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Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Titel: Vergiss den Sommer nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morgan Matson
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hingegen konnte nur auf meine eigene Feigheit verweisen.
    »Und was passiert dann?«, fragte er und schaute mich immer noch an.
    »Keine Ahnung.« Mein Herz fing wieder an zu rasen. Ich war mir jetzt ganz sicher, dass das wirklich nichts mehr mit dem Film zu tun hatte. »Was denkst du?«
    Er lächelte und sah wieder zur Leinwand. »Abwarten, würde ich mal sagen.«
    Auch ich schaute wieder auf den Film. »Wird wohl das Beste sein«, antwortete ich und gab mir Mühe, endlich wieder der Filmhandlung zu folgen – Nazis, französischer Widerstand, alle versuchen, Transit-Visa zu bekommen –, aber nach ein paar Minuten gab ich es endgültig auf. Die Geschichte lief direkt vor meinen Augen ab, aber das Einzige, was ich wirklich mitbekam, war Henrys Anwesenheit, wie dicht er neben mir saß, wie ich jede seiner Bewegungen, jede leichte Drehung seines Kopfes genau wahrnahm. Seine Gegenwart war mir so bewusst, dass in dem Moment, als der berühmte letzte Satz über den Beginn einer wunderbaren Freundschaft fiel, mein Atem denselben Rhythmus angenommen hatte wie seiner.

Kapitel 29
    »Und dann?«, wollte Lucy mit gespanntem Gesicht wissen.
    Ich trank einen Schluck Limo und schüttelte lächelnd den Kopf. »Nichts weiter«, antwortete ich. »Ehrlich.« Lucy seufzte. Ich ließ meinen Blick über den fast menschenleeren Strand schweifen und überlegte, ob wir bei so wenig Betrieb einfach früher schließen und Feierabend machen sollten.
    Es war die reine Wahrheit, dass bei der Kinonacht nichts weiter passiert war – zumindest zwischen Henry und mir. Wir hatten einfach schweigend den Film zu Ende angesehen. Danach war ich noch mal vor die nun dunkle Leinwand getreten, hatte den Leuten für ihr Kommen gedankt und zur nächsten Filmnacht in vier Wochen eingeladen. Das Ganze hatte ich ohne peinliches Gestammel oder überlange Pausen hingekriegt, was für mich ein Riesenfortschritt war. Als ich wieder bei unserer Decke ankam, waren Gelsey und Nora gerade mit einem komplizierten Klatschspiel beschäftigt, während meine Mutter die Decke zusammenlegte und sich dabei mit den Gardners unterhielt, die sich begeistert über das Drehbuch ausließen, das wohl zu den besten der Filmgeschichte zählte. Unterdessen arbeitete mein Vater sich aus dem Liegestuhl hoch, in den er in der zweiten Filmhälfte umgezogen war. Dadurch hatte ich eine Zeitlang komplett den Handlungsfaden verloren, weil ich mich ständig zu Dad umdrehen musste, der auf dem von ihm früher so geschmähten Liegestuhl schrecklich schmal wirkte.
    Henry war schon in Richtung Parkplatz unterwegs, winkte mir aber noch mal zu, als er mich sah. Ich winkte zurück und schaute ihm aus dem Augenwinkel nach, bis er verschwunden war. Bei meinem Blick zum Parkplatz entdeckte ich auch Warren und Wendy, die zwar nicht Hand in Hand, aber doch auffallend dicht nebeneinander gingen. Als ich Warrens Blick auffing, strahlte er mich glücklich an – so ein Lächeln hatte ich bei meinem Bruder, der sonst eher auf sarkastisches Grinsen spezialisiert war, noch nie gesehen.
    Nachdem ich Projektor und Leinwand weggeschlossen hatte, bedankte ich mich noch bei Leland. Der gähnte herzhaft, und ich konnte mich wohl glücklich schätzen, dass er während der Vorführung nicht eingeschlafen war. Gelsey fuhr mit den Gardners nach Hause, weil mein Vater solche Rückenschmerzen hatte, dass er sich auf der Rückbank ausstrecken musste. Ich schnallte mich auf dem Beifahrersitz an und sah zu ihm nach hinten. Im nachlassenden Licht – im Auto meiner Mutter ging die Innenbeleuchtung sofort strahlend hell an, sobald man die Tür aufmachte, und verlosch dann ganz allmählich, damit man sich wohl an die Dunkelheit gewöhnen konnte – sah ich, wie dünn mein Vater geworden war und wie sich die Wangenknochen in seinem Gesicht abzeichneten.
    »Na, hat dir der Film gefallen, Kleines?«, fragte mein Vater so unvermittelt, dass ich zusammenzuckte. Da seine Augen geschlossen waren, hatte ich angenommen, dass er eingeschlafen war.
    »Ja, sehr«, sagte ich und drehte mich ganz zu ihm um. Er öffnete die Augen und lächelte mich an.
    »Toll, dass ich ihn endlich auf der großen Leinwand genießen konnte«, sagte er. »Genau so muss man Ingrid Bergmann sehen.« Als meine Mutter die Tür öffnete, zwinkerte mein Vater mir zu und fügte hinzu: »Aber erzähl das nicht deiner Mutter.« Ich musste lachen.
    »Was soll sie mir nicht erzählen?«, erkundigte sich Mom lächelnd, ließ den Motor an und fuhr los. Der Parkplatz war

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