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Vergib uns unsere Sünden - Thriller

Titel: Vergib uns unsere Sünden - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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während sie ein Stück vom Honigkuchen abschnitt und ihm Kaffee einschenkte.
    Miller nickte. »Ja, einen großen Fall.«
    »Und wie groß ist der Fall, dass man morgens nicht mal mehr hallo sagen kann?«
    Miller lächelte hintergründig. »Damit wollen wir nicht wieder anfangen, Harriet. Ich erzähle Ihnen davon, wenn er geklärt ist.«
    »Und was ist mit Marie? Das Weite gesucht?«
    »Scheint so … Sieht aus, als hätte sie das Weite gesucht.«
    Harriet schüttelte den Kopf. »Ist das alles ein Blödsinn. Junge Leute haben keine Geduld heutzutage. Ein kleiner Streit, und alles ist aus, ja?«
    Miller antwortete nicht. Er sah Zalman an. Zalman schüttelte den Kopf. Geht mich nichts an, sollte die Geste sagen, lassen Sie mich da raus.
    »Essen Sie«, befahl Harriet. »Essen Sie, bevor Sie mir vor Hunger vom Stuhl fallen.«
    Miller nahm das Stück Honigkuchen. Eine Weile saß er schweigend da - in seiner kleinen Oase hinter der kleinen Tür, zu der er ungesehen hineinschlüpfen konnte, um alles hinter sich zu lassen.

    Die düstere Welt da draußen konnte bis morgen warten. Montag, der 13. November, war der Tag der Autopsie-Ergebnisse, und dann würde er nochmal ins Sheridan-Haus fahren müssen und jede Einzelheit mit den aus den anderen drei Fällen bekannten Details abgleichen und in Zusammenhang setzen. Ein Vorhaben, das Miller gleichermaßen ängstigte und erregte. Er begann eine Art Jagdinstinkt zu spüren. Seit mehr als einem halben Dutzend Stunden hatte er nicht an seine Exfreundin Marie McArthur gedacht und war erst durch Harriet, später durch die Kartons im Flur vor der Badezimmertür an sie erinnert worden. Kartons, die den Rest ihrer Habseligkeiten enthielten, die Überbleibsel der paar Monate, die sie hier zusammengewohnt hatten. Das schien ihm - inmitten all der anderen Dinge - etwas Versöhnliches zu haben.
    Er verabschiedete sich kurz vor Mitternacht von Harriet und Zalman, und um kurz nach eins - nachdem er geduscht und Wäsche in die Waschmaschine gestopft hatte - lag Robert Miller beim Lärm der Stadt, der durch das gekippte Fenster drang, in seinem Bett und schloss die Augen.
    Aber er schlief nicht gleich ein. Er lag wach und dachte über die eine Sache nach. Die eine Sache , die leise zu ihm sprach, wenn niemand zuhörte.
    Gegen zwei Uhr morgens schlief er schließlich doch noch ein, aber sein Schlaf war zerrissen und unruhig.

    Damals, vor langer Zeit, bevor ich zu John Robey wurde … war mein Vater noch da.
    Big Joe. Big Joe, der Tischler.
    Er stand ganz still da, minutenlang manchmal. Ich wusste nur zu gut, dass ich in solchen Momenten nichts Schlimmeres hätte tun können, als ihn zu stören. Ich hörte, wie meine Mutter mit ihm redete, gemurmelte Worte, die im Lauf
der Zeit immer unverständlicher wurden, und er hörte ihr zu, die personifizierte Geduld, und dann setzte er sich zu ihr ans Bett und half ihr mit Nadel und Phiole und all seinem Herzleid und seiner Geduld, über den Schmerz hinwegzukommen.
    »Morphium«, erklärte er mir, »wird aus Mohnblumen gewonnen - leuchtend roten Mohnblumen. Ein blutiges Rot. Felder, so weit das Auge reicht. Daraus gewinnt man Opium, und das Opium verarbeitet man zu Morphium, und das hilft ihr, verstehst du? Es nimmt ihr den Schmerz - wenigstens für eine Weile …«
    Mit Tränen in den Augen.
    Er wendet sich von mir ab, und ich trete zurück und bleibe auf dem Flur vor ihrer Schlafzimmertür stehen.
    Er sieht ständig erschöpft aus. Gehört zu den Menschen, die bis zur Erschöpfung über alles nachgrübeln. Egal, wann er aufbrach, wie gut vorbereitet er war, für meinen Vater war es immer schon dunkel, wenn er sich auf den Heimweg machte. Irgendwann einmal musste er vom Weg abgekommen sein. Und hat ihn seither nicht wiedergefunden.
    Das war meine Einführung in das Thema Morphium, Opium, Heroin …
    Heroin. Stammt von dem griechischen Wort »Heros« ab. Der Held … Der Krieger … Halb Gott, halb Mensch …
    Es kann vieles bedeuten, je nachdem, von welcher Seite man es betrachtet.
    Ich? Ich habe es von beiden Seiten betrachtet.
    Ich kenne meinen Vater, den Tischler. Big Joe. Ich weiß, warum er getan hat, was er getan hat, und was es uns alle gekostet hat.
    Ich sehe ihn vor mir, wie er im Flur stand. Er trug einen Hut. »Komm«, sagte er. »Wir fahren weg.«
    »Wohin?«, fragte ich. Ein bekümmerter Junge, nicht älter als sechs oder acht oder zehn Jahre.

    »Überraschung«, sagte er.
    »Gib mir einen Tipp«, sagte ich.
    »Rüber auf den Highway, und

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