unternehmen, die Tunnelbohrmaschinen herstellen, die für den Bau von unterirdischen Urananreicherungsanlagen gebraucht werden, und zwei Hersteller von
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