Vergib uns unsere Sünden - Thriller
Stundenplan dehnt sich in beide Richtungen, bis der Fall gelöst ist.«
»Ich hab Amanda schon darauf vorbereitet, dass es eine Weile so sein wird.«
»Geht’s ihr gut?«
»Natürlich geht’s ihr gut«, sagte Roth. »Du kennst Amanda. Der geht’s immer gut.«
»Manchmal glaube ich, sie ist das Beste an dir.«
Roth lachte. »Komm in den Club, Miller. Komm endlich in den Scheißclub.«
Der Sergeant saß noch am Tresen, als sie im Zweiten Revier eintrafen. »Wir haben keinen Michael«, sagte er. »Jedenfalls nicht in der Altersgruppe. Einen siebenjährigen und einen einundsechzigjährigen hab ich gefunden. Die einzigen McCulloughs in der Stadt, die Michael heißen.«
Miller zuckte die Achseln. »Dann ist er weggezogen, nachdem er den Dienst quittiert hat.«
»Such weiter«, sagte Roth. »Vielleicht findest du noch was.«
»Wir sind schon dabei«, erwiderte der Sergeant.
»Rufst du Lassiter für uns an?«, fragte Roth. »Sag ihm, wir sind wieder da und auf dem Weg nach oben.«
»Mach ich.«
Der Sergeant nahm den Hörer und wählte Lassiters Nummer, während Miller und Roth zur Treppe hinübergingen.
Natasha schaute zum Küchenfenster hinaus, hinunter auf die Wüstenei, die sich vor ihren Blicken ausbreitete, den Müll und den Unrat, die aus Gassen und Türen und Kellereingängen zu quellen schienen. Sie stand still da, atmete tief und fragte sich, warum Darryl nie mit ihr geredet hatte. Nicht über sie oder an sie hin, sondern mit ihr. Warum er sie nicht zur Seite genommen, sich mit ihr hingesetzt, ihr einen Arm um die Schulter gelegt, sie an sich herangezogen und ihr gesagt hatte, was er lange schon auf dem Herzen gehabt haben musste. So ist es. So einer bin ich, das mache ich. Und so versuche ich wiedergutzumachen, was ich angerichtet habe.
Natasha schloss die Augen, etwas drängte sich ihr wie eine Faust in die Brust, und sie dachte an Chloe am Ende des Flurs, an Esme, an die beiden, die jetzt vor dem Fernseher saßen, einander nicht verstanden, was aber überhaupt keine Rolle spielte, weil es ihnen vollkommen genügte, sich gegenseitig
Gesellschaft zu leisten … Und jetzt wünschte sich Natasha, dass Darryl King bei ihr wäre. Dass er sah, was für ein Mädchen seine Tochter geworden war. Dass er irgendeinen Anteil haben könnte an dem, was er gezeugt hatte. Aber er war tot. Erschossen von einem Namenlosen, aus Gründen, die sie nicht kannte. Und Michael McCullough, aus dem Dienst ausgeschieden und verschwunden, und dieser Robert Miller mit seinem Partner und sein Versprechen, McCullough ausfindig zu machen und ihn zu fragen, wie er, um Himmels willen, auf die Idee gekommen war, Darryl zu einer Razzia mitzunehmen …
Das ist jetzt mein Leben , dachte sie. Entweder ich mache das Beste daraus oder ich mache, dass ich hier wegkomme.
Sie lächelte in sich hinein, und als sie sich umdrehte, stockte ihr der Atem in der Brust.
Miller schaltete seinen Computer an und tippte den Namen Isabella Cordillera in das Suchfenster. Einen Augenblick wartete er, dann schaute er zu Roth.
»Sieh dir das an«, sagte er lächelnd, schüttelte den Kopf, runzelte die Stirn und beobachtete die Veränderungen auf Roths Gesicht, während er den Eintrag auf der Suchseite las.
»Cordillera Isabella«, sagte Roth. »Beherrschende Gebirgskette, die sich annähernd dreihundertsechzig Kilometer von Chinandega an der Westküste zur honduranischen Grenze bei den Montañas de Colón zieht. Die Cordillera Isabella streitet sich mit Costa Ricas Cordillera de Talamanca um die Krone der weitläufigsten Bergketten der Mittelamerikanischen Halbinsel … und so weiter und so weiter …« Roth sah Miller an und schüttelte den Kopf. »Ein Zeitungsausschnitt über die Wahlen, und jetzt das?«
»Wie’s aussieht, will uns jemand etwas erzählen …«, begann Miller, aber das Klingeln des Telefons auf seinem Schreibtisch schnitt ihm das Wort ab.
Augen. So dunkel, dass sie kaum zu erkennen waren.
Sie waren das Erste, was sie sah, vielleicht auch das Einzige, denn etwas an der Art, wie er sie anschaute, ließ sie erstarren und verstummen. Sein Blick schien durch sie hindurchzugehen, gab ihr das Gefühl, nichts zu sein.
Als sie wieder atmete, schüttelte er den Kopf, hob den Zeigefinger an die Lippen, und etwas in seinem Blick verbot ihr, sich zu rühren, sagte ihr, dass hier etwas auf sie zukam, das so unglaublich viel größer war als sie, das sie verschlingen würde, wenn sie es herausforderte, also blieb sie besser still
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