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Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Titel: Vergiss den Sommer nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morgan Matson
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zuordnen konnte. Ich war völlig in den Film versunken, in die unglückliche Liebesgeschichte, als ich plötzlich zu meiner Rechten eine Bewegung wahrnahm. Ich wandte den Blick von Rick und Ilsa ab und sah Henry neben mir sitzen.
    »Hi«, flüsterte er.
    »Hi«, flüsterte ich zurück, überrascht und unweigerlich lächelnd. »Was machst du denn hier?«
    Er sah mich fragend an, und ein Lächeln zuckte um seine Mundwinkel, das ich lieber nicht zu lange ansah. »Einen Film ansehen?«, antwortete er, als ob das nicht offensichtlich war.
    Ich spürte, wie meine Wangen rot wurden, und war froh über das barmherzige Halbdunkel. »Ja klar«, wisperte ich, »hab mich nur gewundert, wieso ich dich vorhin nicht gesehen habe.«
    »Oh, hast du mich gesucht?«, fragte Henry, machte es sich neben mir bequem und lehnte sich zurück auf seine Hände. Ich schüttelte den Kopf und sah für einen Moment wieder zur Leinwand, wo Humphrey Bogart sich gerade die ungefähr vierzigste Zigarette in diesem Film anzündete. »Ich musste meinem Vater noch dabei helfen, was für morgen vorzubereiten«, erklärte er nach einer kurzen Pause.
    Ich drehte meinen Kopf ganz leicht, sodass ich ihn ansehen konnte. Die Schatten von der Leinwand huschten über sein Gesicht. Jetzt, wo er es erwähnt hatte, fiel mir der süßliche Duft an ihm auf – irgendwie nach Kuchenteig und Zimt. Als mir bewusst wurde, dass ich ihn anstarrte, schaute ich ganz schnell wieder zur Leinwand, auf die Welt von Ricks Café, in die ich eben noch ganz tief eingetaucht war. Ich spürte, wie mein Herz schneller schlug, und musste daran denken, dass ich theoretisch nur meine Hand ein bisschen auszustrecken brauchte, um seine zu berühren. Was der Grund war, dass ich den Blick nicht von der Leinwand löste, als ich ihn in möglichst beiläufigem Ton fragte: »Wo ist eigentlich deine Freundin?«
    »Freundin?« Henry klang so ehrlich verwundert, dass ich doch einen Blick zu ihm wagte.
    »Ja«, sagte ich. »Die, mit der du Eis essen warst. Und die ich auch bei dir zu Hause gesehen habe …« Weiter kam ich nicht. Henry schüttelte den Kopf.
    »Das ist Davys Babysitterin«, sagte er. »Eigentlich braucht er das gar nicht mehr, aber Dad macht sich sonst eben Sorgen.«
    »Du bist also gar nicht … mit ihr zusammen?« Ich musste daran denken, wie sie ihn in der Eisdiele angesehen hatte, und daran, wie ihre Hände sich berührt hatten.
    »Nein«, sagte Henry leise. »Es war vielleicht mal kurz davor, aber …« Er sprach nicht weiter, sondern strich mit der Hand über den Sand, als ob er etwas glätten wollte. Gespannt darauf, wie der Satz weiterging, hielt ich den Atem an. »Aber ich hab’s mir anders überlegt«, sagte er schließlich und sah mich an.
    »Oh«, murmelte ich. Oh. Ich war mir nicht sicher, was das bedeutete, aber ich wusste ziemlich genau, was ich mir wünschte. In dem Moment traf mich die Erkenntnis, dass Henry – der nicht liierte Henry – hier neben mir in der Dunkelheit saß und wir gerade zusammen einen Film anschauten. Und ganz mir nichts, dir nichts waren die Schmetterlinge, die ich zum ersten Mal mit zwölf gespürt hatte, wieder da.
    »Also, was hab ich verpasst?«, flüsterte Henry einen Moment später. Ich schaute zu ihm und spürte, wie nahe wir einander waren, wie dicht er neben mir saß, obwohl auf der Decke noch reichlich Platz gewesen wäre.
    »Ich dachte, du hast den Film schon gesehen«, flüsterte ich und versuchte mich lieber auf die Leinwand zu konzentrieren.
    »Hab ich auch«, sagte er, wobei ich ein Lächeln aus seiner Stimme heraushörte. »Ich wollte nur eine kleine Auffrischung.«
    »Also«, fing ich an und drehte mich wieder ein bisschen zu ihm hin, damit ich ihn auch sah. »Rick ist voll sauer, weil Ilsa einfach ohne vernünftige Erklärung abgehauen ist.« Wie sehr diese Feststellung nicht nur auf den Film passte, fiel mir erst in diesem Moment auf. Wahrscheinlich hatte auch Henry das bemerkt, denn seine Stimme wurde etwas ernster.
    »Aber sie hatte doch sicher einen triftigen Grund dafür, oder?« Er schaute nicht mehr auf den Film, sondern direkt zu mir.
    »Weiß nicht«, erwiderte ich und musterte die Wolldecke und unsere nur eine Handbreit voneinander ausgestreckten Beine. »Ich denke, sie hatte einfach nur Angst und ist weggerannt, als es schwierig wurde.« Das hatte überhaupt nichts mehr mit dem Film zu tun, denn aus dem hatten wir gerade erfahren, dass Ilsa sehr wohl einen Grund hatte, Rick allein im Regen stehen zu lassen. Ich

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