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Vergiftet

Vergiftet

Titel: Vergiftet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
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Zähnen knackt.
    Keine gute Idee, denkt Iver, die falsche Strategie. »Hatte Tore im Milieu irgendwelche Feinde?«, fragt er.
    »Nein.«
    »Das Nein kam aber schnell.«
    »Da haben wir es wieder«, sagt Nylund.
    »Was?«
    »Das Nein, das eigentlich ›Nein, aber ich lüge‹ bedeutet.«
    »Tun Sie das?«
    »Nein.«
    »Nein, aber Sie lügen?« Iver hebt entschuldigend die Hände. »Sorry, aber die Vorlage war einfach zu gut.«
    Er versucht zu lachen, aber Nylund lässt sich davon nicht anstecken.
    »Es ist kein Geheimnis, Nylund, dass Sie Leute bei sich arbeiten lassen, die mehr als ein Bein in der Geldeintreiber-Branche haben. Sie kennen in diesem Business nicht zufällig einen Mann, der groß und dünn ist und immer einen Pferdeschwanz trägt?«
    Nylund sieht ihn an und verzieht sein Gesicht zu einem schiefen Grinsen. »Ihr Name ist Gundersen, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Sie stellen seltsame Fragen, Gundersen.«
    »Das muss manchmal sein.«
    »Sind wir fertig?«
    »Dann kennen Sie niemanden, auf den diese Beschreibung zutrifft?«
    Nylund lächelt schief. »Tut mir leid«, sagte er. »Ich kann Ihnen nicht helfen.«
    »Okay, danke für das Gespräch.«
    Nylund lässt sein Colaglas halb voll stehen und verschwindet über die Wendeltreppe nach oben.
    Mist, ich komme einfach nicht weiter, denkt Iver und fragt sich, wie er diese Leute zum Reden bringen kann. Es wäre verdammt gut, mal irgendetwas herauszubekommen, das Henning noch nicht weiß!
    74
    Henning kaut an einem Knäckebrot und studiert seinen eigenen Artikel über Thorleif Brenden, als sein Handy klingelt. Es ist Bjarne Brogeland. Der Polizist lässt alle Höflichkeitsformen elegant links liegen.
    »Ich habe jetzt das Video gesehen«, sagt er. »Worüber wolltest du mit mir reden?«
    Henning erzählt ihm, was er über Brendens geschlossene Hand und Pullis beinahe empörten Blick denkt. »Der Kamerawinkel ist nicht sonderlich gut, aber es passiert irgendetwas, während Brenden seine Hände hinter Pullis Oberkörper hat«, fährt Henning fort.
    Es wird still. Er streckt den Arm nach hinten aus und schaltet den Ventilator aus. Das Rauschen in der Küche verstummt, stattdessen klebt wieder die Wärme auf seiner Haut.
    »Wisst ihr inzwischen, woran Pulli gestorben ist?«, fragt er.
    »Der vorläufige Obduktionsbericht hat keine Antwort ergeben, abgesehen von …«
    Brogeland hält inne.
    »Wovon abgesehen?«
    »Das kann ich dir nicht sagen, Henning. Sorry. Ich …«
    »Komm schon, Bjarne, du weißt, dass ich nichts schreibe, was eure Ermittlungen gefährdet.«
    Brogeland atmet schwer. »In seinem Nacken ist eine abnorme Läsion gefunden worden.«
    »Wovon?«, fragt Henning aufgeregt.
    »Das wissen wir noch nicht. Aber es erinnert an einen winzigen Stich. Von einer Nadel oder so.«
    »Eine Nadel«, murmelt Henning und denkt an das, was ihm die Rechtsmedizinerin Karoline Omdahl über Nervengifte gesagt hat. In diesem Fall muss es sich um eine extrem schnell wirksame Substanz handeln.
    »Schlau«, sagt Henning. »Tore Pulli war Diabetiker und hatte früher einen Haufen Piercings.«
    »Ja und?«
    »Ich habe ihn neulich mal gefragt, ob man sich an die Stiche gewöhnt oder daran, sich selbst zu spritzen. Er meinte damals, dass er diese Stiche kaum noch spürt.« Henning lächelt und nickt. Verdammt gut überlegt. »Ich habe heute mit Brendens Lebensgefährtin gesprochen. Sie hat mir das Blatt gezeigt, das Brenden unter ihrem Kopfkissen versteckt hatte. Konnte sie euch helfen?«
    »Wie meinst du das?«
    »Habt ihr ein Phantombild von dem Typen anfertigen lassen, von dem Brenden spricht? Wisst ihr, wer das ist?«
    »Noch nicht«, antwortet Brogeland. »Aber wir arbeiten daran.«
    Henning nickt wieder. »Wann kann ich schreiben, dass Tore Pulli umgebracht worden ist?«
    »Das ist noch nicht abschließend bewiesen, Henning. Du solltest darüber nicht spekulieren, sonst riskieren wir, dass sich die eventuellen Hintermänner absetzen.«
    »Okay«, sagt Henning und seufzt.
    Nachdem sie aufgelegt haben, bleibt Henning sitzen und lauscht der Stille in seiner Wohnung. Tief in ihm rumort es. Auch wenn Brogeland noch Vorbehalte hat, deutet alles darauf hin, dass Pulli mit Gift ermordet wurde. Aber werden sie die Art des Gifts analysieren können? Der endgültige Obduktionsbericht liegt vermutlich frühestens in zwei Monaten vor. Und selbst wenn sie Rückstände eines Gifts finden sollten, bedeutet das nicht, dass sie damit auch ermitteln können, für welche Leute Brenden diesen Mord

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