Vergiss das mit dem Prinzen: Roman (German Edition)
auf dem stand: Lydia Bell geht es viel besser, danke der Nachfrage, ja, sie war mal berühmt?
»Hör mal, Roars, ich will nicht unsensibel sein …«, begann Ticky – eine überraschende Äußerung. »Aber wir haben riesigen Stress mit der neuen Ausgabe. Nächste Woche ist die Deadline für den Druck. Also muss ich dir sofort einiges aufhalsen.«
»Klar«, stimmte ich zu und staunte, weil sie so schnell vom privaten Klatsch zum Job überwechselte. Dann zeigte ich auf ihren Schreibtisch. »Offenbar hast du alles unter Kontrolle.«
»O ja.« Sie stand auf und warf ihr Haar über eine Schulter. »Macht sogar Spaß.«
»Wirklich?«
»Nicht zu fassen, was? Maaahn blieb nichts anderes übrig, als den ganzen Scheiß bei mir abzuladen. Und bisher ist noch nichts total schiefgelaufen.«
»Deshalb der neue Look?«
»Na ja – zieh dich für den Job an, den du willst, nicht für den Job, den du hast. Das hat Daddy früher immer gesagt, obwohl er eigentlich meinte: ›Bitte, hör auf, in abgeschnittenen Jeans herumzulaufen und den Gärtner von der Arbeit abzulenken.‹Hier wird sich einiges ändern. Und dafür style ich mich.«
Tickys Verwandlung verblüffte mich fast so sehr wie Lysanders Story. Plötzlich war aus der arbeitsscheuen Privatschülerin eine ambitionierte Karrierefrau geworden. Würde sie mich übertrumpfen? Es war ein seltsames Gefühl, darüber nachzudenken. Noch seltsamer war, dass es mich nicht stören würde. Marthas unerwarteter Ausstieg gab mir zu denken. Ich hatte immer geglaubt, ich würde einmal in den Fußstapfen ihrer hässlichen Schuhe auf der Country - House- Karriereleiter nach oben steigen. Sollte ich ihr stattdessen zur Tür hinaus folgen?
»Hörst du mir zu, Roars?«, rief Ticky. »Ich sagte, Maaahn will dich um elf sehen.«
»So? Warum?«
»Glaubst du, sie hat mir in ihrem Büro Kaffee serviert und mir in aller Ruhe erklärt, was sie mit dir besprechen will?« Ticky verdrehte die Augen. »Danach hat sie sich dann noch bei mir über ihre Ehe ausgekotzt und mir einen Tampon geliehen. Großer Gott, du sollst um elf bei ihr sein, und das war’s.«
Ich vermutete, dass mich Amanda in erster Linie wegen Marthas Kündigung sprechen wollte. Und gerade die machte mich nervös. Jetzt war ich die einzige Außenseiterin in der adeligen Country-House -Welt – die Einzige, die verstand, was es hieß, ein Teil dieser Welt zu sein, aber nicht dazuzugehören . Martha hatte mein Engagement für den Job geschätzt, während sich die anderen über meinen Mangel an nützlichen Kontakten und blonden Strähnen wunderten.
Ohne zu wissen, dass es auch noch Martha bei Country House gab, fühlte ich mich angesichts des Treffens mit Amanda ausgeliefert und verwundbar. Und offenbar ahnte nicht nur ich die Probleme voraus, die mir drohten. Flickers und Noonoo tuschelten in einer Ecke und linsten zu mir herüber. Als sie meinen Blick bemerkten, winkten sie mir scheinbar beiläufig zu, was meine Sorge noch schürte.
Auf dem Weg zu Amandas Büro fixierte ich den Teppichboden, spürte aber das Interesse, das mich begleitete. Wurden jetzt, nach Marthas Verschwinden, Wetten auf mein Schicksal abgeschlossen?
Catherine eilte mir eifrig entgegen. »Oh, arme Rory, wie schrecklich muss das sein, tut mir so leid!« Da ich nicht wusste, ob sie Tante Lyds Herzanfall oder das bevorstehende Meeting meinte, lächelte ich einfach nur höflich und ließ mich ins Chefbüro führen.
Dort hatte Amanda ihren Sessel zum Fenster gedreht. Jetzt schwenkte sie ihn herum, stand auf und strahlte mich gewinnend an. Einladend wies sie auf den Sessel vor dem Schreibtisch, und wir setzten uns. Um ein Zittern meiner Finger zu verhindern, schlang ich sie ineinander. Natürlich durfte ich mir meine Nervosität nicht anmerken lassen.
»Nun, Rory, wie geht es deiner Tante?« Amanda schob eine Box mit Papiertaschentüchern näher zu mir.
»Danke, viel besser. Und nochmals vielen Dank für die Blumen, wir waren sehr gerührt.«
»Das war doch nur eine kleine Geste.« Amanda winkte ab. »Was für ein Arbeitgeber wären wir denn, wenn wir solche Probleme in deiner Familie einfach ignorieren würden?«
Ein Arbeitgeber, der sich nie für mein Familienleben interessiert hat und einer prominenten Persönlichkeit automatisch Blumen schickt, ohne zu ahnen, dass sie mit mir verwandt ist, dachte ich.
»Trotzdem hat es mich überrascht, dass du deine berühmte Tante nie erwähnt hast, Rory. Immerhin wäre Lydie Bell eine wundervolle Kandidatin für
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