Vergib uns unsere Sünden - Thriller
seines Vornamens schoss Miller einen schnellen Blick auf sie ab. Wie sie ihn ausgesprochen hatte. Er konnte nicht verleugnen, dass er sich ihr irgendwie verbunden fühlte. Ihre Aussage hatte ihn entlastet, ihm womöglich das vorzeitige Ende seiner Karriere erspart. Sie hatte ihn gerettet. Fühlte er nur Dankbarkeit, oder hatte sich ein anderes, unerwartetes Gefühl daruntergemischt?
»Sie müssen es ja nicht zu Papier bringen«, sagte er. »Sie dürfen sogar jederzeit abstreiten, überhaupt etwas gesagt zu haben. Ich möchte nur wissen, wie es passiert sein könnte.«
Hemmings sah Roth an. Roth nickte aufmunternd.
»Ich glaube, es hat … jemand hat versucht, es so aussehen zu lassen wie bei den ersten drei Opfern. Es sollte genauso aussehen wie bei den drei anderen.«
»Und der Täter war nicht derselbe?«
Hemmings zögerte. »Meine private Meinung, weiter nichts, okay?«
»Okay.«
»Es war ein anderer, Detective … Ich glaube an einen Trittbrettfahrer.«
Miller schaute Roth an, keiner sagte etwas.
»Drei andere Dinge noch«, sagte sie. »Zuallererst die Tatsache, dass wir sie nicht formal identifizieren konnten …«
Miller wollte etwas sagen, aber Hemmings ließ ihn nicht zu Wort kommen.
»Einen Reisepass? Ja, den haben wir. Sogar einen Führerschein, aber es ist kein Fahrzeug auf sie zugelassen.«
»Das ist nicht so ungewöhnlich«, sagte Roth. »Viele Leute haben einen Führerschein, aber kein Auto.«
»Ich weiß, aber das ist nicht alles«, sagte Hemmings. »Bis jetzt stimmt ihre Sozialversicherungsnummer nicht mit ihrem Namen überein. Ich bekomme den Namen von einer spanischen Frau oder so was. Ich habe ihn da drüben notiert.«
Miller schüttelte den Kopf. »Tut mir leid«, sagte er, »aber ich verstehe das nicht …«
»Wie ich gesagt hab«, erwiderte Hemmings. »Wir haben ihre Versicherungsnummer, zumindest müsste es ihre Nummer sein, und wenn ich sie in den Computer eingebe, spuckt er einen ganz anderen Namen aus.«
»Genau wie bei den anderen«, sagte Miller.
Hemmings hob den Blick.
»Es gibt auch bei den anderen Probleme mit der Identifizierung«, sagte Miller.
»Der Identifizierung des Opfers gilt immer unsere erste Sorge«, fuhr Hemmings fort, »und in diesem Fall ist nichts dabei herausgekommen, weder bei der DNS noch bei den Fingerabdrücken oder dem Gebiss, und als die Versicherungsnummer einen falschen Namen hervorbrachte …« Sie schüttelte den Kopf. »Ich hatte einen guten Grund, in der medizinischen Datenbank des Bezirks nach ihr zu suchen.«
Miller runzelte die Stirn. »Sie war krank?«
»Mehr als das … Sie war dabei, an Krebs zu sterben.«
Millers Miene sagte alles. Eine Art Verwirrung, als hätte er mehr Informationen bekommen, als er verarbeiten konnte. »Wie ernst?«, fragte er.
»In der Brust - genauer gesagt der Lunge. Rechter Lungenflügel. Fortgeschrittenes Stadium, aber was viel wichtiger ist, sie findet sich nicht in der medizinischen Datenbank, und das heißt, dass sie keinen registrierten Arzt konsultiert hat.«
»Fortgeschrittenes Stadium?«, schaltete Roth sich ein. »Was heißt das konkret?«
»Das ist schwer zu sagen«, antwortete Hemmings. »So ein Tumor ist ein seltsames Phänomen. Zellen, die sich wahllos reproduzieren, aggressive Zellen, wie wir sie nennen, und wenn sich eine ausreichende Zahl von ihnen schnell genug vermehrt, hat man einen Tumor. Der Körper ist in der Lage, eine gewisse Zahl zu bekämpfen, und manche Tumoren bleiben immer gutartig, obwohl sie wachsen. Catherine Sheridans Tumor war bösartig, sehr bösartig, und ich glaube nicht, dass sie noch lange gelebt hätte.«
»Hat sie irgendwelche Medikamente genommen, sich einer Behandlung unterzogen?«
»In ihrem Körper haben sich keine Hinweise darauf gefunden. Keine Schmerzmittel, nichts. Und wie gesagt, einen Vermerk über ihre Registrierung als Patientin habe ich nirgends finden können. Es gibt alternative Kliniken, gar nicht mal so wenige, aber die legalen unter ihnen müssen wie alle anderen Patientendaten registrieren und Rechenschaft darüber ablegen, wer sich bei ihnen behandeln lässt.«
»Aber es gibt auch Behandlungsorte, die keine Patientendaten registrieren?«, fragte Roth.
»Sicher gibt’s die«, antwortete Hemmings. »Hinterhof-Abtreiber, Tierärzte, die kleinere Operationen durchführen, illegale Schönheitschirurgen …«
»Aber Ärzte, die Krebs behandeln?«
Hemmings zuckte die Achseln. »Wer weiß das schon? Ich habe von Heilpraktikern gehört, die
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