Vergiss mein nicht
gehört zu haben, aber sie merkte sich den Termin doch, denn zumindest bedeutete er ja, dass sie etwas vorhaben würde. Und wenn sie zustimmte, den Pastor aufzusuchen, würde Hank noch ein wenig länger bei ihr bleiben.
» Lee?«, versuchte er. Aber er gab es auf, als der Chor mit dem Kirchenlied begann.
Lena stand zusammen mit allen anderen auf, und Hanks Bariton vibrierte in ihren Ohren, als er » Nearer My God to Thee« sang. Sie ließ die Zungenspitze über die Schneidezähne gleiten und beobachtete, wie Hank seinen Finger über die Textzeilen wandern ließ, um nicht den Anschluss zu verlieren. Dann schaute Lena wieder auf das Kruzifix und spürte eine Leichtigkeit, eine höchst seltsame Seelenruhe. Wie gern sie es auch bestritten hätte, es lag etwas Tröstliches darin, mit der Kreuzigung so vertraut zu sein.
Fünf
S ara fuhr im zweiten Gang in ihrem dunkelgrünen BMW Z3 durch die Innenstadt von Heartsdale. Der Wagen war ein Spontankauf gewesen, sofern man bei einem Preis von über dreißigtausend Dollar noch von spontan reden konnte. Als Sara ihn angeschafft hatte, war die Tinte auf ihrer Scheidungsurkunde kaum trocken gewesen. Sie wollte kein vernünftiges Auto, sondern etwas Auffälliges. Diesen Anspruch erfüllte der Z3 perfekt. Aber schon als sie vom Händler in Macon zurück nach Hause fuhr, merkte Sara, dass ein Auto sie nicht glücklich machte. Ja, sie kam sich in dem exotischen Ding sogar albern vor, besonders nachdem ihre Eltern und Tessa ihre Kommentare abgegeben hatten. Und auch nach zwei Jahren war es ihr manchmal noch peinlich, wenn sie das Auto in ihrer Einfahrt stehen sah.
Billy, einer ihrer beiden Windhunde, hockte auf dem Beifahrersitz. Er musste sich ducken, weil der kleine Sportwagen ihm nicht genug Kopffreiheit bot. Er verhielt sich ganz still und hielt die Augen geschlossen, während ihm die kalte Luft aus der Klimaanlage entgegenblies und die spitzen Ohren nach hinten drückte. Seine Lefzen waren leicht nach oben gezogen, sodass es aussah, als grinste er und genieße die Autofahrt. Sara betrachtete ihn aus dem Augenwinkel und wünschte sich, es auch einmal im Leben so leicht zu haben.
Auf der Main Street war es ziemlich leer, da keines der Geschäfte sonntags geöffnet hatte. Außer dem Haushaltswarenladen und dem Kramladen schlossen die meisten auch sonnabends bereits am Mittag. Sara war hier geboren, die Straße ein Stück weiter runter, im Grant Medical Center, damals das einzige Krankenhaus in der Region. Sie kannte jeden Winkel dieser Straße wie Sätze aus einem Lieblingsbuch.
Am Tor zum College bog sie ab und rollte langsam auf ihren Parkplatz vor der Heartsdale Children’s Clinic. Obwohl sie die Klimaanlage auf die höchste Stufe eingestellt hatte, klebten ihre Schenkel am Ledersitz. Sie öffnete die Tür. Und machte sich auf Hitze gefasst, aber das hatte sie doch nicht erwartet. Sogar Billy zögerte, bevor er aus dem Auto sprang. Er sah sich auf dem Parkplatz um, und wahrscheinlich bedauerte er es bereits, mit Sara hergefahren zu sein, statt zusammen mit Bob im kühlen Haus zu bleiben.
Mit dem Handrücken wischte sich Sara über die Stirn. Sie hatte an diesem Morgen in aller Eile abgeschnittene Jeans, ein ärmelloses Unterhemd und eins von Jeffreys alten Hemden angezogen, aber Hitze und Luftfeuchtigkeit waren erbarmungslos. Wenn er denn so gnädig war, sich einzustellen, war Regen so nutzlos, als würde man eine Tasse Wasser in eine glühend heiße Pfanne schütten. An manchen Tagen konnte sich Sara kaum mehr vorstellen, wie es war, wenn man fror.
» Na, komm«, forderte Sara ihren Hund auf und schnippte mit den Fingern.
Wie gewöhnlich schenkte Billy ihr keine Beachtung. Er trottete zum rückwärtigen Teil des Gebäudes und zeigte ihr sein mageres Hinterteil. Dort und an seinen Beinen, wo ihn auf der Hunderennbahn beim Start das Gatter einmal zu oft getroffen hatte, waren Narben geblieben. Wenn Sara sie sah, tat Billy ihr jedes Mal leid.
Billy widmete sich in aller Ruhe seinem Geschäft und hob gemächlich ein Bein an dem Baum, der besonders nahe am Gebäude stand. Das Grundstück hinter der Klinik gehörte dem College, und man hatte es dicht bewaldet belassen. Es gab dort Pfade, auf denen die Studenten joggten, wenn es nicht gerade so heiß war, dass man kaum atmen konnte. In der Nachrichtensendung heute Morgen war geraten worden, bei dieser Hitze nur ins Freie zu gehen, wenn es sich absolut nicht vermeiden ließ.
Sara suchte an ihrem Bund nach dem Schlüssel für
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