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Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Titel: Vergiss den Sommer nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morgan Matson
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abweisend.
    »Dasselbe könnte ich dich auch fragen«, entgegnete ich und dachte daran, wie ich Warren erst vor ein paar Minuten anvertraut hatte, dass Henry längst abgehakt war und ich ihn sicher nie wieder sehen würde. »Ich dachte, du wärst weggezogen.«
    »Du dachtest, ich wäre weggezogen?«, wiederholte er und lachte sarkastisch auf. »Aha.«
    »Ja«, sagte ich leicht gereizt. »Wir sind heute an euerm Haus vorbeigekommen, und da sah alles total anders aus. Gehört jetzt anscheinend irgendeiner Maryanne.«
    »In fünf Jahren kann sich ’ne Menge ändern, Taylor«, antwortete er, und mir fiel auf, dass er schon zum zweiten Mal meinen Namen komplett ausgesprochen hatte. Früher hatte mich Henry immer nur Taylor genannt, wenn er sauer auf mich war. Ansonsten hieß ich bei ihm Edwards oder Tay. »Ja, wir sind umgezogen.« Er deutete auf das Haus direkt neben unserem – es war so nahe, dass man die Blumentöpfe auf dem Fensterbrett erkennen konnte. »Dahin.«
    Sprachlos starrte ich in die Richtung, in die er zeigte. Das Haus hatte eigentlich immer den Morrisons gehört, und ich hätte nie daran gezweifelt, dass Mr und Mrs Morrison mit ihrem fiesen Pudel auch noch dort wohnten. »Du wohnst jetzt bei uns nebenan?«
    »Schon seit ein paar Jahren«, antwortete er. »Aber da euer Haus immer vermietet war, hätte ich nicht gedacht, dass du irgendwann noch mal wiederkommst.«
    »Ich ehrlich gesagt auch nicht«, gab ich zu.
    »Und wie kommt es dann«, fragte er und sah mich so direkt an, dass mich das Grün in seinen Augen ganz durcheinanderbrachte, »dass ihr plötzlich wieder da seid?«
    Ich merkte, wie mir der Atem stockte, als mir der Grund – obwohl er mir ständig im Hinterkopf kreiste – wieder ganz bewusst wurde und die Nachmittagssonne zu trüben schien. »Tja, also«, sagte ich unsicher, sah hinaus auf den See und überlegte, wie ich es erklären sollte. Eigentlich war es ja nicht besonders kompliziert. Ich musste nur sagen: Mein Vater ist krank. Deshalb verbringen wir den Sommer hier oben zusammen. Das war nicht das Problem. Schwierig waren die Fragen hinterher. Was hat er denn? Ist es was Ernstes? Und dann wieder die unvermeidlichen Reaktionen, wenn klar wurde, wie ernst es wirklich war. Und dass es – selbst wenn ich es so nicht gesagt hatte – bedeutete, dass es um unseren letzten gemeinsamen Sommer ging.
    Ich hatte dafür keine ausformulierte Erklärung parat, weil ich diesen Gesprächen immer sorgfältig aus dem Weg gegangen war. An der Schule hatte die Nachricht so schnell die Runde gemacht, dass ich mich nicht weiter dazu äußern musste. Und wenn ich mit meiner Mutter unterwegs war und im Supermarkt jemand nach meinem Vater fragte, übernahm sie es, denjenigen zu informieren. Ich schaute dann immer sehr konzentriert in eine andere Richtung oder fühlte mich magisch vom Müsli-Regal angezogen und tat so, als ob das problematische Gespräch überhaupt nichts mit mir zu tun hätte. Ich hatte keine Ahnung, ob ich es überhaupt laut aussprechen konnte oder die anschließenden Fragen aushalten würde, ohne total die Fassung zu verlieren. Ich hatte noch nicht mal richtig geweint und wollte das jetzt bestimmt nicht ausgerechnet vor Henry Crosby tun.
    »Das ist ’ne ziemlich lange Geschichte«, sagte ich schließlich und starrte weiter auf die glatte Wasseroberfläche.
    »Klar«, antwortete Henry sarkastisch. »Glaub ich dir sofort.«
    Bei seinem Tonfall musste ich blinzeln. So hatte Henry noch nie mit mir geredet. Wenn wir als Kinder früher Streit hatten, ging das immer mit ein bisschen Dresche, Schimpftiraden und Witzeleien ab, und hinterher waren wir wieder Freunde. Aber wenn ich jetzt so hörte, wie wir uns gegenseitig angifteten, kam mir das plötzlich wie eine Fremdsprache vor.
    »Und wieso seid ihr umgezogen?«, fragte ich etwas gereizter als beabsichtigt und drehte mich mit verschränkten Armen wieder zu ihm um. In dieser Gegend zog nur selten jemand um. Auf der Hinfahrt hatte ich an den Schildern vor den Häusern gesehen, dass dort meistens noch dieselben Besitzer wohnten wie früher.
    Überrascht bemerkte ich, dass Henry rot geworden war und seine Hände in den Hosentaschen versenkt hatte – seit jeher ein sicheres Zeichen dafür, dass er nicht wusste, was er sagen sollte. »Das ist ’ne lange Geschichte«, wiederholte er meine Worte und sah zu Boden. Für einen Moment hörte man nichts weiter als das dumpfe Stoßen des Plastikkajaks gegen den Steg. »Ist ja auch egal«, sagte er nach einer

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