Vergiss es Baby - Roman
Männchen in schwarz-gelbem Dress, das Marlene an Biene Maja erinnerte, über einen abgenutzten Rasen stolperte. Der Ton war
abgestellt, wahrscheinlich um den Popsong mit folkloristischem Einschlag, der laut durch die Küche plärrte, besser zur Geltung kommen zu lassen. Ein Kerl grölte in einer Sprache, die wohl Russisch war, lauthals mit. Fast hätte sie das Telefon überhört.
»Also, Kind«, schallte Mamas Stimme an ihr Ohr, kaum dass sie abgenommen hatte. »Wir müssen endlich einmal das Badezimmer renovieren. George hat schon Fliesen ausgesucht, die wirklich ganz hervorragend zu unseren Armaturen passen!«
Marlene stöhnte, während Mama sich in einer Beschreibung des perfekten Badezimmers verlor. »Kannst du nicht diesen netten jungen Handwerker vorbeischicken, der neulich bei dir war?«
Natürlich. Sonst noch was? Vielleicht sollte Valentin auch für sie kochen?
»Ich werde ihn fragen«, log sie schnell und legte auf.
Niemand nahm Notiz von Marlene, die sich im Türrahmen postiert hatte. Erst als sie zum Kühlschrank ging und sich mit einer Cola in der Hand direkt vor den Monitor stellte, nahm man sie wahr. Ein attraktiver Kerl mit schwarzen Haaren, den sie erst nach einer Weile als Valentin identifizierte, sah sie entgeistert an. Fast hatte sie vergessen, dass er beim Friseur gewesen war. Schwarz stand ihm. Die Farbe stand in einem interessanten Kontrast zu seinem hellen Teint.
»Soll ich vielleicht die Spülmaschine anstellen? Oder den Staubsauger? Wie wär’s mit dem Mixer? Es ist so ruhig hier.« Ihre Stimme überschlug sich.
»Babe! Mach bitte keinen Stress. Komm, und setz dich zu uns. Feiere mit uns. Ein paar Freunde von mir sind hier. Ich hab
ganz oft versucht dich anzurufen, aber dein Handy war aus.« Ehe sie sich versah, hatte sie ein Glas mit einer klaren Flüssigkeit in der Hand. Das war doch kein Wodka, oder?
»Darf ich vorstellen! Das ist Nikolaj, spielt in Nürnberg. Er hat sich gleich nach meinem Anruf ins Auto gesetzt. Das sind Alexej und Konstantin aus Usbekistan und Maxim aus der Ukraine, ein Freund von Alexej und Nikolaj. Und natürlich Sascha, der Cousin von Sergej. Echte Russen. Und Alexander, aus meiner Heimat. Ein Freund von meinem besten Freund Alibek. Alle spielen. Oder sind Freunde von Spielern. Freunde von mir.« Marlene schwirrte der Kopf.
»Sergej ist im Wohnzimmer.« Valentin zwinkerte ihr zu. »Er schleift und hat versprochen, erst mit uns zu trinken, wenn Parkett fertig.« Er legte den Arm um sie. Eigentlich war sie ja sauer auf ihn. Er hatte sie beim Thailänder sitzen lassen und seine Kumpel eingeladen, anstatt mit ihr noch einmal den Ablauf der Konferenz durchzugehen.
Wie klug. Ihre einstudierten Antworten würde ohnehin niemand wirklich mitbekommen. Alles Wichtige, was es zu sagen gab, stand in der Pressemappe, die sie gemeinsam mit einer PRERFAHRENEN Freundin erstellt hatte. Hatten die Journalisten erst einmal einen gewissen Alkoholpegel erreicht, würden sie sich den Rest schon zusammenfantasieren. Bei manchen funktionierte das natürlich auch ganz ohne Alkohol. Warum also reden? Valentin sah nach seiner Verwandlung zum Latin Lover spitze aus und bot Fotografen ein mehr als dankbares Fotomotiv. Objektiv betrachtet gab es also keinen Grund, Groll gegen ihn zu hegen. Subjektiv auch nicht. Jetzt, wo er sich an sie drückte.
»Na Sdarówje!« Valentin hielt sein Glas hoch und provozierte lautes Gegröle. Den Spruch kannte sie. Im Laufe des Abends bekam sie ihn nicht nur fehlerfrei über die Lippen, sondern hatte gleich noch ein paar russische Trinksprüche dazugelernt.
Kapitel neunzehn
Der Konferenzraum im Marriott füllte sich zusehends. Marlene hatte Valentin zu ihrer Rechten auf einer Art Podium platziert, wo sie eine vorbereitete Erklärung abgeben und er sich anschließend den Fragen der Journaille stellen wollte. Gott sei Dank war sie munter, ebenso wie Valentin, denn sie hatten gestern Abend nicht allzu viel getrunken. Sie jedenfalls nicht. Einen Wodka vielleicht, höchstens zwei. Naja. Vielleicht auch zweieinhalb. Mehr ganz bestimmt nicht.
Auf der Suche nach Mr. X ließ sie ihren Blick durch den Konferenzraum schweifen, konnte ihn jedoch nirgends entdecken. Schade, über ein bekanntes Gesicht in der Menge hätte sie sich gefreut.
Die Meute kippte das Weißbier in sich hinein, als ob sie zu dieser Uhrzeit noch nie welches getrunken hätte. Marlene wusste es besser. Vorsorglich hatte sie auch alkoholfreies Bier sowie Wasser und Säfte geordert. Auch
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