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Vergiftet

Vergiftet

Titel: Vergiftet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
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sie schließlich. »Was, glauben Sie, können Sie tun?«
    »Ich weiß es nicht«, sagt Henning und atmet laut aus. »Aber ich würde sagen, ich hole mal meine Trainingsklamotten aus dem Schrank.«
    13
    »Sind wir bald da?«, jammert Julie Brenden und versucht, sich aus dem Kindersitz zu schieben, aber der Gurt hält sie fest.
    »Schatz, es ist nicht mehr weit«, antwortet Elisabeth und dreht sich um. »Nicht wahr, Papa?«
    »Es ist gleich da vorn«, sagt Thorleif, als der beliebte See Bogstadvannet zwischen den Bäumen auftaucht. Im Sommer ein Ort zum Baden, im Winter zum Skifahren. Auf der anderen Seeseite leuchten die weichen Fairways des mondänen Osloer Golfklubs in der Spätsommersonne.
    »O mein Gott«, sagt Elisabeth, als sie in Richtung Bogstadgård abbiegen. »Wir sind nicht die Einzigen, die heute hierhin wollen.«
    Thorleif sieht die vielen Autos, die bereits vor dem Hof parken. Er lässt den Wagen langsam über das Kopfsteinpflaster ausrollen, findet aber keinen Parkplatz. »Ich kann euch da vorn am Eingang rauslassen und dann irgendwo anders einen Parkplatz suchen«, sagt er.
    »O ja, das wäre toll.«
    Er fährt so dicht wie nur möglich an den Eingang heran und hilft Julie aus dem Sitz.
    »Ich komme dann gleich nach«, sagt er. »Achte auf dein Handy, damit ich euch auch finden kann.«
    Doch Elisabeth scheint ihn nicht zu hören, sie streckt ihre Hände zu den Kindern aus und winkt sie zu sich. Julie hüpft glücklich über die Steine. Thorleif will den Hinweis wiederholen, als ihm der dunkelblaue BMW dicht hinter ihm auffällt.
    »Oh, sorry«, sagte er und hebt die Hand. Er steigt schnell ein und fährt wieder auf die Straße. Das wird ein langer Fußmarsch, denkt er, denn an beiden Seiten der Straße stehen die Autos dicht an dicht aufgereiht. Der BMW hängt noch immer an seiner Stoßstange.
    Auf der linken Straßenseite taucht ein Parkplatz auf. Mit erwartungsvollen Blicken sieht er dort ganze Familien aus ihren Autos aussteigen. Vielleicht ist da noch ein Platz frei, denkt Thorleif, biegt ab und rollt langsam über den Schotter.
    Da! Ein einzelner freier Platz! Er gibt Gas, damit ihm niemand zuvorkommt, und parkt ein. Zufrieden macht er den Motor aus, bleibt noch einen Moment im Wagen sitzen und blinzelt in die Sonne. Dann löst er den Sicherheitsgurt und wirft einen Blick in den Rückspiegel. Quer hinter ihm steht derselbe dunkelblaue BMW . Der Fahrer scheint ihn anzustarren. Thorleif versucht herauszufinden, ob er etwas von ihm will, es sieht aber nicht so aus.
    Als Thorleif aussteigt, graben sich die Räder des BMW in den Boden und wirbeln den Schotter auf. Thorleif fallen die weiße Haut und der lange Pferdeschwanz des Fahrers auf. Das Auto blinkt links, biegt auf die Straße ein und rast in Richtung Zentrum davon.
    Komisch, denkt Thorleif. Das sah fast so aus, als hätte der mich verfolgt.
    14
    Menschen sind Gewohnheitstiere. Sie haben ihre festen Rituale, die sie jeden Tag, jede Woche, jedes Jahr wiederholen. Auch Henning ist so. Früher, vor Jonas, ging er öfter in Restaurants oder Bars, und wenn er mehr als einmal auf die Toilette ging, landete er immer in derselben Kabine. Manchmal, wenn sie besetzt war, wartete er sogar darauf, dass sie frei wurde.
    Veronica Nansen hat ihm gesagt, dass Tore und seine Freunde immer sonntags um 13 Uhr zum Training gingen und dass diese Verabredung nur gebrochen wurde, wenn sie einen wirklich guten Grund hatten. Als Henning vor dem Studio Kraft & Respekt im Kjølbergveien anhält, ist es kurz nach halb zwei. Mit etwas Glück, denkt er, halten sie noch immer an ihrem Ritual fest.
    Auf einer schmutzigen Glastür steht der Name des Klubs in roter Schrift auf schwarzem Grund. Drinnen fällt ihm als Erstes der lilafarbene Teppich auf, der zu dem massiven Empfangstresen führt. Drei winzige Topfpflanzen sind willkürlich auf dem Tresen verteilt worden, auf dem sonst noch die Kasse und ein Karteikasten mit Trainingskarten steht. Das Gesicht einer jungen Frau mit kurzem Haar wird vom Licht des Bildschirms angestrahlt, in den sie sich vertieft hat. Hinter ihr in der Ecke stehen zwei weiße Garderobenschränke, die bis zum Rand gefüllt sind mit Nahrungsergänzungsmitteln und Proteindrinks.
    Henning wartet darauf, beachtet zu werden, aber es geschieht nichts.
    Der Mensch, den er zuerst als Frau katalogisiert hat, wirkt nicht sonderlich feminin. In beiden Ohren stecken Ringe, und Augen und Lippen sind schwarz geschminkt. Auch die Oberarmmuskeln sind markant wie bei

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